Der deutsche Film - womöglich doch gut?

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Frau Stockl
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Re: Der deutsche Film - womöglich doch gut?

Beitrag von Frau Stockl » So 22. Mai 2022, 16:05

SK Kölsch - Karneval des Todes (1999)
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Ausfallen lassen?! Sie wollen den Rosenmontagszug ausfallen lassen?! Das hat seit dem Zweiten Weltkrieg nur Saddam Hussein geschafft.
Köln bei Nacht, Gotik und Moderne, Kirche und Blut. Ein stierer Blick in die Kamera, mutmaßlich vom Mörder, der Karneval des Todes ist eröffnet, drei tote Frauen gibt es schon, es kommen noch viel mehr und es kommt auch noch viel übler. Psychologie, Philosophie, Kriminologie, Religion, ein Wissen um eindrucksvolle Bilder und ein Ringkampf zweier halbnackter Kommissare. Das Leichenschauhaus wird öfters heimgesucht, das Gefängnis, werden Jungfrauen beschützt und einer Nonne das Fliegen beigebracht. Erst das Böse, dann die Guten, die Gesetzeshüter, die sich folgend gemeinsam in diese spezielle Erfahrung und Ermittlung stürzen, hier aber ihr erstes gemeinsames Projekt angehen müssen und sich auch erst noch kennenlernen. Viel Zeit dafür haben sie nicht, die Stadt ist bereits im Ausnahmezustand, der Täter wird fleißiger, wenn auch langsam nachlässig.

Laut Statistik gehen die schweren Delikte an Karnevalstagen deutlich zurück.
Ganz genau. Die meisten Männer sind viel zu besoffen zum Vergewaltigen.
Mit vollem Sprint geht der Pilotfilm zur langlebigen und auch nachhaltigen Krimiserie an den Start, viele Vorstellungen in den ersten Minuten, aussagekräftige Gesten und Mimiken, eine Einführung mit vielen Fakten und einer dräuenden Frist. Ein Warten auf schlechte Nachrichten, proaktive Strategien, eine Erzählung ohne Optionen und ein angespanntes Verständnis. Die Figuren sind neu und vertraut zugleich, selbstsicher im Beruf und im Auftreten, mit einer Aufgabe und einer Vergangenheit auch versehen. Ein Profil schnell ausgemacht, von der Serie und auch in der Serie, ein potenzieller Verbrecher ins Visier genommen und dessen Wohnung auch flink gestürmt. Im Hauruckverfahren gibt es drei Actionszenen, der Zugriff der SEK selber, das Aufhalten des Fluchtfahrzeugs samt Demolierung einer Telefonzelle, sowie eine vorbereitete Gasexplosion; der Film ist damit nicht etwa zu Ende, jetzt geht's erst richtig los.

Dicht machen über Karneval, biste Jeck?
Ein Buddy Picture wird entwickelt, einer einheimisch, einer aus Wiesbaden, einer mit Team, einer Einzelgänger, eine rheinische Frohnatur, unkonventionell und unkompliziert, und jemand als “BKA-Arsch“ by-the-book und ernstes. Die Kamera ist bei beiden dran, gleichwertig, zusammen und auch einzeln, überhaupt sieht man hier viele unterschiedliche Menschen und viele unterschiedliche Blickwinkel, ist stets und ständig in Bewegung, viel Aufwand und viel Live-Bilder und Zeitgeschehen. Eine allgemein aufgeheizte Stimmung, trotz der Prämisse vom Töten und vom Sterben viel Jubel, Trubel, Heiterkeit, was nicht bloß für den Zugeknöpften und Zugereisten teils gezwungen bis anstrengend bis bedrohlich in seiner Verdrängung und dem Wegschieben und Verweigern von Verantwortung selber wirkt. “Sag mal, bin ich zu offensiv?“ lautet zwischendurch eine Frage, kurz darauf sind beide Männer auf der Flucht, aber nicht vor dem Kriminellen, sondern weil Weiberfastnacht ist und so gut wie keine Regeln mehr gelten. Viele Verfolgungsjagden, viel Paranoia und Überstunden, viel mittendrin statt nur dabei, die ganze Welt ist durchgeknallt.
~ Hoffnung ist die kleine Schwester der Verzweiflung.

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Sylvio Constabel
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Re: Der deutsche Film - womöglich doch gut?

