Interviews/Artikel von/mit/über Filmschaffende(n)

Auf der Suche nach der besten Literaturverfilmung oder dem männlichsten Schauspieler?
Antworten
Benutzeravatar
Yuki
Beiträge: 10257
Registriert: Di 8. Mai 2012, 02:21

Re: Interviews/Artikel von/mit/über Filmschaffende(n)

Beitrag von Yuki » Di 26. Okt 2021, 18:34

Chappelle lässt sich aber nicht wirklich an Homosexuellen und Transsexuellen aus. Jedenfalls nicht exklusiv :lol: . Er beschwert sich darüber, dass ein Schwarzer immer noch mehr für seine Rechte kämpfen muss als ein Mitglied der LBGT-Kultur. Er sagte mehrmals, dass das alles nur Neid auf den Erfolg dieser Bewegung ist. Und beschwerte sich auch schon oft darüber, dass die Zuschauer genau dann lachen, wenn er eigentlich garkeinen richtigen Witz macht, sondern Stereotypen so überzeichnet vorführt, dass dem klugen Zuhörer eigentlich klar werden sollte, wie schwachsinnig Stereotypen und Vorurteile generell sind. Klar, wagt der sich hier und da extrem weit aus dem Fenster, aber Seinfeld und Chappelle haben völlig andere Intentionen und machen auch ganz andere Gags. Selbstzufrieden ist Chappelle trotzdem, wäre ich bei den 20 Mio aber auch mrgreen: !

Benutzeravatar
Nahaufnahme
Beiträge: 4094
Registriert: Sa 12. Mai 2012, 19:53
Wohnort: Berlin

Re: Interviews/Artikel von/mit/über Filmschaffende(n)

Beitrag von Nahaufnahme » Di 26. Okt 2021, 19:44

...
Zuletzt geändert von Nahaufnahme am Di 26. Okt 2021, 19:53, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Nahaufnahme
Beiträge: 4094
Registriert: Sa 12. Mai 2012, 19:53
Wohnort: Berlin

Re: Interviews/Artikel von/mit/über Filmschaffende(n)

Beitrag von Nahaufnahme » Di 26. Okt 2021, 19:50

Yuki hat geschrieben:
Di 26. Okt 2021, 18:34
Er beschwert sich darüber, dass ein Schwarzer immer noch mehr für seine Rechte kämpfen muss als ein Mitglied der LBGT-Kultur.
Eben. Ich habe das Special gesehen. Der begrenzte Blick auf die USA, Afrika spielt keine Rolle? Warum fällt das einem heterosexuellem Afro-Amerikaner nicht auf, wie furchtbar falsch das ist? Die schwulen Schwarzen in den USA wissen es dagegen nur zu gut und sind zurecht wütend über die Ignoranz. Chappelle wünscht sich die alten Schwulen zurück, denen es angeblich bloß ums glory hole ging (führt er tatsächlich an dem Bild aus) und nicht die Pronomen (was primär die Transmenschen und nicht Schwule oder Lesben interessiert, ist bei ihm aber manchmal ununterscheidbar). Die weißen MAGAS möchten die vollrassistische USA zurück und Chappelle die Homosexuellen wieder an dem Punkt ohne Gleichstellung, Schwarze (heterosexuelle!) haben Vorrang - keine Antwort gibt er darauf, wo denn die LGBT-Gruppe weiter sei). Das ist das Fazit, ich hatte es schon bei seinen letzten Auftritten mitbekommen, wo es aber deutlich weniger Raum einnahm. (Diesmal 3/4 weil er das Thema durchs ganze Programm streckt). Den 12, x % Schwarzen in den USA stehen 5-10% LBGT gegenüber und die heterosexuellen schwarzen Männer haben ein Homophobieproblem, das sich mit dem junger männlicher Muslime vergleichen lässt. Damit werden bewusst Ressentiments bedient.

