Edward Lee

Von Richard Laymon bis zu Tolstoi: Die Abteilung für Leseratten.
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diceman
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Edward Lee

Beitrag von diceman » Di 30. Apr 2013, 06:59

The Master of Splatterpunk and Hardcore-Schlock-Horror ... was man so hört. :?
Soll ja ziemlich gross sein, was der Typ so schreibt. Lovecraft, Rednecks, Porn und Gore Galore. Hat sich mal jemand damit auseinandergesetzt? Bei rund 40 Romanen dürfte bestimmt auch viel uninspierter Quark für die Müllkippe dabei sein ...
Habe mir mal aus diversen Fan/Horror-Foren (Google und so, duh) folgende Konsens-Empfehlungen herausgepickt, welche zu Lees besseren, dabei repräsentativen Werken gehören sollen:

- Creekers
- Header
- Family Tradition
- The Teratologist
- The Haunter of the Threshold
- Going Monstering
- The Innswich Horror
- The Pig / The House (Anthologie)
- Trolley No. 1852

Meinungen? dejin? :geek: :P :twisted:
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Thorsten Hanisch
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Beitrag von Thorsten Hanisch » Di 30. Apr 2013, 10:00

Den hatte ich auch schon im Visier, war mir nach einigen Rezis dann aber doch schlichtweg zu krank (ich mag hier gar nicht schreiben, was in BIGHEAD alles geschildert wird) und zu billig (Auszug aus einer Rezi "So bleibt allenfalls ein Film von Andreas Bethmann auf Papier.").
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diceman
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Beitrag von diceman » Di 30. Apr 2013, 17:20

Genau aus den von dir genannten Gründen hatte ich BIGHEAD bereits ausgeklammert :) - hatte mal in die Amazon-Vorschau reingelesen ... und das Ganze auch noch im zurückgebliebenen Redneck-Speak - nee, muß wirklich nicht sein. Vor allem wenn auf gerademal 2 Seiten derart selbstzweckhaft bereits dutzende Scheußlichkeiten und Perversionen aneinandergereiht, respektive "abgehakt" werden. Das ist dann auch nicht mehr shocking, sondern hat was von 'nem "12-jährigen Bengel, der auf den Bürgersteig kackt und dir dabei den Stinkefinger zeigt" (um mal eine andere Rezi zu zitieren). Billige Provo. Auf 'ne (literarische *hust*) Grenzerfahrung (oder zwei) hätte ich aber durchaus Bock, daher ist jetzt TERATOLOGIST vorbestellt, und zumindest seine Lovecraft-Hommage-Dinger sollen nicht ganz schlecht sein. :?
Werde dann mal bei Gelegenheit hier Bericht erstatten.
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dejin
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Beitrag von dejin » Sa 4. Mai 2013, 00:13

diceman hat geschrieben: Meinungen? dejin? :geek: :P :twisted:
^^hör grad zum ersten Mal den Namen :D
aber würd mich interessieren, ob der "was kann"^^
Häng buchstäblich seit Wochen an nem wirklich nicht guten Dunkelelf-Roman fest; das zerrt und zieht sich, aber ich kann Begonnenes nicht ungesehen/ungelesen abbrechen.
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Beitrag von diceman » Fr 21. Jun 2013, 12:11

Während man bei Laymon, Ketchum & Co. das volle Paket Sex bekommt, sind Lees Ergüsse eher schnelle Tugjobs von 'ner Prostituierten: auch nicht zu verachten, sofern die Technik stimmt (allerdings auf lange Sicht wenig erfüllend).

Lee ist kein Hack, der weiß schon was er tut, allerdings hapert es bei ihm öfters (habe jetzt drei Bücher von ihm gelesen und sitze momentan am vierten), am sogenannten Plotting. Gerade wenn man eine Novelle schreibt, ist es besser, sich auf eine einzige Idee zu konzentrieren und diese zu melken, anstatt auf den letzten Seiten, wenn der Hauptspannungsbogen bereits abgeschlossen ist, noch einen Last Minute-Gedanken unterzubringen.

Inhaltlich noch mehr Geschmackssache als Laymon, sehr mean-spirited, Hillbillie-Redneck-Horror scheint sein spezielles Steckenpferd zu sein, dabei durchaus mit potenter Phantasie gesegnet, gelingt es ihm nicht immer, sexuell konnotierte Begebenheiten in kontextuellen Rahmen zu packen; das (und einige unentgeltliche gewalttätige Perversionen) nimmt mitunter schonmal zwanghafte, selbstzweckhafte Züge an. Flott zu lesende, Glutamat-gesättigte Fast-Food-Alpträume, mit insgesamt wenig Nachhall. Kann mir deswegen auch nicht vorstellen mir sowas auf Dauer reinzuziehen, besonders im Bereich Spannung hat Laymon dann doch mehr drauf; Lee bevorzugt minimalistische, drehbuchartige Dramaturgie mit ebenso knappen Charakter-Sketches, die zwar für den jeweiligen Plot funktionieren, leider selten tiefere Bindung ermöglichen.

