Michael Winner
- Julio Sacchi
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- JimmyPage
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Re: Michael Winner
"Appointment with Death" gestern gesehen. Der ist ja von Cannon. Wirkt oft unfreiwillig komisch. Poirot grimassiert sich manchmal einen ganz schönen Wolf und John Terlesky spielt auch mit. Die Auflösung wirkt in dem Film auch ganz schön zusammengeschustert. Da will ich mal das Buch lesen.
äffle: "was isch groß?" - pferdle: "stuttgart!" - äffle: "was isch größer?" - pferdle: "der neckar!" - äffle: "und was isch am größten?" - pferdle: "hmm, spätzle und linsen!"
- Julio Sacchi
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Re: Michael Winner
DEATH WISH III mal wieder gesehen, sicher zum 15mal oder so.
Was für ein grotesker Irrsinn dieses komplett hirntote Spektakel ist, muß man ja nicht mehr erwähnen. Sogar Bronson sieht man an, daß hier das Ende jeder Fahnenstange erreicht ist. Der Vigilante ballert Taschendiebe mit Großwildprojektilen zu Mus und erhält dafür den kollektiven Applaus der Nachbarschaft. Legende! Weiß man aber. Also sprechen wir lieber über die Regie von Michael Winner. Die ist nämlich ebenfalls der absolute Wahnsinn.
Der Film kam 1985 in die Kinos, sieht aber keinen Deut jünger als 1978 aus. Das muß man erstmal schaffen. Die hässlichen Kostüme, die Frisuren, die Locations, die Farben. Sogar die Musik! Die hat Winner nämlich einfach vom Vorgängerfilm übernommen, Jimmy Page hat keine einzige neue Note abgeliefert. Ein gewisser Mike Maron holzt einen prähistorischen, aber durchaus schmissigen White Funk dazu. Nichts von all dem ist auch nur im Ansatz zeitgemäß, der Film kam in die Kinos wie direkt aus der Grindhouse-Zeitmaschine. Der Bodensatz für die Ghouls von der 42nd Street, 10 Jahre zu spät serviert.
Wo andere hemdsärmelige Regisseure die Brechstange rausholen, fährt Winner mit dem Panzer drüber. Ein brutales Festival gnadenloser Close-Ups, egal ob von alten oder jungen Gesichtern oder einem Teller mit Schmortopf für den Shabbat, Winner ballert bis in die letzte Pore rein. Und wenn nicht, gibt's eben haarsträubende Crazy-Shots, etwa durch den Ellenbogen von Ed Lauter oder gleich direkt auf seinen Sack, der sich hinter einer Pistolenskulptur verbirgt. Die Inszenierung ist regelrecht aufdringlich, ständig knallt irgendwas das Auge voll, man fühlt sich vom Film herumgeschubst! Und zwar nicht zuletzt deshalb, weil Winner zwischendrin immer mal wieder ein starkes Bild gelingt, das macht die Birne richtig welk. Dazu kommt der unter dem Pseudonym "Arnold Crust" ebenfalls von Winner verbrochene Filmschnitt. Mit der Streitaxt wird der ohnehin schon strikt episodische Plot ungeduldig weggeholzt (Bronson kloppt nen Vergewaltiger / Bronson knallt Autodiebe ab / Bronson isst ein Eis und fetzt mit seiner Wumme dem Taschendieb den kompletten Rücken weg), es bumst eine Szene hinter die andere, los, weiter, das nächste Ding - ganz zu schweigen von eisenharten Jump Cuts zum Magenumdrehen und krassen Bildsprüngen, die einem die Klöten vollends auf links ziehen.
