Julios frankophile Ecke

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JimmyPage
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Re: Julios frankophile Ecke

Beitrag von JimmyPage » Do 1. Apr 2021, 17:15

:shock: den muss ich sehen :thumbup:

Serge Leroy. Der Name lässt jeden Fussballfan mit der Zunge schnalzen :lolno:
äffle: "was isch groß?" - pferdle: "stuttgart!" - äffle: "was isch größer?" - pferdle: "der neckar!" - äffle: "und was isch am größten?" - pferdle: "hmm, spätzle und linsen!"

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Julio Sacchi
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Re: Julios frankophile Ecke

Beitrag von Julio Sacchi » Di 6. Apr 2021, 10:42

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DIE GELIEBTE DES ANDEREN (1970)
Gabriele Tinti brettert mit seinem Cabrio und Romy Schneider zu wilder Beatmusik gefährlich nah an den Klippen der Atlantikküste herum (Autostunts natürlich courtesy of Rémy Julienne). Dann saust die Karre mit Tinti in den Abgrund, Romy konnte sich noch rechtzeitig aus dem Todesauto retten. Da taucht der Bruder des in die Fluten gestürzten Tinti auf, in Gestalt von Maurice Ronet. Ronet und Schneider kommen sich näher und landen schließlich in der Kiste, aber irgendwie hat Ronet das dumpfe Gefühl, es könne vielleicht Mord gewesen sein, und Schneider hat das dumpfe Gefühl, Tinti sei gar nicht tot.
Zu Anfang vielversprechende Psycho-Schnurre, die zurück in Paris nicht zuletzt dank Simone Bach als Ronets lustiger Ex-Frau gut unterhält. Dann wird das alles aber wirklich nur noch redundant ("Du warst es!" - "Nein war ich nicht" - "DOCH DU WARST ES" - "Nein war ich nicht"), sogar der Titelsong ("Whoooooo are youuuuuu") ertönt eine gefühlte Million Mal. So werden die schlanken 71 Minuten (!) Laufzeit zur Geduldsprobe! Nur eine kurze Hatz durch die Galeries Lafayette sorgt für kurzes Aufwachen, dann geht's wieder weiter mit "Du warst es" etc. Der Schluß ist schön perfide.

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Julio Sacchi
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Re: Julios frankophile Ecke

Beitrag von Julio Sacchi » Do 8. Apr 2021, 17:09

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DER SCHLACHTER (1970)
Ein malerisches Dorf im Périgord. Die Sonnenstrahlen des Spätsommers fallen auf typisch französische Häuser und Gassen, es ist noch wunderbar grün, ein einladender kleiner Ort, an dem man sofort sein möchte und bei einem Kaffee den frühen Abend genießen. Hier scheint sich eine Romanze zwischen der Schulleiterin (Stéphane Audran) und dem ortseigenen Schlachter (Jean Yanne) anzubahnen. Man verbringt gern Zeit mit diesen Menschen, die Annäherung ist überaus entwaffnend, zum Beispiel bringt der Schlachter seiner Angebeten statt Blumen eine schöne Lammkeule in den Unterricht. Daß im Wald der brutale Mord an einer jungen Frau passiert ist, nimmt man nur en passant wahr. Aber dann wird klar, daß die Schulleiterin gar keine Romanze möchte, mit niemandem, auch mit dem freundlichen Schlachter nicht, und da passiert ein zweiter Mord, das frische Blut tropft dickflüssig auf das Butterbrötchen eines kleinen Mädchens. Und die Schulleiterin hat plötzlich Grund zur Annahme, daß ihr Verehrer ein bestialischer Mörder ist.

