Holy Motors

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Bartel
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Holy Motors

Beitrag von Bartel » Di 7. Aug 2012, 02:20

Holy_Motors.jpg
Holly Motors zeigt uns einige Stunden aus dem Leben von Monsieur Oscar (Denis Lavant). Wir begleiten ihn vom Sonnenaufgang bis tief in die Nacht. Er ist eine schattenhafte Existenz und kann auf mysteriöse Weise zwischen verschiedenen Leben hin- und herspringen. So tritt er beispielsweise als Mörder, Bettler, CEO, Monster oder als Familienvater in Erscheinung. Spielt Monsieur Oscar Rollen? Wenn ja: Für wen und warum tut er das?

Monsieur Oscar wird nur von der großen, blonden Céline (Edith Scob) begleitet, die ihn in seiner weißen Stretchlimousine durch Paris und Umgebung chauffiert.

Hintergrund & Infos zu Holy Motors
Auf dem Filmfestival in Cannes feierte Holy Motors 2012 Premiere und war dort für die Palme d’Or nominiert. Der Regisseur und Drehbuchautor leos-carax (Die Liebenden von Pont-Neuf) erzählt uns mit diesem surrealen Film eine symbolische Geschichte über Leben und Tod, Menschen und Affen, Chaos und Selbstmord. Holy Motors ist aber auch ein Film übers Kino.

Denis Lavant und Edith Scob, die Hauptdarsteller von Holy Motors, standen bereits für Leos Carax’ Drama Die Liebenden von Pont-Neuf gemeinsam vor der Kamera.
Quelle: MOVIEPILOT
Wahrscheinlich auch so ein Film der mich letztendlich enttäuschen wird, aber wann bietet sich einem die Gelegenheit Michel Piccoli und Eva Mendes in einem Streifen zu sehen? :D
Die multipel Filmgestörten analysieren hier: http://multi-film.blogspot.com/
"In der moralischen Entrüstung schwingt auch immer die Besorgnis
mit etwas verpasst zu haben."

JEAN GENET

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Thorsten Hanisch
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Beitrag von Thorsten Hanisch » Di 7. Aug 2012, 02:23

Bartel hat geschrieben:aber wann bietet sich einem die Gelegenheit Michel Piccoli und Eva Mendes in einem Streifen zu sehen?
:D Stimmt!
»Wenn man der Klügste im Raum ist, ist man im falschen Raum« (K. Lauterbach)

https://diezukunft.de/users/thorsten-hanisch

Barton Fink
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Beitrag von Barton Fink » Di 28. Aug 2012, 12:12

Bartel hat geschrieben:Wahrscheinlich auch so ein Film der mich letztendlich enttäuschen wird,
Hatte ich auch etwas erwartet. Carax lässt sich ja verdammt viel Zeit für seine Filme, die Perfektion, die man sich in Folge dessen erwartet, erfüllen sich in dem Maße aber eigentlich nie.

Umso perplexer wird man von Minute zu Minute, wenn man nach einem an David Lynch erinnernden Mind-fuck-Prolog in die Handlung zu gleiten beginnt. Gezeigt wird der Tagesverlauf von Monsieur Oscar, eines Geschäftsmannes, der, so erfährt er von seiner Chauffeurin am Morgen, an diesem Tag neun Termine zu wahren hat und seine Stretchlimo als Büro nutzt. Erinnert das Szenario dabei noch entfernt an Cosmopolis, auch wegen der unterkühlten Atmosphäre und leicht dystopischer Anklänge, erwartet einem dennoch ein gänzlich anderer Film. Die "Termine", teils durchaus übliche, legaler wie illegaler, Arbeiten, teils als "Gottesprüfungen" oder Rollenspiele interpretierbar oder sich jeder Wertung entziehend haben eins gemeinsam, dass sie nichts gemeinsam haben. Gerade während der ersten drei Aufträge wird ein Feuerwerk an Ideen abgebrannt. Beim Verlassen des protzigen Familienanwesens von M. Oscar, dass von der Fassade her schwer an ein Fährschiff erinnert bläst ein Nebelhorn, beim Verlassen eines Mannloches auf einem taghellen Friedhof verdoppelt ein Spot die Rundung der Öffnung. Das surreale Spiel macht bis zu dem Zeitpunkt ungemein Spaß, entrückt die Sinne, verzaubert und verblüfft.
Dieses Tempo, diese Detailgenauigkeit in der Inszenierung und Ausstattung kann der Film nicht durchhalten, manches enttäuscht sogar. Die Episode mit Kylie Minogue überzeugt weder in ihrer Geschichte und schon gar nicht in der Gesangseinlage samt Reminiszenz auf klassische Filmmusical mit ihren Kamerakränen. Bemerkenswert an ihr ist immerhin, dass sie klar als "kein Termin" von Oscar verankert wird. Dennoch folgt der Film der anfangs von der Chauffeurin vorgebenen Teilung in 9 Segmente (zählt man das "Intermezzo" dazu, eine Musikeinlage zum Niederknien) plus Pro- und Epilog, es dürfte der eine oder andere "Termin" in der Handlung also schlicht weggelassen worden sein, was nicht nur natürlich legitim ist, sondern auch die Verunsicherung des Zuschauers begünstigt, den Sinn oder auch nur die Existenz eines "Termins" zu ergründen

