Warum euch Filmkritik nicht egal sein sollte

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Thorsten Hanisch
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Warum euch Filmkritik nicht egal sein sollte

Beitrag von Thorsten Hanisch » Mi 21. Mai 2014, 11:31

Warum euch Filmkritik nicht egal sein sollte

Schöner Text von Vega.

Wie steht Ihr zum Thema?
»Wenn man der Klügste im Raum ist, ist man im falschen Raum« (K. Lauterbach)

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Mr. Vincent Vega
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Beitrag von Mr. Vincent Vega » Mi 21. Mai 2014, 13:38

Ich glaube nicht, dass es hier dazu eine Diskussion geben wird.

Aber bei der Gelegenheit kann ich zumindest anmerken, dass ich eigentlich auch aufs Manifest verweisen wollte, das eines der wenigen filmkritischen Magazine ist, das wirklich unabhängig operiert (glaube ich jedenfalls). Da gibt es keinerlei Meinungsdiktat, keine Abhängigkeiten.

Habe mich dann aber doch entschieden, keine konkreten Beispiele ins Feld zu führen, weil ich dann auch die negativen hätte benennen müssen. Auf facebook entbrannte erst heute eine Diskussion über eine Äußerung der Deadline-Redaktion darüber, keine Verrisse zu tolerieren.
»Hey, ich kenn das, man hat nen knallvollen Terminplan und es ist 23 Uhr nachts und sonst hat niemand mehr offen und und und...« (Thorsten H.)

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Beitrag von Bewitched240 » Mi 21. Mai 2014, 13:46

Bei der Deadline fällt es sogar einem Blinden auf, dass die schwer parteisch sind.
Lese es aber trotzdem ganz gerne. Bietet einfach viel Info.

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Julio Sacchi
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Beitrag von Julio Sacchi » Mi 21. Mai 2014, 13:59

Was heißt "parteiisch"? Rezension steht immer direkt neben der Anzeige des DVD-Anbieters.
Nette Leute, aber unfaßbar schlecht geschriebene Texte (und die Interviews mit den Big Names sind EPK-Material).

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Beitrag von Bewitched240 » Mi 21. Mai 2014, 14:12

"Parteiisch" ist wohl der falsche Ausdruck. Sagen wir "werbeorientiert".

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Thorsten Hanisch
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Beitrag von Thorsten Hanisch » Mi 21. Mai 2014, 22:58

Mr. Vincent Vega hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass es hier dazu eine Diskussion geben wird.
Mag sein, wollte den Text trotzdem hier mal erwähnen, da ich den sehr schön find und im Prinzip 100% unterschreiben kann.

Was das Thema angeht, liegt so einiges echt im Argen.

Zum einen natürlich die Verflechtungen zwischen kommerziellen Aspekten und Inhalt, die meinem persönlichen Empfinden nach in den letzten Jahren immer stärker geworden sind. Die DEADLINE ist da nur ein Fall unter vielen (selbst ein Magazin, von dem ich wirklich nie gedacht hätte, dass das mit Anzeigenkunden busserlt, tickt da auch nicht wesentlich anders).

Natürlich muss das nicht immer in der totalen inhaltliche Verflachung enden, aber auf die Bremse gedrückt wird halt schon und das ist ausgesprochen schade.

Zum anderen natürlich auch das Verständnis von Filmkritik an sich. Hier hat sich eine Tendenz, dieser Warentest-mäßige Charakter, die ich schon in den ersten Manifest-Jahren beobachten habe, extrem verstärkt. Was sich sowohl auf die Leserschaft als auch auf (oft jüngere) Autoren bezieht (wir kriegen ja öfter Bewerbungen und irgendwie fährt das alles exakt eine Linie).

Klar, kann man so machen, machen wir hier und da auch, aber der Spielraum für Abweichungen wird halt kleiner und kleiner und ich find's halt wichtig, dass Filmkritik nicht nur Wegweiser ist, sondern, wie Du auch schreibst, zur Auseinandersetzung ermuntert und dieser Aspekt fehlt mir sehr oft. Und ich finde, dass liegt sowohl an mutlosen Schreibern, aber auch an der sinkenden Bereitschaft der Leser sich mal einer Position anzunehmen, die einem vielleicht nicht so 100% reinläuft.

Filmkritik ist - wie so vieles andere auch (Bildung) - über weite Teile streng durchökonomisiert worden, zweckgebunden, zielgerichtet, 7 Punkte von 10.

Was uns angeht: Vielen lieben Dank! Ja, wir sind total unabhängig, was aber natürlich auch mit allerlei Problemen verbunden ist.

