Adriano Celentano

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Frau Stockl
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Re: Adriano Celentano

Beitrag von Frau Stockl » Fr 24. Feb 2023, 09:18

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Ein “ganz mieser Charakter“ soll die männliche Hauptrolle hier sein, ein “echt linker Schuh“, “ein Stinkstiefel“, die Landbevölkerung zerreißt sich schon das Maul, auch die Journaille ist auf Suche nach Indiskretion vor Ort, das kann nur einer spielen, das kann bloß der Celentano sein. Die Einführung präzise, die Vorstellung durch Erzählungen anderer. Ein Porträt mit ein paar Schrammen, ein paar gewaltigen sogar, ein Mann, der sich als Mann fühlt, weil er keine Frau hat.

Ihre Freunde behaupten, Sie sein so jähzornig und unberechenbar und so, weil Sie nicht verheiratet sind.“ - “Ich bin jähzornig und verheiratet, weil ich unberechenbar bin?“ - “Nein, jähzornig und unberechenbar, weil Sie nicht verheiratet sind.“ - “Ah, jetzt hab ich's kapiert. Ich bin jähzornig, weil ich verheiratet und unberechenbar bin.
Celentano als Stammspieler von Castellano & Pipolo wurde des öfters als Person ohne Halt, nicht immer auf der Suche eingesetzt, die Handlungen drehten sich gerne um eine weibliche Stimme, die sich (eingangs von ihm gewollt, wie in Hände wie Samt oder in Gib dem Affen Zucker) in sein Leben drängt und es auf den Kopf stellt, bereichert und verändert. Die Veränderungen meist einschneidend, zwischendurch auch schmerzhaft (wie in Der Brummbär oder ebenfalls den beiden erwähnten Titeln), da wie üblich im Leben nicht alles von Anbeginn an glattläuft und gerade eine Beziehung aufgrund des Zutuns eines zweiten 'Faktors' nicht stets und ständig, nicht immer klappt.

Dem Widerspenstigen hier, dem “Dumpfmännlein“ geht's ohne allerdings auch gut, er wirkt mit sich im Reinen, er hat seinen geregelten Tagesablauf, er ist getreu des Ganzen oft in der Natur und an der frischen Luft. Er braucht keine Nähe und hat auch so seine Kontakte in der Welt (“Mit Tieren muss man reden, das hat immer irgendeinen Sinn, das sind schließlich keine Menschen.“); auf dem Hof ist er gar beliebt, zumindest wird er außer vom Hund (welcher dafür später am Abend mit ihm Schachpartner spielt) freudig begrüßt. Seine Seele wird demnach genug sublimiert, daraus kann man nur und dies trotz vielerlei sonstiger Einfälle und Ideen keinen Film drehen, weil damit allein nichts vorwärts geht und keine Dramaturgie im narrativen Rahmen steht. Ergo kommt die Muti in den Raum, die trotz seines ablehnenden Gebarens oder doch eher wegen umso engagierter an den Großbauern, den “letzten Zulukaffer“ herangeht.