Der "perfekte Film" ist Leos Carax also auch diesmal nicht gelungen, besonders die letzte Episode und der Epilog in der Garage muten eher peinlich und zu gewollt komisch an, ohne so geistreich wie die Pointe mit den Grabsteinen zu sein, damit zerstört Carax schon wieder das schöne "Lynch-Feeling", dass sich durch den seltsamen Schlüssel, den Oscar bekommen hat, wieder breitzumachen begann. Manche Segmente haben zwischendurch auch kleine Längen, etwa gleich der (überragend beginnende) 3. "Termin", wobei es schon auffällt, dass der besonders in die Länge gezogen wurde, obwohl Oscar zunächst meint, dass er sich hier besonders beeilen wird, da er nach dem 2. schon zeitlich etwas in Verzug war. Dagegen fährt Holy Motors aber mit einem Potpourri an geradezu magischen Momenten auf, dass man hier fast geneigt ist zu sagen: "Die Summe seiner Teile ist mehr als das Ganze." So verblüffend, entrückend, verführerisch schön ist Kino heute nur noch selten. Für mich trotz diverser Unzulänglichkeiten der Pflichtfilm des Sommers schlechthin und damit keine Enttäuschung.

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Grisbane
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Beitrag von Grisbane » Mo 5. Nov 2012, 19:22

Gestern noch verspätet im Programmkino nachgeholt und ich kann größtenteils bOb (bzw. Barton Fink) zustimmen, denn selbst die Kylie-Episode fand ich - mit Abstrichen - durchaus gelungen.

Über die vermeintliche "Geschichte" des Films, bzw. das "Was-soll-das-alles?" könnte man einerseits sicher trefflich diskutieren, aber das Gesehene andererseits auch einfach platt und doof finden - hat beides seine Berechtigung. Denn ich wage zu behaupten, dass das Hauptsächliche von HOLY MOTORS seine Bilder (vereinzelt auch Sequenzen) sind.
Ganz toll fand ich z.B. das "Arrangement" in der Kanalisation mit Eva Mendes als Fotomodell, die Denis Lavant, der es sich mit seinem Kopf (und einer Erektion) in ihrem Schoß bequem gemacht hat, zunächst mit Blumenblätter "bestreut" und ihm dann ganz leise das britische Kinderlied "All The Pretty Little Horses" vorsingt.
Überhaupt sticht dieser "Termin" nicht nur hinsichtlich der Rasanz der Inszenierung und ihrer Farbigkeit heraus - Carax treibt das durchgängig präsente (Genre-)Wechselspiel zwischen absurder Komödie, (ein wenig) Horror und Melodram hier auf die Spitze.

Letztendlich streifen die einzelnen "Termine" verschiedenste filmische Genres. Mal mehr, mal weniger subtil. Denn Carax' Film ist vielleicht eine Art Trauergesang auf das Sinnliche des Mediums Film und dessen eigentlicher Heimat - dem Kino. Beides scheint für Carax untrennbar miteinander verbundenen.

Neben TINKER, TAILOR, SOLDIER, SPY der für mich sogleich schönste als auch bemerkenswerteste Film des Jahres.

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Mr. Vincent Vega
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Beitrag von Mr. Vincent Vega » Mo 5. Nov 2012, 19:23

Ich fand den gar schrecklich. :(
»Hey, ich kenn das, man hat nen knallvollen Terminplan und es ist 23 Uhr nachts und sonst hat niemand mehr offen und und und...« (Thorsten H.)

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Grisbane
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Beitrag von Grisbane » Mo 5. Nov 2012, 19:31

Ja, ich glaube auch tatsächlich, dass man den ganz und gar grauenhaft finden kann. Nur: Ich fand primär die Bilder klasse. Über die - ich sag' mal - "Aussage" (brrrrrr) und die Tatsache, dass das ja zum Einen nicht gerade subtil und zum Anderen auch ein bisschen weinerlich rüberkommt, war ich nun auch nicht sonderlich erfreut. Aber herrje: Losgelöst vom "Zusammenhang" (ja, vielleicht fehlt dem Film auch eine klassischere Narration) gab's da einfach einige Sequenzen und Bilder, die ich ganz große Klasse fand. Ich möcht' den jedenfalls noch mal sehen.

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Booh
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Beitrag von Booh » Mo 5. Nov 2012, 19:53

Ich war danach richtig sauer. Mitten drin gelähmt und gelangweilt, wie das Publikum am Anfang. So stell ich mir das Kino der Zukunft nicht vor. Die Affen waren toll. Und einen Pluspunkt gibts, für den nackten Wutgnom. Der Rest ist Hula-Hoop und Cluster Kopfschmerz. Ein paar schöne Ideen hatten sie aber.
I see the combine coming. It's gonna dust us all to nothing.

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