Beitrag von Sylvio Constabel » So 29. Mai 2022, 12:20

ROSA LUXEMBURG gesehen. Leider extrem langatmig. Für alle, die im Geschichtsunterricht nicht aufgepaßt haben, aber einen Blick oder zwei wert. Immerhin gibt's richtig (!) gutes Deutsch. Da geht einem das Herz auf.
Bei Sylvio mag ich, er guckt halt auch viel mit dem Herzen. Jimfried Nullinie

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Frau Stockl
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Re: Der deutsche Film - womöglich doch gut?

Beitrag von Frau Stockl » Sa 25. Jun 2022, 16:21

Die Motorrad-Cops - Hart am Limit: Ypsilon - Wie alles begann (2000)
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Wie alles begann, wird erst später gezeigt, mit einer Rückblende. Wie alles enden könnte, wird hier vorangestellt, die Dramaturgie ähnelt dem Wilde Engel, die Produktionsgesellschaft ist dieselbe, der auftraggebende Fernsehsender RTL, mit Sigi Rothemund auch der Regisseur. Der 'Auftakt' hier wie dort das große Spektakel: Mit einer Bombe, bzw. mit mehreren, mit einem großen Knall Ende März, herunter zählenden Timern und dem flammenden Beben. 22 Uhr geht die Kölner Innenstadt in die Binsen, mehrere Gebäude zerbersten, das Zentrum war da noch voll und gut besucht und die Metropole noch am Leben. Ein Großeinsatz für die Rettungskräfte, für Polizei, für Krankenwagen, für die Feuerwehr, eine Region in Alarm- und Einsatzbereitschaft, die Rheinstadt am Beben. Die ausgelösten Feuersbrünste stellen ein Zeichen dar, aus der Luft zumindest kann man es sehen, ein Ypsilon, dass sich goldglühend durch die Straßen frisst; der vermeintliche Start für großangelegten Terrorismus und auch die Bekämpfung dessen. Die Motorradcops gibts dabei schon, sie sind auch schon aktiv im Geschehen, eine sprunghafte Einleitung, die keine Gefangenen macht und die nächste weitere Actionszene, die Verfolgung eines LKW und den Sturz dessen durch ein Brückengeländer ins Gewässer hinab vorstellt; wie es dazu kommt und was es damit auf sich hat, wird im "10 Tage vorher" dann geklärt.

Rothemund ist dabei scheinbar stark tagesformabhängig, hier und auch bei der anderen kurzlebigen seriellen Installation mit den drei kampferprobten Frauen wirkt das Geschehen trotz erkennbaren und mehr als annehmbaren Aufwand zu Wasser, zu Lande und in der Luft gerade eingangs und damit ungünstiger halber beizeiten nieder, sei es die Auswahl der (Neben)Darsteller, die diesen Eindruck vermitteln, unabhängig vom eigentlichen Schauspiel schon, einfach die bloße Anwesenheit, das Aussehen nur, die falsche Aggressivität, das Erscheinungsbild auch der Umgebung und der seltsam prollige Stil. Hier wie dort ist auch ein Banküberfall die eigentliche Eröffnung des Geschehens, hier nur größer, samt Geiselnahme und unter Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, was prompt zu Kompetenzgerangel unter den anwesenden Beamten sowie Politikergeschwurbel, und - wie könnte es anders sein - zu einem Striptease, der das Lösegeld überbringenden Polizistin, einer schlanken Amazone in strahlend weißer Unterwäsche führt. Ein Kopfschuss und eine Hetzjagd nach dem Schützen später hat sich weitere Ernüchterung breitgemacht: die musikalische Untermalung mit den Klängen von Hans Zimmer, die in seinen hollywoodesken Popanz weder zu den Bildern (solides Mittelmaß) passt, noch sonderlich originell, sondern einfach nur das übliche Geklimper aus der Ära ist. Der Antagonist erinnert an Hellbound und dort Christopher Neame, der Hauptprotagonist an eine Mischung aus Bill Paxton und Kent McCord.