Das wird aber trotzdem, wie immer es in Zukunft auch weitergehen mag, so bleiben, was auch sehr stark mit unseren Persönlichkeiten zu tun hat (und nein, das führ ich jetzt nicht aus :) ).
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Joachim Bauer
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Beitrag von Joachim Bauer » Mi 21. Mai 2014, 23:46

Meines Erachtens beweint Vegas Text und das pathetische Flugblatt letztlich einen Bedeutungsverlust der Filmkritik, der nicht gerechtfertigt ist. Filmkritik in dem Ideal, wie es in beiden Texten beschrieben wird, hat einen eher geringen, geschlossenen Adressatenkreis. Die Mehrheit der Filmgucker wollen, vermute ich, eher einen Geschmacksratgeber und keine kontextualisierte Auseinandersetzung mit dem besprochenen Film. Man sieht es ja auch in den Kommentaren zur Kolumne. Vor allem der Typ, der die Aussage von Vegas Text offenbar nicht verstanden hat, aber was von IMDB-Bewertungen und Usern bei MP faselt, die seinen Geschmack ebenso abdecken und als persönliche Leitlinie dienen.

Die sollen meinetwegen auch die flachen Rezensionen bekommen, die sie wollen. Bedenklich wird es, wenn Filmbesprechungen, die weit mehr ansprechen und beurteilen als den Unterhaltungsfaktor tatsächlich von der Bildfläche verschwinden und nur noch Geschmacksurteile übrig bleiben würden. Da bin ich ganz auf Vegas Linie. Dass aber eine ernsthafte oder zumindest ambitionierte Filmkritik auch einen Einfluss auf das Filmschaffen haben kann, wie es von Vega beschrieben wird, sehe ich nicht. Aber gut, liegt vielleicht aber auch daran, dass mir das Wissen hierzu fehlt, um das tatsächlich abschätzen zu können.
Die Spieler, wo dieser Sprache nicht mächtig sind, die sollen dann sich angewöhnen, das Deutsch zu lernen. (Mario Basler, rhetorisch geschulter, ehemaliger Fußballprofi)

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Kollerteral..
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Beitrag von Kollerteral.. » Do 22. Mai 2014, 10:52

Wollte neulich den Link zum Flugblatt für aktivistische Filmkritik hier posten, war aber unschlüssig wohin eigentlich damit. Da gab's höchstens noch den Pro-Filmwissenschaft!-Thread. Finde Filmkritiken gerade dann lohnenswert, wenn ich als Leser daraus auch etwas mitnehmen kann - egal ob vor oder nach dem Film. Das setzt beim Rezensenten indes einen entsprechenden filmwissenschaftlichen bzw. -theoretischen Background voraus. Wobei das Gros der Schreiberzunft sich halt damit begnügt, schlichte Reviews abzuliefern. Und für den Mainstream reicht das auch vollkommen aus.

Selbst die Beweihräucherungen im deutschen Feuilleton, egal ob Print oder Fernsehen (TTT, Aspekte & Co.), fallen in die gleiche Kategorie. Eine kritische Beschäftigung mit dem Thema Film findet mE. fast nur noch im Internet statt. Sei es in Blogs oder auf Special-Interest Websites (da gab's zB. mal senseofview.de oder mitternachtskino.de). 'Unabhängige' Print-Magazine können sich finanziell nur noch die Kirchen erlauben (EPD und Filmdienst), oder lokale Anzeigen-Blättchen, wie in NRW zB. alles aus der Berndt-Media Schmiede, wobei dort der Schwerpunkt klar auf Arthouse und Programmkino liegt.
"Guten Abend meine Damen und Herren. Heute war nix los. Und nun zum Wetter .."

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SvenT
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Beitrag von SvenT » Do 22. Mai 2014, 15:24

Für mich ist eine gute Filmkritik ein Stück Literatur, das etwas erzählen will, erkenntnisgewinnend und mit Freude am Thema und der Sprache.
Es gibt zwei Entwicklungen, die mir nicht gefallen.

Einmal die angesprochene Stiftung-Warentest-Mentalität, angerührt aus PR-Sätzen und Boulevard-News. Das ist die eine Richtung, in die Filmkritik geht.

Andererseits ist da die akademisch Schiene, die von Kultur- und Filmwissenschaftlern befahren wird. Sehr intellektuell, aber oft nicht allzu intelligent geschrieben scheint es vermehrt darum zu gehen, sich mit der eigenen akademischen Peer-Group zu messen: Wer am öftesten Deleuze-Fußnoten einfügen kann, der hat gewonnen.

Beide Richtungen gab es schon immer. Aber es gibt eben immer weniger dazwischen. Zumindest empfinde ich das so.

Das Gros meiner Filmbücher ist nebenbei bemerkt auch schon ein paar Jahrzehnte alt.

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Julio Sacchi
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Beitrag von Julio Sacchi » Do 22. Mai 2014, 15:27

Bin da bei Sven.
Das Wichtigste ist für mich die deutlich erkennbare eigene Stimme des Rezensenten. Ansonsten ist die Kritik ja völlig unbrauchbar für mich. Und ich finde Filmkritik online bis auf wenige Ausnahmen komplett austauschbar und langweilig, während Kritiken im Feuilleton mittlerweile viel Fachwissen vermissen lassen.

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