Der Baader Meinhof Komplex

[Joachim Bauer]

Und worin äußert sich dieser im Film?

[Mr. Vincent Vega]

Über eine Umdeutung der Ereignisse zur coolen Räuberpistole.

Oder, etwas eleganter formuliert:

Nur denken will er [der Film] nicht; eine Haltung finden und Bilder, die nicht nur - dumm, aber teuer - nachplappern, was man kennt, das will er nicht. Alles "stimmt", dafür bürgt Stefan Aust, alles sieht echt aus, dafür sorgen die Ausstatter und Rechercheure, und nichts ist wahr, dafür bürgen das Buch und die Inszenierung von Bernd Eichinger und Uli Edel. Sie haben den durchideologisierten Terrorsprech normalisiert, das peinliche Gequatsche von Andreas Baader und das Schwäbisch von Gudrun Ensslin auch. Als wäre das nicht genug Retusche, um dann doch wieder beim Mythos zu landen und bei Terroristen-Ikonen. Ja, man sieht ihr sinnloses Töten, aber weil es aussieht wie im nächsten besten Actionfilm, nimmt man es, schulterzuckend fast, als zum Genre gehörig hin.

[ScheichHabib]

Eben. Saugeile Exploitation. Bleibtreu macht Spaß, hat die Figur folgerichtig in STEREO neu aufleben lassen.

[Joachim Bauer]

Danke. Also das, was Nahaufnahme auch schon meinte. Jetzt muss ich nur noch nachschauen, was Revisionismus bedeutet.

[Yuki]

Als Exploitation ist der mir zu öde. Und natürlich ist der auch nicht so gemeint.

[SvenT]

Natürlich war der nicht so gemeint, aber aus Versehen, bzw. weil Edel halt kein guter Filmemacher ist, wurde es eben doch ne wilde, verruchte Räuberpistole. Ich hatte durchaus meinen Spaß daran, wie da die ganze Volkspädagogik den Bach runterging, kann aber auch jeden verstehen, der da nicht mitlacht. Ein Film für den gemütlichen Bierabend mit Freunden!

[Thorsten Hanisch]

wie da die ganze Volkspädagogik den Bach runterging

Er führt sie durch die Hintertür aber wieder ein.

Der Film verdreht Abfolgen (im Film: Erst Kaufhaus, Lieferwagen von Springer, dann Vietnam - die Ereignisse stehen in keinem kausalen Zusammenhang zueinander), evoziert im Bild Schuldzuweisungen (im Film: die Studenten haben angefangen und somit ist das Zusammendreschen durchaus berechtigt) und stellt den gottgleichen, Weisheit nur so scheissenden Bruno Ganz (hat nur noch ein CGI-Heiligenschein gefehlt) weit über den kotzbrockigen "Fotze"-Schreier Bleibtreu und seinen zwei Bitches.

Film ist der letzte revisionistische Dreck und auch als Exploiter nicht zu gebrauchen, da viel zu fad und zu bieder.

[SvenT]

Na gut, ich hatte ja auch meinen Spaß mit John Milius' "Red Dawn".
Humor ist halt Geschmackssache.

[ScheichHabib]

Unvorhersehbar. Deckungsgleich zu Vinnies Meinung.

Edel hat in den 90s GESCHICHTEN AUS DER GRUFT gemacht, kein weiterer Kommentar zur "Ernsthaftigkeit" von BAADER nötig. Ach nee, doch: CHRISTIANE F. war auch schon Comedy-Gold. Kann was, guter Mann. Der deutsche Friedkin.

[SvenT]

Ganz schlimm war ja auch sein "Cäsar"-Filmchen. Wenigstens mit Richard Harris, der einen prächtigen Sulla gegeben hat.
Worüber wollen wir eigentlich als nächstes reden? Den "Ontergang"?