Julio fährt Traumschiff

[Doctor Schnabel]

ORF-"Traumschiff" mit Rassismus-Eklat – "zum Fremdschämen"


https://www.heute.at/s/orf-traumschiff- ... -100182045

[Julio Sacchi]

Absolut gerechtfertigt.

[Julio Sacchi]

DAS TRAUMSCHIFF: MAURITIUS (18.04.2022)

Die gute Nachricht zuerst: Corona ist vorbei und der Kahn darf wieder auslaufen! Keine mies gekeyten Greenscreens mehr, kein halkeliges Gehampel vor gruseligem Computermeer - jetzt weht wieder ein strammer Wind an Deck und das Wasser platscht dank Seegang über die Poolgrenze. Wenn den Stars die Haarteile von der Rübe zu fliegen drohen und die Dialoge tapfer gegen den Sturm geschrien werden, sieht die Kreuzfahrt ins Unglück gar nicht mehr so traumhaft aus.
Wenn es aber unter Deck geht, erstrahlt der Dampfer in ungeahnter Pracht: Was einem dieses Mal an Luxuskabinen und Schlemmertempeln präsentiert wird, lässt die gewohnten 1-Bullauge-Gefängniszellen für den Reisepöbel rasch vergessen. Überhaupt hat man in Sachen Ästhetik nochmal einen ordentlichen Schritt nach vorne gemacht: Knallige Farben, berückend schöne Landschaftsaufnahmen und beachtliche Drohnenflüge sorgen für österlichen Augenzucker.

Dafür braucht es für die Stories mal wieder gestählte Nerven: Über die Jagd nach der Blauen Mauritius, die ein entfremdetes Ehepaar wieder zusammenführen soll, möchte ich insbesondere aus Respekt vor der eisernen Boulevardtheatervorstellung von Ex-Nonne Janina Hartwig das Mäntelchen des Schweigens hüllen. Auch die Schnurre um den an sich gern gesehenen Helmut Zierl als miesepetrigen Witwer mit Luxushotel auf Mauritius sorgt für heftiges Afterjucken: Um Zierl wieder mit seinem Sohn (gespielt von einem austauschbarem ZDF-Gesicht) zusammenzubringen, muss eine blutjunge Tanzlehrerin namens "Jana Stern" mit dem Alten aufs Parkett und mit dem Jungen in die Kiste. "Jana Stern" wird wohl zukünftig im Luxushotel die Rumba lehren und Helmut Zierl eiert fürderhin mit der auffällig angespannten Arabella Kiesewetter über die Dielen!

Bleibt nur die Besatzung selber, und hier darf Gold geschürft werden: "Hardball" Parger raunt seine Ansagen gewohnt verführerisch ins Mikro, darf seinen engsten Vertrauten eine saftige Standpauke halten ("Es reicht, wenn einer hier Mist baut" - das sollte man mal den Autoren sagen!) und leistet Schiffsärztin Delgado Schützenhilfe gegen ihren schrecklichen Vater (Wolfgang Stumph?!). Flori und Collien sehen fantastisch zusammen aus, sie im traumhaft schönen gelben Kleid und er in seinem kleinen roten Auto, was für ein sensationelles Paar! Aber leider holt Hardball Parger wieder seine geliebten potthässlichen Jeans-Bermudas für die Strandpartie aus dem Schrank und qualifiziert sich so eher fürs Flanieren am anderen Ufer. Knistern tut es dennoch, aber erstaunlicherweise zwischen zwei Kollegen: Die Funken fliegen bei der Landpartie von Staff-Käpt'n "Eisensack McGinty" Grimm und Bordengel Leipold (Babs Wussow). Toll!

Held der Show ist wieder mal Parger, der nach einem ausgiebigen Rum-Tasting nicht mehr Auto fahren will, aber steht wie ne Eins; und da er Konflikte an Bord mit angemessener Strenge löst, sich als Begleiter für Seerosenexpeditionen anbietet und die vom Schicksal gebeutelte Delgado mit einem spontanen Aufstieg zu ihrem Traumberg wieder auf Kurs bringt, drängt sich eine Umbenennung der Serie auf: Statt "Das Traumschiff" bitte zukünftig "Der Traumchef"!

[Joachim Bauer]

Mal wieder treffend zusammengefasst. Aber auch wenn das Schiff wieder vom Stapel gelassen wird, so ist der Schatten von Corona unübersehbar, denn der Kreuzer wirkt immer noch surreal menschenleer. Da ist es ganz gut, dass die engen Kajüten gegen ausladende Luxuskabinen getauscht wurden, denn sonst würde man sich fast in einem Kammerspiel wähnen.

Die Storys waren aber größtenteils eher lau. Wolfgang Stumph als Papa Delgado ziemlicher Quatsch und die Geschichte um Zierl und seinem gestörten Vater-Sohn-Verhältnis einfallslos. Da war die klischeehaft übertriebene Ehekonstellation und die hanebüchene Schatzsuche eine willkommene Abwechslung, denn sonst wären die meisten Inselszenen in dem Luxusressort gewesen und die Serie heißt nunmal "Das Traumschiff" und nicht "Das Traumhotel". Das führte dann wenigstens zu den putzigen Szenen zwischen Staff Captain und ... äh ... Hotelchefin (oder welche Funktion auch immer Wussows Figur hat) und wie sie gespannt die Briefe durchforstet haben, hatte schon für einen kurzen Moment funktionierende Situationskomik.

Bleibt nur noch die Frage, wie es sein kann, dass zwei vollkommen unterschiedliche männliche Personen das gleiche Briefpapier und dieselbe Handschrift haben können, die nebenbei jedem Kalligraphen zur Ehre gereicht hätte? Dieses Mysterium wurde leider nicht enthüllt.

[Julio Sacchi]

Haha das ist mir auch sauer aufgestoßen! Außerdem sah "Jana Stern" aus wie eine gebügelte und blondierte Nazan Eckes

[Joachim Bauer]

Hm ... auf den Vergleich wär ich jetzt nicht gekommen, würde aber thematisch passen. Mich hat sie eher an eine Schlagersängerin erinnert, aber wie ich sehe, ist sie tatsächlich Schauspielerin.