Sidney Lumet
- Julio Sacchi
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Re: Sidney Lumet
THE MORNING AFTER wiedergesehen.
Als Thriller vermarktet, irgendwie auch als Thriller konzipiert, in Wahrheit aber eher alles andere als ein Thriller: Psychogramm einer abgeschriebenen Alkoholikerin, Liebesgeschichte mit Odd Couple und berückend schön fotografierter LA-Film. Jane Fonda zieht alle Register, manchmal auch das eine oder andere zu viel, während Bridges recht lange braucht, um seine Rolle zwischen tapsigem Polohemd-Simpel und verletztem Private Eye auszutarieren. Lumets Inszenierung ist so makellos wie die Bilder, allerdings lässt ihn die Story im Stich und der Film mäandert auf halbem Weg zu De Palma ins Nirgendwo. Bekannte Gesichter wie Raul Julia, Rick Rossovich, Kathy Bates oder Bruce Vilanch (?!) lenken ständig von drohender Langeweile ab. Aber was ist da mit der Musik los, war Lumet in den 80ern taub?! Erst dieses Gedudel und dann der Ohrenkrebs von Q&A und Family Business, furchtbar!
Als Thriller vermarktet, irgendwie auch als Thriller konzipiert, in Wahrheit aber eher alles andere als ein Thriller: Psychogramm einer abgeschriebenen Alkoholikerin, Liebesgeschichte mit Odd Couple und berückend schön fotografierter LA-Film. Jane Fonda zieht alle Register, manchmal auch das eine oder andere zu viel, während Bridges recht lange braucht, um seine Rolle zwischen tapsigem Polohemd-Simpel und verletztem Private Eye auszutarieren. Lumets Inszenierung ist so makellos wie die Bilder, allerdings lässt ihn die Story im Stich und der Film mäandert auf halbem Weg zu De Palma ins Nirgendwo. Bekannte Gesichter wie Raul Julia, Rick Rossovich, Kathy Bates oder Bruce Vilanch (?!) lenken ständig von drohender Langeweile ab. Aber was ist da mit der Musik los, war Lumet in den 80ern taub?! Erst dieses Gedudel und dann der Ohrenkrebs von Q&A und Family Business, furchtbar!
- SvenT
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Re: Sidney Lumet
Huch, den kenne ich ja gar nicht.
Was Musik angeht, kann man aber zur Ehrenrettung vielleicht sagen, dass in Achtzigern noch ganz andere Kandidaten mit furchtbarer Musik hantierten.
Was Musik angeht, kann man aber zur Ehrenrettung vielleicht sagen, dass in Achtzigern noch ganz andere Kandidaten mit furchtbarer Musik hantierten.
- Julio Sacchi
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Re: Sidney Lumet
In den USA ein Achtungserfolg, wurde irgendwie als ne Art Comeback für Jane Fonda gehandelt, wohl auch wegen der Oscar-Nominierung.
- Julio Sacchi
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Re: Sidney Lumet
A STRANGER AMONG US wiedergesehen.
Lumet total geflasht von der chassidischen Community. Und wie so oft, wenn Filmemacher von irgendner Community geflasht sind, wird auch hier jedes Maß verloren: Bei der dritten Montage von Brotbacken und Kreistanzen schlägt sich die unfreiwillige Komik Bahn. Sehr lustig auch die absurd fehlbesetzte Piepsmaus Melanie Griffith als vom Leben abgehärtere "Police Person" mit dem ganz großen Mantra ("You should have seen the things I've seen). Griffith treibt ihr patentiertes Zwangsgeräusper mal wieder auf die Spitze, stöndig möchte man ihr Rachendrachen zuwerfen.
Daß das alles mal als Krimi anfing, spielt bald keine Rolle mehr, und wo der thematisch oberflächlich verwandte WITNESS nie belehrend wurde, muß Griffith die archaischen Regeln der Chassidim als life-changing experience begreifen - a wife, a mother, what can be more important than that?
Der Film sieht immerhin ganz gut aus (fotografiert von Andrzej Bartkowiak), kann darüber hinaus aber leider unter Totalausfall wegsortiert werden.
Lumet total geflasht von der chassidischen Community. Und wie so oft, wenn Filmemacher von irgendner Community geflasht sind, wird auch hier jedes Maß verloren: Bei der dritten Montage von Brotbacken und Kreistanzen schlägt sich die unfreiwillige Komik Bahn. Sehr lustig auch die absurd fehlbesetzte Piepsmaus Melanie Griffith als vom Leben abgehärtere "Police Person" mit dem ganz großen Mantra ("You should have seen the things I've seen). Griffith treibt ihr patentiertes Zwangsgeräusper mal wieder auf die Spitze, stöndig möchte man ihr Rachendrachen zuwerfen.
Daß das alles mal als Krimi anfing, spielt bald keine Rolle mehr, und wo der thematisch oberflächlich verwandte WITNESS nie belehrend wurde, muß Griffith die archaischen Regeln der Chassidim als life-changing experience begreifen - a wife, a mother, what can be more important than that?
Der Film sieht immerhin ganz gut aus (fotografiert von Andrzej Bartkowiak), kann darüber hinaus aber leider unter Totalausfall wegsortiert werden.
- Julio Sacchi
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Re: Sidney Lumet
POWER wiedergesehen.