Das Vögelchen im Käfig lacht. Aber es lacht aus Wut.“
Aktiv und passiv dabei ungleichmäßig verteilt, Gegensätze ziehen sich an, Attraktion und Ablehnung, Jung und Alt, Stadt und Land, “Es muss immer ein Pro und ein Contra geben, das hat schon Charlie Chaplin gesagt.“, bereichert durch die Haushälterin, die auf beiden Seiten steht und als Mittelsmann, als Bremse für die aufkommende Misogynie oder doch 'nur' Misanthropie und bisschen auch als Sprachrohr des Zuschauers fungiert und funktioniert. Dabei zeichnet der Film (ein Kassenschlager des Jahres, Platz Zwei der Hitliste zwischen Massimo Troisis Debüt Ich fang bei drei wieder an und einer Fortsetzung von Das Größte Rindvieh weit und breit) die längste Zeit eine komplette Einseitigkeit, eine Hass-/Liebe, mit einigen auch schwierigen Zutaten (die schon oder auch noch mehr in der offensichtlichen und offensiven Inspiration “Der Widerspenstigen Zähmung“ vorhanden sind), die Degradierung der (eigentlich auch verbandelten, gar verlobten, d.h. von jetzt auf gleich untreuen) Frau, auch ihre Zurschau- und Bloßstellung vor den Einheimischen (“Hab wenigstens noch ein paar Möpse gesehen.“), die erwiderte Ohrfeige bzw. der Schlag ins Gesicht mit einem Gegenstand etc., wobei der Hauptdarsteller im ersten entscheidenden Teil des Filmes allerdings überzeugender in seinem Spiel als bei den anderen Vertretern und so das Szenario in seiner ausufernden Streitkultur tatsächlich glaubwürdig in gewissen Grad ist. Ab der Anbahnung des Pärchens zerfasern die Motive übrigens etwas, erstaunlicherweise war auch keine körperliche Aktivität zwischen beiden der eigentliche Aufhänger (“Also, wenn ich hier nicht alleine liegen würde, würde ich glauben, in meinem Bett liegt jemand...Da liegt ja auch einer! Huh, was machst du denn hier?“), es geht tatsächlich um ein miteinander leben, um den Beruf, um die Freizeitgestaltung, um das große Ganze eben. Außerdem wird viel Holz gehackt.
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Joachim Bauer
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Re: Adriano Celentano

Beitrag von Joachim Bauer » Fr 24. Feb 2023, 18:05

Schön geschrieben.
Frau Stockl hat geschrieben:
Fr 24. Feb 2023, 09:18
Dem Widerspenstigen hier, dem “Dumpfmännlein“ geht's ohne allerdings auch gut, er wirkt mit sich im Reinen, er hat seinen geregelten Tagesablauf, er ist getreu des Ganzen oft in der Natur und an der frischen Luft. Er braucht keine Nähe und hat auch so seine Kontakte in der Welt ...; auf dem Hof ist er gar beliebt, zumindest wird er außer vom Hund (welcher dafür später am Abend mit ihm Schachpartner spielt) freudig begrüßt.
Genauso siehts aus. Hab mich immer gefragt, warum dieses Idyll zerstört werden soll, indem man ihm zwanghaft 'ne Frau ans Bein binden will. War das nicht so, dass seine Freunde durch ihren jeweiligen Ehen sogar geschrumpft sind? :mrgreen:
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Frau Stockl
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Re: Adriano Celentano

Beitrag von Frau Stockl » Sa 25. Feb 2023, 08:11

Und er leidet auch richtig zwischendurch, der arme Kerl.
Konnte ordentlich mitfühlen.
:D

Das Finale mit dem Basketballspiel find ich übrigens doof.
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Frau Stockl
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Re: Adriano Celentano

Beitrag von Frau Stockl » Sa 25. Feb 2023, 08:25

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Bingo Bongo scheint ein derart großer Erfolg in Deutschland gewesen zu sein, dass folgende Titel unabhängig Inhalt und Gestaltung des Öfteren daraufhin verwiesen haben, der vorliegende, im Original einfach bloß Grand Hotel Excelsior betitelte und der Gib dem Affen Zucker, welcher eher eine Art verkapptes Remake von Ein Herz und eine Krone ist. Hierbei selber könnte man auch seine Schlüsse auf eine mögliche Quelle ziehen, wegen des Schauplatzes des Geschehens schon, die Fernsehserie Hotel wahrscheinlich mit als ausschlaggebender Faktor, da die Behausung auf den Namen 'Grand Hotel' und man den Originaltitel hört, fallen naturgemäß noch weitere Informationen und Referenzen ein. Das Ganze als Komödie, als Klamotte, als Ensemblestück, je begrenzter der Raum, desto größer und gröber ist der wild grassierende Dummfug und das wild grimassierende Unglück.

