Die Lisa Film GmbH

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Frau Stockl
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Re: Die Lisa Film GmbH

Beitrag von Frau Stockl » Fr 20. Aug 2021, 19:29

Zärtlich, aber frech wie Oskar - Der Gendarm vom Wörthersee (1980)
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Billie falls in love with Peter on their vacation.
"Ist es hier immer so dunkel?"
"Am Tag nicht."
Ungewöhnlich ist erstmal nur das englisch gehaltene Titellied, kein urtümlicher Schlager, sondern so etwas, was im Sommer des Jahres für fünf Minuten im Radio und in den Discos gespielt wurde, vorher sowieso nicht und nachher auch nimmer. Altvertraut ist umso mehr der Schauplatz, das alte gelbe Hotel, welches dringend einen neuen Anstrich und Aufmachung bräuchte und beim Schloss am Wörthersee eine Dekade später immer noch so abgeplatzt und verputzt aussieht. Der Ort ist natürlich ideal für die Nostalgiker und die Suchenden nach Ruhe und Ablenkung von dem Alltag, für die Sehnsuchtserfüllten und die Pauschal- und auch die Couchtouristen, die Natur ist prächtig, das Wetter stets wohltemperiert und überhaupt angenehm. Den Tieren geht es gut, den Menschen auch, das Drehteam hat bezahlten Urlaub und sowieso ist das Leben doch lebenswert und wunderschön.

"Gnädiges Fräulein, wollen Sie mit mir bumsen?"
Die Figuren sind dabei nur unwesentlich jünger als sonst Roy Black oder Chris Roberts, die Jungs sind auch Frauenhelden, also einer von ihnen zumindest, vergleichsweise genauso erfolgreich auch, nur wesentlich schnelllebiger und damit agiler. "Puppen schießen" nennt sich der Zeitvertreib hier, "Hasenjagd", 'Hörner abstoßen' würde man das umgangssprachlich nennen, nichts 'anbrennen lassen', sondern einen "duften Käfer" nach dem anderen aufgabeln und vor lauter Frauenüberschuss schon die 'Motten kriegen'. Reißaus wird demnach genommen, aus der Stadt München hinaus und wieder zurück in die Ferien, mit dieser Ausrede und dem Aufhänger wird die eigentliche Geschichte von dem treuen Mädchen und dem anfangs leichten Jungen erneut und wieder angefangen und gerät auch bald in dramaturgische Untiefen. Was dem musikalisch teils ganz flotten Film dabei hilft ist, dass hier einmal nicht das ewige Verwechslungsspielchen mit den falsch angenommenen Identitäten abgezogen wird, und dass der a(trra)ktive männliche Hauptdarsteller trotz seiner Hallodri-Art durchaus noch sympathisch wirkt und man ihm diese Rolle auch abnimmt. Die vielen 'Miezen' in seiner Gegenwart sind dabei recht hübsch gehalten, was sicherlich nicht stört, der 'dicke' und unberührte Sidekick ist zwar Klischee pur, aber auch nicht nervig.

"Hast du was dagegen, wenn ich mich ausziehe? Ich möchte nahtlos braun werden."
Die im Alternativtitel gesuchte Verbindung zum Gendarm von St. Tropez ist dabei marginal, einmal rückt die Polizeimannschaft auf der Suche nach verbotener oder zumindest verpönter Freikörperkultur eilig und mit Blaulicht und Tatü Tata am Strand an, ansonsten werden typisch deutsch in Sachen Witzigkeit keine Grenzen gesetzt oder eher sowas wie Furzgags oder verbal offensives oder auch etwas Dialekt von Rosl Mayr geboten, die gerade in ihrer raren Interaktion mit dem jungen Aufreißer ("grausiger Hugu") ordentlich aufdreht und eifrig vom Leder zieht. Spaß an der Sache haben also viele der Beteiligten, der Kritiker vielleicht nicht ganz so und der Pfarrer eventuell auch nicht, aber der Rest.
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Zuletzt geändert von Frau Stockl am Fr 20. Aug 2021, 22:02, insgesamt 1-mal geändert.
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diceman
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Re: Die Lisa Film GmbH

Beitrag von diceman » Fr 20. Aug 2021, 21:52

Klingt nach Ultrakunst. :thumbup:
Danke für die Review! :wave:
"Ja, Junge, da kann man mal sehen, wie schlecht du denken kannst."
• Jean-Luc Picard