Sehr hervorzuheben auch die Inszenierung von Menschen im Raum. Wenn einer länger als 3 Sekunden still steht oder sitzt, wird Winner schon malle vor Ungeduld. Der arme Martin Balsam etwa darf sich im Dialog mit Bronson einmal erschöpft in den Sessel fallen lassen, aber muss nach nur einem Halbsatz im nächsten Umschnitt schon wieder zum Fenster latschen! Zwei der beteiligten Schauspieler lassen sich voll drauf ein und fackeln Performances zum Niederknien ab: Gavan O'Herlihy hat sich den Scheitel mit der Axt gezogen und macht bei jedem Kill ein überzeugendes Orgasmus-Face, während der heißgeliebte Ed Lauter mit seiner abgewichsten Attitüde locker in jedem New Yorker Polizeirevier den Chef ablösen könnte. Für Trekkies gibt's übrigens noch eine topless rape scene mit der späteren Empathin Marina Sirtis, falls jemand nach sowas sucht, außerdem sind Alex Winter und Rico Ross dabei. Alle waren große Fans des Regisseurs! Sirtis sagte später über Winner: "I hope he will rot in hell in all eternity". Alex Winter reagierte auf Nachfrage kaum weniger sparsam: "A pathologically brutal, strange, sadistic, insecure, egotistical character".
Der Film ist und bleibt jedenfalls der absolute Wahnsinn. Das New York dieses Film ist von unfaßbarer Räudigkeit, wobei das Gangland des Londoner Stadtteils Brixton, in dem vorzugsweise gedreht wurde, einen nicht gerade überzeugenden Big Apple abgibt. In der letzten halben Stunde wird quasi nur noch getötet, mit Maschinengewehren, Eisenketten und sogar einem Raketenwerfer; es werden alte Damen abgefackelt und wehrlose Oppas von Feuertreppen geworfen, der Body Count steigt auf sagenhafte 83. Was mir früher nie so auffiel: Erst durch Bronsons Eingreifen stirbt die halbe Nachbarschaft. Er ist der Grund, warum die Gewalt in diesem Horrorkiez derart eskaliert und warum sowohl seine neuen Freunde als auch seine neue Liebe ins Gras beißen müssen. Naja, that's life. Am Ende packt er seine Koffer und geht weg, während hinter ihm die halbe Stadt abbrennt. Next stop LA.
Was für ein grotesker Irrsinn dieses komplett hirntote Spektakel ist, muß man ja nicht mehr erwähnen. Sogar Bronson sieht man an, daß hier das Ende jeder Fahnenstange erreicht ist. Der Vigilante ballert Taschendiebe mit Großwildprojektilen zu Mus und erhält dafür den kollektiven Applaus der Nachbarschaft. Legende! Weiß man aber. Also sprechen wir lieber über die Regie von Michael Winner. Die ist nämlich ebenfalls der absolute Wahnsinn.
Der Film kam 1985 in die Kinos, sieht aber keinen Deut jünger als 1978 aus. Das muß man erstmal schaffen. Die hässlichen Kostüme, die Frisuren, die Locations, die Farben. Sogar die Musik! Die hat Winner nämlich einfach vom Vorgängerfilm übernommen, Jimmy Page hat keine einzige neue Note abgeliefert. Ein gewisser Mike Maron holzt einen prähistorischen, aber durchaus schmissigen White Funk dazu. Nichts von all dem ist auch nur im Ansatz zeitgemäß, der Film kam in die Kinos wie direkt aus der Grindhouse-Zeitmaschine. Der Bodensatz für die Ghouls von der 42nd Street, 10 Jahre zu spät serviert.
Wo andere hemdsärmelige Regisseure die Brechstange rausholen, fährt Winner mit dem Panzer drüber. Ein brutales Festival gnadenloser Close-Ups, egal ob von alten oder jungen Gesichtern oder einem Teller mit Schmortopf für den Shabbat, Winner ballert bis in die letzte Pore rein. Und wenn nicht, gibt's eben haarsträubende Crazy-Shots, etwa durch den Ellenbogen von Ed Lauter oder gleich direkt auf seinen Sack, der sich hinter einer Pistolenskulptur verbirgt. Die Inszenierung ist regelrecht aufdringlich, ständig knallt irgendwas das Auge voll, man fühlt sich vom Film herumgeschubst! Und zwar nicht zuletzt deshalb, weil Winner zwischendrin immer mal wieder ein starkes Bild gelingt, das macht die Birne richtig welk. Dazu kommt der unter dem Pseudonym "Arnold Crust" ebenfalls von Winner verbrochene Filmschnitt. Mit der Streitaxt wird der ohnehin schon strikt episodische Plot ungeduldig weggeholzt (Bronson kloppt nen Vergewaltiger / Bronson knallt Autodiebe ab / Bronson isst ein Eis und fetzt mit seiner Wumme dem Taschendieb den kompletten Rücken weg), es bumst eine Szene hinter die andere, los, weiter, das nächste Ding - ganz zu schweigen von eisenharten Jump Cuts zum Magenumdrehen und krassen Bildsprüngen, die einem die Klöten vollends auf links ziehen.