Bei langfristiger, ununterbrochener Exposition wird sicherlich ein Abstumpfungs-Effekt zu verzeichnen sein, allerdings homöopathisch dosiert, wenn man sich mit der vordergründigen Philosophie des Splatterpunk-Genres anfreunden kann, ist man hier als Fan von reißerischer Groschenlektüre gut aufgehoben. Kleine Warnung am Rande: vom Sick-As-Shit BIGHEAD würde ich, trotz landläufig konträrer Fan-Popularität, erstmal die Finger lassen; das ist selbst mir (der beim googeln von "sickest Book ever written" über Edward Lee gestolpert ist :oops: ), zu billig. Wohlgemerkt: nicht zu krank ... sondern einfach zu billig.
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Beitrag von Thorsten Hanisch » Fr 21. Jun 2013, 13:20

Exakt so stell ich mir Edward Lee bzw. sein Werk vor.
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Beitrag von dejin » Fr 21. Jun 2013, 15:23

@Dice: Was wäre gut für nen Start, im besonderen Hinblick auf Redneck-Hillbilly-gross-out-shit?^^
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Beitrag von diceman » Fr 21. Jun 2013, 15:42

Würd's mal vorsichtig mit HEADER versuchen. Am besten gar nicht groß googeln und Rezensionen lesen (gibt auch 'ne Low Budget-Verfilmung dazu), weil das im Grunde ein inhaltliches One-Trick-Pony ist, wo man sich schnell was spoilern kann; just trust the dice. Es läuft nämlich alles auf die Frage hinaus, was genau ein "Header" ist, und auch wenn Lee hier selbst relativ zügig mit der Auflösung um die Ecke kommt, würde vorheriges Wissen den Punch aus dem Erlebnis nehmen. Nur soviel sei verraten: it's outrageous and sick! :o Auf den folgenden Seiten reitet Lee dann sein One-Trick-Pony stilsicher zu Tode, eine 85-seitige Novelle ist für so ein Vorhaben aber nicht das schlechteste Format und auch nicht zu lang, hinterlässt zudem ein paar bleibende Bilder. :? Charaktere sind funktionell, auch wenn deren marginale Entwicklung alleinig auf einen einzigen mäßig originellen, dafür plottechnisch integren Twist programmiert sind. Fand ich bislang von Lee am stimmigsten und ist als Einstieg exzellent geeignet (hab's mir innerhalb von 2 Stunden locker weggezogen). Allerdings hat Lee, was Redneck-Zeug angeht, noch weitaus mehr und längeres geschrieben, also: stay tuned (auch wenns dauert - Homöopathie und so). ;)

//EDIT:
Stell dich schonmal auf so einige Passagen im authentischem Redneck-Speak ein:
"Hail yes, we'se gunna go lookin' fer sum splittail!"

//EDIT 2:
Für eine Tafel Schokolade im Gegenzug könnte ich dir das Machwerk leihweise zukommen lassen, dann gehst du zumindest finanziell kein Risiko ein, und wir bleiben auch bei Nichtgefallen ADFT-Bros. :)
Gib einfach Bescheid.
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Beitrag von dejin » Fr 21. Jun 2013, 17:53

Hahaha^_^
:D
Die bleiben wir auch so 8-)
Habs jetzt mal für 6,20,- bei amazon mitgenommen. Das stellt auch bei Nichtgefallen noch keine Katastrophe dar. Und versuch ja erwachsen zu sein - mit Verantwortung für eigene Taten übernehmen und so. :P
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Beitrag von diceman » Do 27. Jun 2013, 17:55

Bin jetzt erstmal durch mit Lee.
Nach fünf Büchern kenne ich seine Masche, und der wirklich übermäßige Fokus auf Lewd-Material bei gleichzeitig anämischer Charakterentwicklung wird irgendwann redundant. Lees Problem ist halt, daß er nicht etwa einfach nur einen guten Horror-Roman abliefern möchte (an interessanten Ideen mangelt es nicht), sondern daß er mittlerweile nur noch für einen konditionierten Fan-Zirkel zu schreiben scheint, der einfach bestimmte Dinge von ihm erwartet und sich daran gewöhnt hat, daß er immer liefert. Porn & Torture. Egal ob es gerade in den Kontext passt oder nicht; dabei gerät nahezu jeder Plot zur unfreiwilligen Groteske, die Charaktere zu austauschbaren Cartoon-Archetypen: Nerd, Virgin, Bimbo, Muscles, Redneck. Ich bin zum Beispiel nicht der Meinung, daß jeder weibliche Charaktere grundsätzlich mindestens einmal vergewaltigt werden muß, damit ich mit ihm mitfiebern kann. :?
Und wenn Lee mal einen hervorragenden Ansatz hat, zum Beispiel wenn er in INNSWICH HORROR kongenial den Stil von Lovecraft kopiert und eine durchweg atmosphärische Vintage-Hommage zu Papier bringt, gehen ihm garantiert im letzten Drittel wieder die Pferde durch und er beginnt mit halbgaren Last-Minute-Ideen einen an sich runden Plot zu verwässern und zu ruinieren. Ich bleibe dabei: HEADER als gross-out Quickie geht in Ordnung, der Rest ist zuviel selbstzweckhafter Fanservice und zuwenig Substanz auf Kosten von Atmosphäre und Glaubwürdigkeit.

Gelesen:
HEADER
THE INNSWICH HORROR
SLITHER
TERATOLOGIST
SUCCUBI

Richard Laymon ist zwar auch ein Sleaze-Bag erster Güte, aber wirkt trotz aller fiesen Einfälle nicht mean-spirited, zwar müssen auch bei ihm Frauen viel durchmachen, Richie zollt ihnen jedoch mindestens ebensoviel Respekt und Bewunderung. Und mal rein als Spannungsautor gesehen, macht ihm von der gesamten Pulp-Front sowieso keiner so schnell was vor.
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