Allerdings lässt man sich nicht lumpen, der blassbraun bis gelblich gehaltene Film hat folgend durchaus sein Tempo und einen explosiven Showdown mit Bazooka und Handgranaten in einer Fabrikbrache vorzuweisen und das Bemühen, sich tatsächlich als ernstes neues Actionwerk aufzubauen und mit vielerlei Auseinandersetzungen und Geschwindigkeitsrennen zu präsentieren. Zudem werden derlei Szenen auch gerne mitten in der Gesellschaft abgehalten, unter entsprechender Beobachtung der Zivilbevölkerung (=Gaffer) und das Stadtbild mit eigener Form von Zerstörungen bereichert (ein Überfall auf einen Geldtransporter, der ebenso gezündelt wird wie später das verunglückte Fluchtfahrzeug, ein Crash mit dem Zweirad direkt in einen Porzellanladen, auf mehreren Etagenebenen auch noch, das Durchrasen der Fußgängerzone, das Stürmen eines Schlepperkahns durch das SEK etc.) Peu à peu kommen durch das Skript von Lorenz Stassen, der zuvor bspw. für Die Wache geschrieben hat, auch einige interessantere Nebenaspekte hinzu, die neue Tore eröffnen und mit einem breiten Katz-und-Mausspiel erzählerische Perspektiven bieten; dann wird phasenweise auch ein Polizeifilm mit Ermittlungen (und später auch einer Einnahme und Belagerung des Reviers draus) und kein Kasperletheater oder die "flambierte Muppetshow" wie beim Wilde Engel geschehen, sondern auch ein wenig grob und düster. Es gibt auch nicht bloß bei der Offensive auf das Hauptquartier seine Toten, sondern auch zwischenbei und mittendrin.
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Sylvio Constabel
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Re: Der deutsche Film - womöglich doch gut?

Beitrag von Sylvio Constabel » Fr 2. Sep 2022, 17:33

Thematisch passend zu Stockls Autobahnhoschis schaute ich GO TRABI GO. Das erste Mal wieder nach 30 Jahren. Haha. Immer noch gut, keine Frage. Soundtrack gar geiler als euer "Now-playing-Fred" zusammengenommen. Außerdem ist der so angenehm offenherzig, Möpse, Mösen und Pimmel wohin das Auge sieht. FSK: 0 - zurecht. Prüde gab's halt schon damals nur im schnarchigen Westen! :lol: :lol: :lol:
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Re: Der deutsche Film - womöglich doch gut?

Beitrag von Frau Stockl » Fr 2. Sep 2022, 18:13

Hatte ich letztens auch an.
Allerdings war auch eine Frau da, also hab ich nicht wirklich viel gesehen, aber an
Sylvio Constabel hat geschrieben:
Fr 2. Sep 2022, 17:33
Möpse, Mösen und Pimmel
kann ich mich auch erinnern.
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Re: Der deutsche Film - womöglich doch gut?

Beitrag von Sylvio Constabel » Fr 2. Sep 2022, 19:19

:thumbup: :thumbup:
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Re: Der deutsche Film - womöglich doch gut?

Beitrag von Sylvio Constabel » Mo 5. Sep 2022, 07:47

GO TRABI GO 2 - DAS WAR DER WILDE OSTEN geschaut. Erstsichtung, glaube ich. Schließt direkt an den Erstling an, kann aber dessen Charme nicht zu 100 % erhalten. An der Geschichte hätte man schon noch schrauben können - wie am Schorsch. Dennoch macht auch dieser Film Spaß, keine Frage. Die BD von Eurovideo ist ziemlich gut, obwohl beide Filme und auch die MDR-Doku von 2015 auf einer Scheibe sind. Bei der Doku macht sich "do Pappa" auf große Fahrt, 25 Jahre später, um Drehorte und Mitkämpfer zu besuchen. Das hat dann Hasko fürs Extra von PASTEWKA geklaut. :D
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Re: Der deutsche Film - womöglich doch gut?

Beitrag von Doctor Schnabel » So 11. Sep 2022, 18:01

SLASH präsentiert die Europapremiere des um sieben Minuten längeren Director’s Cut (almost) von Kondom des Grauens.
https://slashfilmfestival.com/programm- ... ut-almost/


Sah den Film Mal als Jugendlicher. Weiss nichts mehr. Der scheint aber vor Release um seine Effekte zensiert worden zu sein und jetzt taucht plötzlich eine sieben Min. längere Fassung auf...
kondom.jpg

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Re: Der deutsche Film - womöglich doch gut?