Sehr hervorzuheben auch die Inszenierung von Menschen im Raum. Wenn einer länger als 3 Sekunden still steht oder sitzt, wird Winner schon malle vor Ungeduld. Der arme Martin Balsam etwa darf sich im Dialog mit Bronson einmal erschöpft in den Sessel fallen lassen, aber muss nach nur einem Halbsatz im nächsten Umschnitt schon wieder zum Fenster latschen! Zwei der beteiligten Schauspieler lassen sich voll drauf ein und fackeln Performances zum Niederknien ab: Gavan O'Herlihy hat sich den Scheitel mit der Axt gezogen und macht bei jedem Kill ein überzeugendes Orgasmus-Face, während der heißgeliebte Ed Lauter mit seiner abgewichsten Attitüde locker in jedem New Yorker Polizeirevier den Chef ablösen könnte. Für Trekkies gibt's übrigens noch eine topless rape scene mit der späteren Empathin Marina Sirtis, falls jemand nach sowas sucht, außerdem sind Alex Winter und Rico Ross dabei. Alle waren große Fans des Regisseurs! Sirtis sagte später über Winner: "I hope he will rot in hell in all eternity". Alex Winter reagierte auf Nachfrage kaum weniger sparsam: "A pathologically brutal, strange, sadistic, insecure, egotistical character".
Der Film ist und bleibt jedenfalls der absolute Wahnsinn. Das New York dieses Film ist von unfaßbarer Räudigkeit, wobei das Gangland des Londoner Stadtteils Brixton, in dem vorzugsweise gedreht wurde, einen nicht gerade überzeugenden Big Apple abgibt. In der letzten halben Stunde wird quasi nur noch getötet, mit Maschinengewehren, Eisenketten und sogar einem Raketenwerfer; es werden alte Damen abgefackelt und wehrlose Oppas von Feuertreppen geworfen, der Body Count steigt auf sagenhafte 83. Was mir früher nie so auffiel: Erst durch Bronsons Eingreifen stirbt die halbe Nachbarschaft. Er ist der Grund, warum die Gewalt in diesem Horrorkiez derart eskaliert und warum sowohl seine neuen Freunde als auch seine neue Liebe ins Gras beißen müssen. Naja, that's life. Am Ende packt er seine Koffer und geht weg, während hinter ihm die halbe Stadt abbrennt. Next stop LA.
- JimmyPage
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Re: Michael Winner
Bravo Bravissimo
äffle: "was isch groß?" - pferdle: "stuttgart!" - äffle: "was isch größer?" - pferdle: "der neckar!" - äffle: "und was isch am größten?" - pferdle: "hmm, spätzle und linsen!"
- Sylvio Constabel
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Re: Michael Winner
SEHR schön geschrieben.
Bei Sylvio mag ich, er guckt halt auch viel mit dem Herzen. Jimfried Nullinie
- Julio Sacchi
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Re: Michael Winner
Danke, danke. Sorry für die Überlänge
- JimmyPage
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Re: Michael Winner
Ach Quatsch. Du hast ja och die Technik
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- Frau Stockl
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Re: Michael Winner
Rendezvous mit einer Leiche - Appointment with Death (1988)
So richtig viel besser als die vorherigen TeeVee-Bearbeitungen, derer zwei mäßig, einer (Tödliche Parties) ganz gut ist, sieht man nicht aus und ist man auch nicht, etwas blass in den Farben, die bemüht werden, dazu auftoupierte Frisuren, immerhin sind die Zimmer hübscher und die Stätten etwas edler. Anfangs geht es auch noch auf die große Reise und dem Abklappern diverser Touristenzentren, ein Ausflug quer durch die halbe Welt und das alte Europa speziell, wobei man spätestens in Triest noch den Rest des Figurentheaters vorstellt und man dann per Kreuzfahrtschiff den festen Boden in Richtung Heiliges Land wieder verlässt.