Das andere Problem ist, was er im Vergleich zu den Rechten der LGBT community bewusst als Schwarzer kritisiert, bringt er bis auf eine Ausnahme, die er persönlich kannte (eine schwarze, tote Transcomedian) nie mit echter Anteilnahme für schwarze Gleichstellungspolitik in Verbindung. In den Trump-Jahren gab es von ihm keine bitterbösen Abrechnungen oder Vergleiche z.B. mit privilegierten, weißen Elite-Studenten, denen, die Trump ermöglichten und so fehlt im aktuellen Programm jeder Bezug zu den Wahlerschwernissen für die Schwarzen in den Südstaaten, dabei ließe sich schon anhand von einfachen Grafiken im Hintergrund z.B. der Irrsinn beim Gerrymandering ins Lächerliche ziehen, wäre eine nette Unterstützung für Stacey Abrams und andere schwarze Aktivisten. Aber nein, Identitätsgespotte wie bei Bill Maher und Dieter Nuhr (die das als Weiße kaum anders machen, obwohl Nuhr solche Vergleiche mangels Schwarzer gar nicht ziehen kann). Es geht mir auf die Nerven, das seit meiner Kindheit so mitzubekommen. Also mehr als 50 Jahre Hofnarren der Mächtigen zuzuhören, mit der gleichen Attitüde bei Rechtfertigungen (siehe den Hinweis zu Stereotypen. Die gibt es doch nur wegen Endloswiederholungen von Stereotypen in Kitas über Schule zum Arbeitsplatz), die selbst bei viel jüngeren und intelligenten Zeitgenossen wie Dir noch ein bisschen Zustimmung finden. Zu unkreativ oder mutlos, um sich an den Mächtigen festzubeißen, aber irgendwas unter die Gürtellinie bei Homosexuellen ist immer drin. Dass Chappelle die Bögen professionell spannen kann, verstehe ich auch und ich fand den selbst mal gut (die Rassimus-Thematik hat früher gesessen) aber die Gesichter der (vermutlichen) LGBT-Zuschauer in den vorderen Reihen, die während des Programms versteinerten, sind mir ebenso aufgefallen, die spiegelten meine Gefühle wider.

Benutzeravatar
Yuki
Beiträge: 10257
Registriert: Di 8. Mai 2012, 02:21

Re: Interviews/Artikel von/mit/über Filmschaffende(n)

Beitrag von Yuki » Di 26. Okt 2021, 20:56

Also ich find seine Sachen ja nicht unbedingt konsequent gut (aber die Hälfte schon witzig, aber halt das Gesamtwerk), ich hab z.B. CLOSER nur zur Hälfte gesehen bis jetzt, sah aber die anderen Netflix-Specials davor und das war ja die gleiche Sache im Prinzip und bot in Ansätzen dieselbe Problematik. Da gab es auch schon eins, zwei Momente, wo ich Schlucken musste (die Michael Jackson Story tlw.).

Mir ging es jetzt vorallem darum, dass zwischen Chappelle und Seinfeld mindestens eine ganze Welt liegt :mrgreen: .

Er wurde ja erst am Ende der Trump-Zeit so richtig aktiv, soweit ich mich erinnere? Eins, zwei Bemerkungen fielen ja am Anfang mal, aber ich glaube, so richtig sein Thema isses einfach nicht. Es wären ja auch einfache, wenig provokante Gags gewesen, die ebenso eindeutig einer anderen Seite und deren Ressentiments in die Hände spielen könnten :mrgreen: . Er hat sich da halt irgendwie rausgehalten, bzw. macht sich ja auch 'nen Jux draus, Millionen bei Netflix nachzuholen und einfach über Persönliches zu erzählen, bzw. gleichzeitig die Leute noch ein wenig vorzuführen. Die ganzen anderen Themen trafen ihn persönlich halt mehr. Nach seinem Exitus musste er sich vlt. auch erst wieder in die Beklopptheit der westlichen Welt einfinden, bevor er drüber reden konnte :mrgreen: .