Beitrag von Frau Stockl » Fr 21. Okt 2022, 13:31

Alarm für Cobra 11 - Unversöhnlich (2022)
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Die Cobra hat sich nicht bloß gehäutet, mehrfach sogar, sie hat sich sogar überlebt und nicht bloß auf die Zeichen der Zeit reagiert, sondern sich reanimiert. Bereits tot- und gar abgesagt wurde kurz nach Absetzung der Originalserie (mit ursächlich verschiedenen Gründen, letztlich aber natürlich der Rentabilität bzw. das Fehlen dessen) eine Verlängerung und eine Art Neustart, für kurze Zeit aber nur erwirkt; das Umsetzen von drei sogenannten Eventfilmen, ein An- und Austesten (mit fast ohne Ankündigung oder gar Werbung) der letzten noch verfügbaren Chancen gerade im hauseigenen Streamingdienst.

Die 'Häutung' der Serie selber ist ein Anpassen auf den jeweiligen Zeitgeist und die Umstände, zuweilen wurde der Humor stark erhöht, später die Düsternis probiert, in den finalen beiden Staffeln ist man (noch vorherigen erneuten Klamauk) wieder auf den Thriller mit Drama- und Actionszenen gewechselt, die letzteren noch vorhanden, aber angesichts buchstäblich explodierter Kosten und schwindenden Zuschauerzahlen eher kleinkalibrig bis ärmlich im Vergleich zu sonstigen Exzessen skaliert. Zudem wurde eigentlich ein Abschluss gesetzt, der theoretisch auch als final zu werten und eine dramaturgisch sinnige Fortführung eher schwerer möglich ist. Die Erzählungen dort werden nicht gänzlich ausgeblendet, die Figuren sind allesamt da, aber eine Chronologie oder ein direkter Anschluss hier erstmal ignoriert.

Starten tut man dafür mit einer Geiselnahme in einer Frittenbude, das SEK ist unterwegs, die Kripo Autobahn vor Ort, der Erpresser hat eine Handgranate. Die Szene (eine Hommage an den Pilotfilm "Bomben bei Kilometer 92", 1996) ist klein, die Optik gedämpft, grauer deutscher Alltag, Gerkhan ist hier nicht mehr der Familienvater und der Ehemann, sondern privat zumindest solo, im Beruf natürlich mit seiner Partnerin, insgesamt aber eher voller Testosteron unterwegs. Auch die Geschichte macht dann Druck und Dampf, noch am (bereinigten) Tatort geht man konkret in den Einsatz und doch in die Vollen. "Fuck, was sind das für Typen?" wird sich bei einer Verfolgung eines verdächtigen Fahrzeuges gefragt, "Drogendealer, Waffenschieber, such dir irgendwas aus." Es wird geschossen und gesprungen, ein Verkehrsteilnehmer durch die Lüfte geschwungen und schließlich und endlich der verfolgte LKW den Abhang hinunter und in die Büsche katapultiert. In Schwung kommt damit auch die Erzählung selber, für den Moment, geht es um eine internationale Zusammenarbeit, eine länderübergreifende Ermittlung, die natürlich ihre eigenen Paragrafenreiter hat und die jeweils eigene Bürokratie und Kompetenzregelung. Es kommt zum Dialog, zum Präsentieren darstellerisch überschaubarer Leistungen und zu schweren Akzenten. "Drogen oder Waffen?" - "Sie haben keine Ahnung."

Worauf man da eigentlich gestoßen ist, wird dann peu à peu dargereicht, Fans der Serie von damals bekommen ihre persönlichen Anhaltspunkte und ihre Referenzen, auch ihre Déjà-vus, neue und zufällige Seher den handelsüblichen deutschen Polizeikrimi, hier gleichzeitig zuweilen kleiner und trüber bis verhärmt wirkend, mit langen Gesichtern auf beiden Seiten des Bildschirmes; später und zu spät dann wieder exzessiv und drüber. Es gibt einige Unannehmlichkeiten und es gibt einige Härten, die Handlung ist "Unversöhnlich", es geht um kriminelle Organisationen, um Phantome, um Druckmittel und Entführer. Das ist solide Kost, nur bisschen zäh, recht isoliert von der üblichen Gesellschaft und etwas freudlos; die Budgets sind deutlich kleiner als zu Hochzeiten, die Lücken in der Produktionskasse mit vermeintlicher Tiefe, mit Traumabewältigung, mit Akten wälzen (und einem flotten feurigen Showdown im Hafen) überspielt. Eine zweite Actionszene etwa zur Hälfte der Laufzeit ist mit einer minimalen Schießerei in einem Büro und dem (erneut verspäteten) Aufmarsch der Spezialeinheit schon abgefrühstückt und erledigt. Später geht's rüber nach Belgien, erst Antwerpen, dann ans Meer. Dort vor Ort findet man tatsächlich ein paar stimmige Bilder und zwei bis drei Explosionen, dann geht's wieder ins Verderben.
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Re: Der deutsche Film - womöglich doch gut?