Poirot, dem auf hoher See ganz anders und unwohl wird, bekommt dabei und dies als Vertreter des Zuschauers schon so einiges an Hintergrundinformationen und üblen Absichten einiger Beteiligter durch seine spitzen Ohren und dem Sein zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort mit, wird beizeiten und dies buchstäblich das Gift in die Gegend verspritzt, dies aber auch andauernd und langwierig, sodass die Zeit bald wie festgehalten scheint und auch einige Zeitrafferaufnahmen nicht mehr am Helfen sind. Eine lange Vorbereitung des Ganzen, durch Bilder vor Ort in Israel nur etwas interessant gehalten und ansonsten auf Blickkontakt und getuschelte Worte im Verborgenen reduziert; die Dramaturgie verhält sich ähnlich wie die strenge Mutter und ehemalige Gefängnisaufseherin als Anstandsdame, die keine Freude und kein Enthusiasmus aufkommen lässt und alles von vornherein am Blockieren ist. Mittig endlich gibt es dann den ersten und (fast) den einzigen Toten in der Handlung und dabei auch, kurz vor der Entdeckung der Leiche eine Szene, die hervorsticht und ein wenig Erinnerungen an De Palma weckt, warum auch nicht, wenn schon Pino Donaggio der Komponist der Szenerie hier ist. Eine spätere Verfolgungsjagd zu Fuß auf einem Markt, die an allen Tatverdächtigen vorbeiführt und schließlich und endlich in einer Sackgasse endet, könnte in ihrer ernsten Absurdität stilecht auch von De Palma sein und verpasst ähnlichen Ereignissen in dessen Raising Cain oder auch dem erstmal letzten Domino einen schmerzhaften Stich.
Poirot, dem auf hoher See ganz anders und unwohl wird, bekommt dabei und dies als Vertreter des Zuschauers schon so einiges an Hintergrundinformationen und üblen Absichten einiger Beteiligter durch seine spitzen Ohren und dem Sein zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort mit, wird beizeiten und dies buchstäblich das Gift in die Gegend verspritzt, dies aber auch andauernd und langwierig, sodass die Zeit bald wie festgehalten scheint und auch einige Zeitrafferaufnahmen nicht mehr am Helfen sind. Eine lange Vorbereitung des Ganzen, durch Bilder vor Ort in Israel nur etwas interessant gehalten und ansonsten auf Blickkontakt und getuschelte Worte im Verborgenen reduziert; die Dramaturgie verhält sich ähnlich wie die strenge Mutter und ehemalige Gefängnisaufseherin als Anstandsdame, die keine Freude und kein Enthusiasmus aufkommen lässt und alles von vornherein am Blockieren ist. Mittig endlich gibt es dann den ersten und (fast) den einzigen Toten in der Handlung und dabei auch, kurz vor der Entdeckung der Leiche eine Szene, die hervorsticht und ein wenig Erinnerungen an De Palma weckt, warum auch nicht, wenn schon Pino Donaggio der Komponist der Szenerie hier ist. Eine spätere Verfolgungsjagd zu Fuß auf einem Markt, die an allen Tatverdächtigen vorbeiführt und schließlich und endlich in einer Sackgasse endet, könnte in ihrer ernsten Absurdität stilecht auch von De Palma sein und verpasst ähnlichen Ereignissen in dessen Raising Cain oder auch dem erstmal letzten Domino einen schmerzhaften Stich.
~ Hoffnung ist die kleine Schwester der Verzweiflung.
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