Zu dem begrenzten Blick: Ich glaube man kann von so einem Comedian/Satiriker nicht verlangen, dass er auch noch die Misstände in anderen, ihm eher unbekannten Ländern mit einbezieht. Ich fände das auch ein bißchen ignorant, wenn er es versuchen würde. In erster Linie kennt er halt die USA und Afrika, denke ich mal? Das, was da passiert, ist halt sein Thema.

Ich finde übrigens das einige seiner Geschichten eher ein Versuch sind, den ganzen homophoben Leuten und all ihren Ressentiments bspw. nicht in die Hände zu spielen - wie du meintest, sondern eher auf ne dämliche Art andere (Lebens)Einstellungen näher zu bringen. Weil nur so kommt es doch beim Publikum an, das hat Chappelle ja schon damals gemerkt, als seine Show so missverstanden wurde? Wenn er sowas sagt, wie 'dass er es ganz schön mutig findet, wenn man sich z.B. einer Geschlechtsumwandlung unterzieht' - natürlich in seiner unverblümten "Sprache" :mrgreen: , finde ich, da kommt schon ehrlich 'ne gewisse Ehrfurcht und Respekt rüber. Durch gewisse Stories, so schmutzig und primitiv er sie auch vorträgt manchmal, entsteht doch eine gewisse Nähe zu genau diesem hasserfüllten Publikum, welches sich einerseits verstanden fühlt, doch anderseits diesen Typen vorgesetzt bekommt, der zwar (fast) so redet wie sie und ähnliche Beschwerden hat, aber doch differenzierter damit umgeht als die meisten von den Zuhörern. Ich höre bei Chappelle halt selten wirklichen Hass raus. Frust und Unzufriedenheit halt manchmal, eigentlich schon fast mehr eine resignierte Verzweiflung - deswegen wirken die Gags auch manchmal so unter der Gürtellinie und daneben. Das ist mehr als bei den meisten Comedians, die sich eben jener Ressentiments bewusst bedienen. Ich glaube, dass manches schon anders bei dem Publikum stecken bleibt und positiv zum Nachdenken anregt, als du vlt. vermutest. Das Publikum sind ja auch nicht Du oder Ich, was er anpeilt, sondern eben Leute, die völlig anders denken. Die umzustimmen erfordert halt nicht deine oder meine Denke, sonst wären die ja schon im anderen Lager, sondern 'ne andere Denke, so 'ne Brücke zwischen doofer Ansicht über "Aha, so ist das also." (im besten Falle weckt das Neugier) zu "Garnicht so schlimm und eigentlich muss es mich auch nix angehen." (im schlimmsten Falle Gleichgültigkeit, was besser ist als unterdrückter Hass imo xD?).

Für mich kommt es auch nicht so rüber, als ob Chappelle einfach nur den glory hole Typen von damals zurück will, sondern er will einfach, dass die Leute glücklich sind mit ihren Entscheidungen und ihr Leben leben. Sein Vergleich zieht doch daher, dass bei einigen priviligierten Personen heutzutage der Eindruck entsteht, dass bei jeder Kleinigkeit ein (mediales) Fass aufgemacht wird, anstatt damit persönlich in Resonanz zu gehen. Oder halt garnicht in Resonanz zu gehen, falls es einfach Bullshit war :mrgreen: . Und bei Kleinigkeit geht es halt gerade um sowas "Pronomen falsch benutzt, weil nicht gewusst." etc. Das ist ja zurückzuführen auf seine persönlichen Erlebnisse; Und seine Perspektive auf die Welt ist ja - als bekannte Persönlichkeit, der man quasi überall auflauert und anders begegnet als wildfremden Menschen - sowieso eine andere.