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Re: Die Lisa Film GmbH

Beitrag von Nahaufnahme » Fr 20. Aug 2021, 23:16

Frau Stockl hat geschrieben:
Di 22. Jun 2021, 00:57
Der schwarze Fluch - Tödliche Leidenschaften (1995)
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Deborah Shelton= Debbie does Dallas meets Jeff Stryker! Den Namen des schwulen Pornostars der späten 80er kannten meine Heten-Freunde vor mir. 8-)

@Frau Stockl: großartige Dokumentation! :clap:

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Frau Stockl
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Re: Die Lisa Film GmbH

Beitrag von Frau Stockl » Do 26. Aug 2021, 01:36

Zärtliche Chaoten II (1988)
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3 chaotic unlucky fellows travel back in time to prevent the conceiving of their sinister boss.
Die Ausgangslage ist im Grunde so dumm und uninteressant nicht; anders als beim episodischen, von Sketchen mühselig zusammengehaltenen Vorgänger, der nur dem Namen nach der erste Teil und ansonsten unabhängig hierzu und vice versa ist, hat die Prämisse ein gewisses Maß an Gedankengut und auch dem Spiel mit diversen Optionen samt einer 'richtigen' Erzählung zu bieten. So ist die Einleitung im Jahre 2043 und damit die Einladung in die Vorstellung der fernen Zukunft mit dem Wissen der damaligen Gegenwart und mittlerweile auch schon längst zurückliegenden Vergangenheit aus verschiedenen Blickwinkeln der Zeit her faszinierend. So nahm man 1988 noch an, dass die Menschheit 55 Jahre später immer noch das (notdürftig anders aussehende) Auto und den Computer mit dem auch nach hinten raus riesigen Monitor samt Floppy Disk nutzt. Und um ein Nachlass der menschlichen Arbeitsplätze muss man sich angesichts vieler manueller Schreibkräfte, eines Aufsehers oder auch eines Wachmannes keinerlei Gedanken machen; angesichts dieses Stillgestanden eines Fortschritts ist auch später noch der Erwerb gesichert und der Mensch seine Vollzeitbeschäftigung wert.

Die hier gezeigte ständige Kontrolle im Büro durch eine Videokamera und eine 'Petze' mit Computerstimme ist im direkten Vergleich zu dem heute schon vorhandenen ständigen Präsent sein in der digitalen Welt geradezu wie Urlaub auf einer einsamen Insel zu sehen und das frühs der Waschvorgang eklatant abgekürzt wird und währenddessen der schlappe Hamburger schon gewärmt, ist auch eher Vorteil als Nachteil. Schöne neue Welt kann also gerne kommen und Apokalyptiker haben hiermit ausgedient und sind als haltlose Pessimisten angezählt.

Sogar die Handlung zum 'Vorgänger' wird gescheit variiert, wird diesmal kein Baby erwartet und um den Nachwuchs gekämpft, sondern soll eines und dies in ebensolcher Konstellation (zwei Freunde plus ein zufällig Bekannter, was das Trio ergibt) verhindert werden; geografisch auch nicht daheim im Urlaubsziel vom Wörthersee, sondern in der internationalen Ferne und dennoch dem Deutschen das allerliebste Ziel. Der Kulturschock kommt dabei weniger von dem Abstecher in die Zukunft, sondern eher von der Reise zurück, das Days of Future Past quasi, wo es von Menschen in hässlichen Klamotten nur so wimmelt und das Ansinnen auf Urlaub nicht nur rundherum das Niveau senkt, sondern erstaunlicherweise auch den Stresslevel aller Beteiligten eklatant erhöht; letzteres bemerkt vor allem Fischer und damit mit Abstand der Älteste im Bunde als Erstes und auch wiederholt und womit er dem Zuschauer bald aus dem Herzen spricht. Also: Gegend sonnig, aber auch ein wenig ausgedörrt vor allem in der Luftaufnahme erkenntlich. Das Hotel von eben jener Perspektive auch ein imposanter Prachtbau, nur die Gegend Drumherum abgestorben und recht ärmlich. Die Geschichte ist rasch die übliche Lisa-Filmsche-Verwechslungsplotte, mit einer hübschen Frau und vielen schäbigen Gallanen, die unabhängig voneinander und gleichzeitig demselben Zielobjekt nachjagen und wo mehr Wert auf (zuweilen tatsächlich funktionierenden) Slapstick und Klamauk samt visuellen, global verständlichen Gags als auf Screwball und Wortwitz liegt. Auch ein paar Aktionszenen werden eingestreut, eine dreiteilige Verfolgungsjagd auf den Straßen der Stadt z.b., wo der Publikumsverkehr zwar (er)sichtlich (an den Gaffern links und rechts) abgesperrt ist, die Bewegung auf den Straßen, über die Fußwege und am Hafen direkt hinein in die 'Malibu-Spelunke', des Deutschen liebstes Kind, aber gut Tempo und etwas Aufwand in die Gefilde bringt.
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Re: Die Lisa Film GmbH