Von außen ein dicker weißer Prunkbau, alte ehrwürdige Architektur, eher was für die betagte und die mit Geld in der Brieftasche (und nicht nur auf dem Konto) ausgestattete Generation, die Gutbetuchten demnach, die auch innerhalb der Hochsaison Reisen können und bei denen dann auch nicht Rest des Jahres Ebbe in der Kasse und Brot und Wasser die Hauptnahrung ist. Saisoneröffnung ist 26. Mai, der Kunde ist König, die Belegschaft des Hotels und die gedachte Gefolgschaft, für den zahlreichen und zahlreich zahlenden Gast steht in Reih und Glied bereit. Ordnung, Pünktlichkeit und Sauberkeit wird vom Oberhaupt verlangt, die Angestellten sind mit dem Gehorsam schnell, der Chef mit den Strafen schneller.

Von innen ist die Baute (“Erste Kategorie. 120.000 pro Nacht.“ - “Und am Tag kostet es nichts?“) übrigens auch eher plüschig an- und eingerichtet, alles dunkler gehalten, mit Teppichen ausgelegt, damals klassisch, heute der Retroschick. Das Schließen des (seit 50 Jahren bestehenden) 'Kastens' über die kalten Tage kann man sich scheinbar leisten, wahrscheinlich zahlt die Mannschaft dafür, nichts kann man dem Celentano hier recht machen; wieder ein Stinkstiefel vor dem Herren, der Brummbär quasi, der Misanthrop, der sich auch an schwarzen Haaren, schwarzen Gedanken und schwarzen Gesichtern, letzteres bei einem afroamerikanischen Bediensteten (“Hey, Schoko-Joe.“) natürlich stört.

Was haben Sie gestern gegessen?“ - “Dasselbe.“ - “Hat's geschmeckt?“ - “Nein.“ - “Dann bringen Sie's.
Der Plot selber richtet sich nach dem Wahlspruch der Gastronomie ( 'Wo der Ober nicht passt, geht er und der Gast.'), ein geschäftiges Treiben überall und allesamt. Besucher werden ebenso in Augenschein genommen wie Stammgäste (eine in den Chef verliebte, psychisch auffällige Frau, ein Magier ohne Zauberkünste, aber mit allerlei anderen Tricks auf Lager, ein notgeiler Preisboxer vor einem wichtigen Kampf, ein tobsüchtiger Fabrikant etc. und pipapo) und das Personal, der Zusammenhalt und Zusammenhang besteht durch dieselbe Bühne, mit Celentano diesmal eher als Gastarbeiter mit Cameo und als nötiges und auch dringend benötigtes Zugpferd. Es gibt einigen Dialogwulst, einigen Unsinn, einigen Leerlauf und komödiantische Nulllinien; eine große Scharlatanerie der Filmemacher Castellano & Pipolo, einiges an Lug und Trug, damit die zuweilen interessierende Dramaturgie ihre Verwicklung und Entwicklung hat, und allerlei Ideen für Slapstick der groben Orientierung behält, das Timing jeweils komplett unterschiedlich, auch die Inszenierung selber: oft quatschig, oft quietschig, manchmal niedlich. Tatsächlich funktionale Begebenheiten werden gerne bis an die Schmerzgrenze heran und zielsicher auch hinausgeführt und übertrieben, da trifft die Komik auf die Tragik und die Pointe auf den Schmerz.
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Joachim Bauer
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Re: Adriano Celentano

Beitrag von Joachim Bauer » Sa 25. Feb 2023, 10:24

Frau Stockl hat geschrieben:
Sa 25. Feb 2023, 08:11
Das Finale mit dem Basketballspiel find ich übrigens doof.
Das ist auch blöd. Sowas fand ich höchstens als Kind lustig. Ist wie Komik aus 'ner anderen Zeit, die nicht überdauert hat.
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Re: Adriano Celentano

Beitrag von Frau Stockl » Do 2. Mär 2023, 04:33

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Beschwingt die Musik, lang das Gesicht, die Mundwinkel nach unten, das Wetter nass und grau, es wirkt nicht mediterran, sondern wie Rheuma und Gicht. Castellano & Pipolo hier wieder am Start und Dreh, wieder oder immer noch, wieder eine Liebesgeschichte verpackt in einer Komödie, der Star derselbe, das Publikum erpicht. Celentano heißt der Mann der Stunde, hier als Ingenieur besetzt, als Erfinder einer besonderen Sache, die ihm erst Erfolg und Geld, und dann die Gefühle und damit auch die Schwierigkeiten schenkt.