Ich versteh allerdings den Frust als Zuhörer in solchen Momenten schon. Ich reg mich selbst oft genug darüber auf, dass selbst in Deutschland der Hass gegenüber gewissen Personengruppen noch überall ist und krieg dafür dann auf die Nüsse, weil angeblich leben wir ja schon in einer Superwelt mit Regenbogen (finde ich nicht leider, aber sicherlich in einer besseren als meistens davor :mrgreen: ). Nichtdestotrotz regt mich aber trotzdem auch die Empfindlichkeit und die mediale Aufmerksamkeit von so manchen Spezialisten auf. Für und wegen Nix. Also steh ich was Chappelle's Ansicht angeht sowieso zwischen den Stühlen. Will halt nur sagen, ich verstehe halt, woher das bei ihm kommt und finde es z.B. wesentlich weniger "schlimm" oder "unüberlegt" als.... das was Serdar Somuncu bspw. so manchmal sagt. Nicht, dass ich da über alles lachen kann noch bei ihm oder alles unterschreiben würde. Aber zumindest guck ich mir seine Sachen noch an manchmal, das muss Stand-Up-Kram erstmal schaffen.

Benutzeravatar
Nahaufnahme
Beiträge: 4094
Registriert: Sa 12. Mai 2012, 19:53
Wohnort: Berlin

Re: Interviews/Artikel von/mit/über Filmschaffende(n)

Beitrag von Nahaufnahme » Di 26. Okt 2021, 22:50

Danke Dir für die differenzierten Ausführungen, ich verstehe Dich nun besser. ;) Manches teile ich sogar und anderes habe ich wenigstens auch mal gedacht:
Durch gewisse Stories, so schmutzig und primitiv er sie auch vorträgt manchmal, entsteht doch eine gewisse Nähe zu genau diesem hasserfüllten Publikum, welches sich einerseits verstanden fühlt, doch anderseits diesen Typen vorgesetzt bekommt, der zwar (fast) so redet wie sie und ähnliche Beschwerden hat, aber doch differenzierter damit umgeht als die meisten von den Zuhörern.
Das schien mir früher die Absicht gewesen zu sein, aber irgendwann war das in meinen Augen weg, die verspottete Community nervt ihn nun echt.
Yuki hat geschrieben:
Di 26. Okt 2021, 20:56
Aber zumindest guck ich mir seine Sachen noch an manchmal, das muss Stand-Up-Kram erstmal schaffen.
Allerdings, kommt bei mir auch nur selten vor.

Benutzeravatar
Julio Sacchi
Beiträge: 29698
Registriert: Do 10. Mai 2012, 17:52

Re: Interviews/Artikel von/mit/über Filmschaffende(n)

Beitrag von Julio Sacchi » Mi 27. Okt 2021, 08:34

Wenn Auseinandersetzungen bzw. der Diskurs hier immer so liefen, wäre das wirklich das beste Forum der Welt. Ich finde, Ihr macht beide gute Punkte. Auf jeden Fall sehr lesenswerte Beiträge von Euch :thumbup:

Benutzeravatar
Sylvio Constabel
Beiträge: 31727
Registriert: Mo 11. Jun 2012, 15:34

Re: Interviews/Artikel von/mit/über Filmschaffende(n)

Beitrag von Sylvio Constabel » Do 20. Jan 2022, 12:18

Bei Sylvio mag ich, er guckt halt auch viel mit dem Herzen. Jimfried Nullinie

Benutzeravatar
Julio Sacchi
Beiträge: 29698
Registriert: Do 10. Mai 2012, 17:52

Re: Interviews/Artikel von/mit/über Filmschaffende(n)

Beitrag von Julio Sacchi » Do 20. Jan 2022, 12:26

ALTER DIE KOMMENTARE :crazy:

Benutzeravatar
Sylvio Constabel
Beiträge: 31727
Registriert: Mo 11. Jun 2012, 15:34

Re: Interviews/Artikel von/mit/über Filmschaffende(n)

Beitrag von Sylvio Constabel » Do 20. Jan 2022, 12:33

Nicht gelesen. Hätten se mal besser die Funktion gesperrt. :lolno:
Bei Sylvio mag ich, er guckt halt auch viel mit dem Herzen. Jimfried Nullinie

Benutzeravatar
Bewitched240
Beiträge: 16662
Registriert: Di 29. Mai 2012, 00:15

Re: Interviews/Artikel von/mit/über Filmschaffende(n)

Beitrag von Bewitched240 » Do 20. Jan 2022, 14:15

Jauch ist ein Depp.

Antworten