Wie so viele seiner Filme aus den 80ern und 90ern ist dies ein 'lesser Lumet'; von Bartkowiak schön gedreht, aber spannungsarm, ausgefranst und wieder mal mit einem unseligen Cy-Coleman-Score geschlagen. Schauspielerisch allerdings durchweg interessant: Das reicht von extrem gut (JT Walsh und ein junger, eisiger Denzel Washington) über extrem schlecht (Beatrice Straight) bis zu extrem Gere - ein derart vollständiges Best Of seiner Ticks und Manierismen wird man in keinem anderen Film finden. POWER will aus sattsam bekannten Zuständen im amerikanischen Wahlkampf den Scoop des Jahrzehnts machen, das ist in manchen Szenen schon fast peinlich. Der Film erstarkt ausgerechnet in dem Moment, als er zum Märchen wird.
Wie so viele seiner Filme aus den 80ern und 90ern ist dies ein 'lesser Lumet'; von Bartkowiak schön gedreht, aber spannungsarm, ausgefranst und wieder mal mit einem unseligen Cy-Coleman-Score geschlagen. Schauspielerisch allerdings durchweg interessant: Das reicht von extrem gut (JT Walsh und ein junger, eisiger Denzel Washington) über extrem schlecht (Beatrice Straight) bis zu extrem Gere - ein derart vollständiges Best Of seiner Ticks und Manierismen wird man in keinem anderen Film finden. POWER will aus sattsam bekannten Zuständen im amerikanischen Wahlkampf den Scoop des Jahrzehnts machen, das ist in manchen Szenen schon fast peinlich. Der Film erstarkt ausgerechnet in dem Moment, als er zum Märchen wird.
- Julio Sacchi
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Re: Sidney Lumet
NIGHT FALLS ON MANHATTAN
In einem Jahrzehnt von "lesser Lumets" ist das schon fast premium Lumet. Die erste halbe Stunde ist so unfaßbar gut geschrieben, daß einem vor Begeisterung die Spucke wegbleibt. Wie da Figuren eingeführt und erklärt werden, ohne daß sie sich selbst erklären müssen, wie da in wenigen Bildern die ganze Welt einer Figur eröffnet wird, das ist schlicht Masterclass. Lumet macht hier wieder ein großes Faß auf, eins seiner Lieblingsfässer nämlich: Korruption bei der New Yorker Polizei, und das im Rahmen eines Justizdramas. Zum Ende hin schwächelt das ein bißchen, es wird dann doch alles zu sehr auf privater Ebene verhandelt, aber dennoch ein absolut sehenswerter Film mit tollen Darstellerleisutungen, insbesondere von Holm, Dreyfuss und einem sagenhaft geilen Ron Leibman.
Musik ist aber wieder scheiße!
In einem Jahrzehnt von "lesser Lumets" ist das schon fast premium Lumet. Die erste halbe Stunde ist so unfaßbar gut geschrieben, daß einem vor Begeisterung die Spucke wegbleibt. Wie da Figuren eingeführt und erklärt werden, ohne daß sie sich selbst erklären müssen, wie da in wenigen Bildern die ganze Welt einer Figur eröffnet wird, das ist schlicht Masterclass. Lumet macht hier wieder ein großes Faß auf, eins seiner Lieblingsfässer nämlich: Korruption bei der New Yorker Polizei, und das im Rahmen eines Justizdramas. Zum Ende hin schwächelt das ein bißchen, es wird dann doch alles zu sehr auf privater Ebene verhandelt, aber dennoch ein absolut sehenswerter Film mit tollen Darstellerleisutungen, insbesondere von Holm, Dreyfuss und einem sagenhaft geilen Ron Leibman.
Musik ist aber wieder scheiße!
- JimmyPage
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Re: Sidney Lumet
Gestern mal wieder "Mord im Orientexpress" geguckt. Ist und bleibt meine Lieblingsverfilmung von Agatha Christie. Auch wenn man aufgrund der Figuren und ihrer blassen Hautfarbe unweigerlich an einen Ausflug des ADFT-Talks denkt ist das hier ein Rätselspaß erster Klasse. Unglaublich werkgetreu gibt Lumet hier den Figuren und dem Fall Raum zum atmen (anders als bei Branagh, hier stand Poirot bzw. Branagh selbst im Vordergrund). Die Blicke am Zug wenn Poirot auch ankommt und seinen Namen sagt. Pures Gold. Verständnis und Herz wird hier auch aufgebracht wenn Poirot dem Stewart im Verhör sein Beileid ausdrückt und später ihn während der Konfrontation mit den Fakten einfach in den Arm nimmt. Finney spielt das allgemein einfach unglaublich vor allem beim Vortragen der Fakten die einem wie ein Plädoyer vor Gericht vorkommen. Das Ende dann im Vergleich zum Buch ein bisschen abgewandelt. Gefällt mir aber besser. 9/10 Kringelbärten
äffle: "was isch groß?" - pferdle: "stuttgart!" - äffle: "was isch größer?" - pferdle: "der neckar!" - äffle: "und was isch am größten?" - pferdle: "hmm, spätzle und linsen!"
- SvenT
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Re: Sidney Lumet
Bei Jimmy ist schon Karfreitag Ostern. Richtig so, ein super Film, genau richtig für einen Feiertag. Kam auch früher gerne an Festtagen in der Glotze. Schön am Nachmittag, mit Butterkuchen und Tee.
- JimmyPage
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Re: Sidney Lumet
Da gab's "Mörder Ahoi" mit Miss Marple
den Tee gab's aber auch
den Tee gab's aber auch
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- SvenT
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Re: Sidney Lumet
Oh, wir brauchen noch einen Miss-Marple-Thread.