Beitrag von Frau Stockl » So 30. Okt 2022, 08:06

Alarm für Cobra 11 - Machtlos (2022)
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Ein Deal steht an, 40 Kilo Koks, die Festnahme wird vereitelt und wird mit Schüssen gestört. Vom trockenen Polizeieinsatz zum Aktionfilm (zum Sozialdrama), steht eine Verfolgungsjagd dreier Parteien, darunter zweier Motorradfahrer, quer durch die nächtlichen Straßen der Rheinmetropole an; die Stunts sind schnell, die Montage schnittig. Ein Autoüberschlag, ein Brückencrash, ein Schwerverletzter, ein Flüchtender ist weg. Ein Wiederaufleben alter Tugenden der Serie, die hiermit in den zweiten Eventfilm einsteigt, Franco Tozza erneut Regie, “Machtlos“ ist der Titel.

Die Handlung ist drängender als beim Vorgänger “Unversöhnlich“, das Tempo eingangs flotter, ein Drogenkrieg auf den Straßen steht an, eine Blutrache, serbische Gangsterbosse und scheinbar ein Auftragskiller. Das Milieu ist grob, die Gegend rau, kriminelles Multikulti, skrupellose Schergen, wilde Flüche, tödliche Brennpunkte, ärmliche graue Elendsviertel, “Ich könnt kotzen.“, ein allgemeines Ohnmachtsgefühl, biedere Dialoge, traurige Schicksale, lange Gesichter.

Welche Zielgruppe der produzierende Sender mit den drei (nach der Absetzung der Serie bereits nachgereichten) Eventfilmen erreichen möchte, ist nicht so ganz klar; die Fans von ganz früher haben bereits bei den Episoden mit Vinzenz Kiefer die Reißleine gezogen, zu grob, zu düster. Dort wurden allerdings noch wilde Autospektakel geboten, teilweise zumindest, hier ist das Budget dafür nicht mehr da und der Versuch, etwa anspruchsvolles deutsches gegenwartsbezogenes Fernsehen zu machen, ertrinkt in mehr oder minder klischeehaften Betroffenheits-Erzählungen ohne die Spielfreude von früher. Eine mittlere recht physisch angelegte Hetze quer durch ein Krankenhaus treibt das Geschehen noch einmal hoch und die Dramaturgie von Selbstjustiz, Blindheit von Recht und Gerechtigkeit und dem 'Das Weiße im Auge' der “Assis aus den Baracken“ noch einmal drüber, Hauptdarsteller Atalay ist erneut die feste Bank der Produktion, Tozza gibt sich reichlich Mühe, Kalupa ist noch gut, die Pia kann nicht spielen.

Also: Viele Hospitalbesuche, Mahnwachen, Drohungen, die Hartzer im Rambo-Modus, Aufbegehren, Bürgerwehren, zwei Polizisten, die sich uneins über das weitere Vorgehen sind, eine Pflichterfüllung noch im Feierabend, viel erneutes Rezipieren bereits getätigter Aussagen und auch gezeigter Sachverhalte, Schummerlicht im Slum und ebensolche 'Beleuchtung' überall auch an städtischen Dienststellen. Es gibt ein Überfall mit Baseballschlägern in den Wohnklötzen, ein Versteckspiel der "Bullenfotze" im Kiez, die 'Aufständischen' werden zum Lynchmob, die später noch Polizeikonvois auf der Autobahn angreifen, worauf der Film dann endlich (für ein paar Sekündchen) wieder zum Ursprung seiner Herkunft zurückkehrt.
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~ Hoffnung ist die kleine Schwester der Verzweiflung.

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