Der Film startet mit einem Knall (einem fingierten Überfall mit Schlaghammer und Panzerfaust als Test auf eine Juwelierfiliale), ist dann aber leiser, er interessiert sich auch für die zweite Person an Bord, für die Frau statt nur dem Mann, ein Langfinger und ein Sicherheitsexperte, Gegensätze ziehen sich an. Das erste Treffen rein 'beruflich', der Klau einer Armbanduhr, mit den Tatbestandsmerkmalen des Raubes gar, da durchgeführt mit den Waffen der Frauen.

Das zweite Treffen dauert dann noch etwas, anders als üblich hat die Handlung hier eine richtige Geschichte, und die Rolle von Celentano ist auch ein richtiger Mensch, mit Bindungen und Beziehungen, mit einer Vorgeschichte, einer Exfrau, mit durchaus Kontakt und guten Verhältnis noch, mit einer jetzigen Freundin, mit alltäglichem Auftritt gegenüber den Angestellten, alles ganz normal, geradezu gewöhnlich; was er nicht hat, sind Freunde, dafür aber einen Butler, der für diese Aufgabe eingespannt wird und tatsächlich hilfreich auch sein kann. Die Hallodri und die Aktiven sind diesmal eher die Anderen, was eine Wohltat geradezu für das Publikum ist, es erleichtert auch die Sympathien; ein späteres Durchbrechen der vierten Wand mit Blickkontakt zum Publikum ist durchaus erquicklich. Es gibt wahre Gefühle und die Ware Gefühle, die Geschichte erinnert ein wenig an Overboard - Ein Goldfisch fällt ins Wasser, fängt aber anders an, ist vorher entwickelt und hat auch einen kleinen 'Krimi'plot, der sich genauso kurz hält, wie er effektiv auch ist.

Darstellerisch geht das in Ordnung, selbst oder speziell auch die Kriminellen haben ihren Charme, in einer verqueren Form von Sozialromantik, teilweise sind die Gags eher leise und teilweise dann auch ganz schön witzig. Die Geschichte ist schön, da emotional und ehrlich, “Du musst dir selber treu bleiben. Nur so passen wir zusammen. Du warst ganz normal, als wir uns kennengelernt haben.“, obwohl dies hier genau nicht zutrifft. Die sich anbahnende Beziehung trotzt (auch aufgrund der Arsène-Lupin-Analogien) dem sehr merkwürdigen Moralverständnis, vielerorts widersprüchlichen oder Ungereimtheiten – der Hass der Strauchdiebe auf den Erfinder, welcher sich in Unflätigkeit ergießt: “Wer weiß, ob mein Traum sich erfüllt, Guido Quiller. Dass du eine Kreuzfahrt machst, wünsch’ ich dir, Quiller. Das Boot sei gebaut aus den Scheiben von Quiller. Das Meer soll aus deinen Exkrementen bestehen. Und mit Donner und Blitz sollen Sturmböen wehen. Damit du kenterst im eigenen Mist! Bist du endlich darin gestorben bist! Und dein Grab ein Meer voller Scheiße ist!“ – , zudem gibt die Wärme des Zwischenmenschlichen Trost und Halt in dem allgemeinen Grau des Filmes.
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Joachim Bauer
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Re: Adriano Celentano

Beitrag von Joachim Bauer » Di 7. Mär 2023, 08:01

Wieder mal ein schöner Text, bekomme jetzt tatsächlich immer mehr Bock auf diese Fülme. Worauf schaust Du die denn? Die BDs von der Azzurro-Edition vielleicht?
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Re: Adriano Celentano

Beitrag von Frau Stockl » Di 7. Mär 2023, 12:41

7 Filme gibt's bei Prime.
Einige hatte ich mir dort über kostenloses Testabo auf über einen Kanal zugebucht, ich glaube Kabel Eins Classics.
3 Filme hat Netflix.
Paar als nicht online verfügbar angezeigte Sachen hab ich mir als DVD entliehen, ich hab Flatrate bei Videobuster.
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Re: Adriano Celentano