Beitrag von Frau Stockl » Fr 12. Aug 2022, 00:09

Immer Ärger mit den Paukern (1968)
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Persuaded by a friend to go to school again in his place, Hartung pulls out a few pranks. A classic school comedy, with a joke that unfortunately no longer exists today.
Die Menschen jung und frei, das Leben vor sich und genießend, die Welt in Ordnung, keine Krisen. Alle Blumen blühen, alles ist grün, sogar besungen wird das hier, das Gemüt frohlockt, man schwebt über den Dingen und bald auch auf Wolke Sieben. Ein Film ohne richtigen Anfang, gestartet wird mit einer Szene, die wie schlecht geschnitten und herausgerissen aus der Handlung wirkt, ein mysteriöses Gespräch unbekannter Figuren, Andeutungen, Pläne, Wider- bzw. Einsprüche, um die Annahme falscher Identitäten geht es wahrscheinlich, das ist stets der Hauptplatz der Werke der Münchener Lisa Film GmbH und die entstandenen Entwicklungen und Verwechslungen und Verwicklungen dann das dramaturgische Korsett. Narrenfest und krisensicher. Immer lächeln, immer freundlich, es wird fürs Leben ja gelernt.

"Wunderbar ist die Welt" (Titellied und nebst "Mit Paukern und Trompeten" weiterer Alternativ- bzw. Arbeitstitel), wunderbar ist vor allen Dingen die Gegend, die Landschaft, die Natur, über Hügelketten aus dem Bergland entlang und hinab, kleine Forellenbächlein, winzige Wasserfälle, gedreht wurde bei Gmünden, Traunstein, (wie auch Musik, Musik, da wackelt die Penne, 1970) speziell im Schloss Traunsee, tausend Illusionen drehen im Kreis. Die Geschichte kurz und knackig, natürlich geht es um eine Vertretung, hundertmal gesehen, überredet wird der Handelnde und Einspringende und sich erst mit Händen und Füßen Wehrende durch eine 'hübsche Biene' aus eben jenem Internat, der Zuschauer ist schneller anbei und lässt sich folgsamer in die verjüngte Variante der Feuerzangenbowle ziehen. Black ist dabei ein Akteur von vielen, wird hier Platz auch für andere gemacht, gerade für Veteranen und auch später noch zusammen auftretende Stammspieler wie Weck und Thomalla, die Geschichte von mehreren Seiten, ja mehreren Ebenen betrachtet und auf mehreren Schultern verteilt, in die Breite, nicht unbedingt in die Länge gestreckt.

Sogar ein wenig Aktualität wird geboten, in homöopathischen Dosen, die Jugend in Paris und Berlin befindet sich im 68er-Mai, was verbal kurz und dessen Streikaktionen erwähnt wird, die Jugend hier feiert inoffiziell im ebensolchen Beatschuppen, die Obrigkeit drückt etwas die Augen zu, 22h ist aber Bettruhe angesetzt. Die Gags selber und das humoristische Anliegen waren wahrscheinlich selbst in dem Jahrgang schon archaisch und nicht mehr so wirklich gefragt, viel geht es um Schülerstreiche, um Unsinn und Schabernack der nächsten Generation, um für den Lehrkörper aufgehängte Fliegenfänger, etwas albernen Wortwitz der Älteren, dazu Klamauk der gröberen Art und anderen Frohsinn. Zwischendurch gibt's eine Explosion im Chemieraum, da wurden Substanzen gewechselt und scheinbar auch die Temperaturen vertauscht. Wo die Hitze noch aufsteigt, ist bei den freitäglichen Stolzierübungen der Damen im Garten, das Buch für die Haltung auf dem Kopf, “Bauch rein, Brust raus“ das Motto, da folgt auch der zweite Singsang vom Black, romantisch-sehnsuchtsvolle Klänge auf der Tonspur, Bikinibilder und 'Turnen' mit der Prima im Film. Als wahrhaftige Liebesgeschichte funktioniert der Film übrigens nicht, dazu herrschen zu viel Lug und Trug schon in den sich anbahnenden Beziehungen, Eifersucht wie beim Othello auch, ein potenzielles Fahren auf zwei Gleisen, sind auch dutzendweise Störfaktoren vorhanden und zu wenig emotionales Gewicht.
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