Chabrol widmet sich einem seiner Lieblingsthemen und legt die Fratze des Bösen hinter der bürgerlichen Fassade frei. In LE BOUCHER gelingt ihm das besonders eindrücklich, weil das Grauen in ein so wunderschönes Ambiente Einzug hält. Der fast naturalistische Stil seiner Inszenierung weicht schleichend der Verunsicherung des Unheimlichen, die atonale Musik kündet schon früh vom Schrecken. Am Ende liegt das malerische Örtchen tief in den Schatten der Nacht versteckt, die Straßen menschenleer in fast undurchdringlicher Dunkelheit, die Häuser geisterhaft. Die letzten sechzig Sekunden des Films sind unvergeßlich; ein Mensch von der Scheinwerfern seines Autos, die Nacht weicht dem diffusen Blau des Morgengrauens, Fassungslosigkeit, Einsamkeit, Resignation. Das Bild springt weg, immer weiter, nur noch zwei Lichter in dieser vermeintlich schönen kleinen Welt. Eine weitere schreckliche Geschichte, ein trauriges Schicksal, von dem keiner weiß. Es wird wohl viele geben, aber man findet sie nicht in den Sonnenstrahlen des Spätsommers, sondern im Dunkel der Nacht.

Ein großer Film.

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Julio Sacchi
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Re: Julios frankophile Ecke

Beitrag von Julio Sacchi » Di 12. Okt 2021, 08:30

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600 KILO PURES GOLD
Temporeiches und intensives Dschungelabenteuer, in dem man die Hitze flirren sehen und die Luftfeuchtigkeit fast spüren kann. Leider bleibt dem Film ein anständiges Finish versagt - und daß es mal wieder die Frau ist, die mit einer emotionalen (moralischen?) Handlung das Unternehmen gefährdet, stieß mir auch ein bißchen sauer auf. Trotzdem, gute Unterhaltung!

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Re: Julios frankophile Ecke

Beitrag von Julio Sacchi » Mo 18. Okt 2021, 14:32

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DER UNSICHTBARE AUFSTAND (1970)
Hochkonzentriertes Politkino vom Meister dieses Genres. Costa-Gavras beschäftigt sich wie im Vorgänger Z mit den Machtverhältnissen in einem autoritär geführten Regie und greift dabei erneut auf wahre Vorkommnisse zurück. Der Film rollt in Rückblenden die Hintergründe des Mordes an einem Entwicklungshelfer (Montand) in Uruguay auf und legt dabei die bis heute gültige politische Agenda der USA, nämlich im Dienste eigener Interessen in Südamerika faschistoide Machthaber einzusetzen. Dabei ist sowohl die freie Presse (hier repräsentiert durch O.E. Hasse) als auch der organisierte Widerstand so gut wie machtlos. Wie in allen seinen besten Filmen glückt Costa-Gavras die Balance zwischen politischer Agenda und dichtem Spannungskino aufs Vortrefflichste. Besonders faszinierend sind die Szenen, in denen Montands Entführer auf gewaltfreie Art und Weise nach und nach dessen wahre Motive freilegen. Mikis Theodorakis bespielt das mit einem ungewöhnlichen, dabei verblüffend passenden Score. Grosses, ernsthaftes Kino frei von Kitsch und Lüge.