Beitrag von Joachim Bauer » Di 7. Mär 2023, 15:14

Aha, danke. Vielleicht checke ich das auch vorher erstmal online ab. :think:
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Re: Adriano Celentano

Beitrag von Frau Stockl » Di 21. Mär 2023, 01:16

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Die Beichte von einem ganzen Jahr soll abgelegt und aufgearbeitet und dann natürlich auch erlassen werden; ein ganzes Jahr Sünde, 365 Tage, Schuld sind wieder mal und immer noch die Frauen, die Verlockung, die Versuchung, die Wurzel allen Übels. Die Beichte wird von einem 'Frauentyp' abgegeben, selbst ernannt und auch von außen so gesehen und benannt. Celentano spielt den 'Hengst' natürlich, das Hemd halb offen, die Hosen und die Haltung lässig. Er zieht die Aufmerksamkeit auf sich, er macht die trauernden Witwen, die Kinderpflegerinnen, die Politesse und die Zeitungsverkäuferin mit dem freien Busen glücklich; das sieht dem Schlagerbarden und Filmstar ähnlich, Besondere Kennzeichen: Bellissimo nämlich.

Castellano & Pipolo haben hier wieder ganze Arbeit geleistet und wieder mit ihrem Können gewerkelt, bunt-kräftige Bilder, die Sonne scheint, die Blumen blühen, die Funken sprühen, die Hormone sprießen. Eine Ablenkung jagt die andere, “Wie Du aus dem Titelvorspann ersehen haben wirst, stehen die Frauen auf mich ungeheuer.“, Silvesterabend geht die Geschichte los, ein wildes Abenteuer, Champagner aus dem Büstenhalter. Dabei gibt es auch Veränderungen zu sonst und üblich, der Schwerenöter ist alleinerziehend und Vater, er hat eine herangewachsene Tochter, ein großes Mädchen, ein Kind; alles nur Scharade aber, alles vorgetäuscht und nicht ehrlich.

Hör zu, Püppchen. Bei der nächsten Fete bin ich dabei.
Ein Hallodrileben wird geführt, keine Verpflichtungen, alles von einem Tag auf den anderen gestaltet und ohne Plan natürlich blindlings ins Verderben, in den Chor der Engelein hinein. Die blutjunge Nachbarin, die “Magermilchbraut“, eine fesche braunhaarige, kurz gewellt, dabei als einzige Konstante, aber der insgesamt spielerische, spiegelnde Film (zweiterfolgreichste italienische Produktion des Jahres nach Tinto Brass' The Key - Der Schlüssel) ist nicht Fröhliche Ostern (1984), “Hier, das ist etwas für Kinder in Deinem Alter.“, auch wenn es ein bisschen in die Richtung geht: “Sag mal, was glaubst du, wie alt ich heute geworden bin?“ - “Hm, 15, hab ich recht?“ - “Für 15 steh’ ich aber ganz schön im Futter, findest Du nicht?“ 18 ist sie geworden, das junge Ding.

Der Film leicht episodisch, anekdotisch, Discoära, Eifersucht, Adoleszenz, Midlife-Crisis, eine Anziehungskraft, die nicht sein darf, aber deutlich und dies auch beiderseits vorhanden ist, Geschichten eines bewegten Lebens, Geschichten einer langen einseitigen Verehrung, Geschichten eines Erwachsen Werdens. Es gibt schmerzhafte Wahrheiten und Nonsensedialoge, es gibt Ausflüge in die Natur, zwischendurch könnte sich der Film auch problemlos auf die junge selbstbewusste Frau (mit dem Vaterkomplex), auf die nächste Generation verlagern, nimmt aber meist für den Scherz und die kreativen Freiheiten (die Szene mit den Schaufensterpuppen, das “Meer von Mailand“) den Schwerenöter wieder hinzu und zurück.
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