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Re: Julios frankophile Ecke

Beitrag von Julio Sacchi » Do 18. Nov 2021, 11:27

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KOPFJAGD - PREIS DER ANGST (1983)
Neben Tom Toelles tollem MILLIONENSPIEL die zweite offizielle Adaption von Robert Sheckleys PRIZE OF PERIL (von den unerlaubten Rip-Offs wie RUNNING MAN will ich gar nicht erst anfangen). Yves Boissets Vision des ultimativen TV-Zynismus, also der live übertragenen Menschenjagd, kann mit Toelles Film nicht mithalten. Die Satire ist zunächst vordergründiger und tritt wiederum in der zweiten Hälfte fast komplett in den Hintergrund, wenn die - gut gemachte - Hatz auf den armen Gérard Lanvin losgeht und den Film dominiert. Trotzdem hat LE PRIX DU DANGER einiges zu bieten. Michel Piccoli ist in der Rolle des Showmasters eine echte Schau! Mit dem zurückgegelten Haar und den Flusen am Hinterkopf sieht er aus wie der Vater von Steven Seagal. Seine Bühnenperformance ist herrlich prätentiös, exaltiert und gekennzeichnet von pausenlosem Geschwätz. Herrlich! Lanvin, der die Rolle nur wegen Patrick Dewaeres Freitod erhielt, ist als sexy Prolet mit Blick aufs grosse Geld ebenfalls eine Idealbesetzung. Wie ihm die dicke Fresse vergeht, als die Jagd beginnt und er nur noch am Rennen ist, sorgt für atemlose Spannung. Die Hatz fühlt sich echt an. Belgrad bietet eine angemessen triste Kulisse für die brutale Verfolgung, die dasselbe Ende nimmt wie die Vorlage. In Nebenrollen kriegt man obendrauf Marie-Francoise Pisier als TV-Produzentin und Bruno Cremer in der Rolle des eiskalten Senderchefs zu sehen! Kein perfektes, aber ein sehenswertes Stück französisches Actionkino, das immerhin 1,3 Millionen Franzosen, aber nur 170.000 deutsche Zuschauer für sich begeistern konnte.

Ein Fest für Synchronfans: G.G. Hoffman hängt sich als Stammsprecher Piccolis richtig rein und wie jeder Proll der 80er wird auch Lanvin natürlich von Manne Lehmann gesprochen!

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Re: Julios frankophile Ecke

Beitrag von JimmyPage » Do 18. Nov 2021, 16:19

Julio Sacchi hat geschrieben:
Do 18. Nov 2021, 11:27
Ein Fest für Synchronfans: G.G. Hoffman hängt sich als Stammsprecher Piccolis richtig rein und wie jeder Proll der 80er wird auch Lanvin natürlich von Manne Lehmann gesprochen!
:P
G.G. Hoffmann natürlich :clap:
äffle: "was isch groß?" - pferdle: "stuttgart!" - äffle: "was isch größer?" - pferdle: "der neckar!" - äffle: "und was isch am größten?" - pferdle: "hmm, spätzle und linsen!"

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Re: Julios frankophile Ecke

Beitrag von Julio Sacchi » So 31. Jul 2022, 10:38

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PARADISE BEACH (2018)
Sami Bouajila als glückloser Gangster, der bei einem Raubüberfall angeschossen wird und darum für seine Buddies die Rübe hinhalten muss. Nach 15 Jahren Knast spürt er seine alte Gang im thailändischen Paradies von Phuket auf und möchte nun verständlicherweise seinen Anteil von damals haben. Die auch weiterhin in der kriminellen Halbwelt aktiven Asis haben aber selber schwer unter den Folgen des Tsunamis und den Verstrickungen mit der ansässigen Polizei zu leiden. Also setzt es bald Bunkerschellen und frisches Schrot.
Anfangs starker französischer Gangsterkrimi, den Regisseur Xavier Durringer von Olivier Marchal geerbt hat. Krass, wie übel die Franzosen (die arabischstämmigen Franzosen?) immer noch archaische Männer- und Frauenbilder leben, auch ohne Homophobie scheint es immer noch nicht zu gehen. Der Film hat einen für eine Stunde mit seinen schön asozialen Figuren und der traumhaften Kulisse richtig gut am Sack, danach wird es aber leider etwas beliebig. Dennoch: Gutes französisches Genrekino.

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Sylvio Constabel
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Re: Julios frankophile Ecke

Beitrag von Sylvio Constabel » So 31. Jul 2022, 11:31

Huch, den kenne ich doch auch. Blieb allerdings nicht viel hängen. So'n typischer Netflixstream halt.
Bei Sylvio mag ich, er guckt halt auch viel mit dem Herzen. Jimfried Nullinie

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Re: Julios frankophile Ecke

Beitrag von Bewitched240 » Mo 1. Aug 2022, 09:53

Sami mag ich. Cooler Typ.
Film ging irgendwie auch an mir vorbei. Ist auf der Liste. :thumbup:

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