Western

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Julio Sacchi
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Re: Western

Beitrag von Julio Sacchi » Mo 22. Mär 2021, 14:41

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TREFFPUNKT FÜR ZWEI PISTOLEN (1964)
In der Anlage nicht uninteressanter, bewusst "anderer" Western, in dem fast kein Schuß fällt und der generell vorrangig am schwer einzusehenden Innenleben der Hauptfigur interessiert ist - Yul Brynner als Revolverheld, der sich bei seinem neuesten Auftrag den eigenen Dämonen stellen muß und schließlich Moral gegen Identität abwägt. Der Film hat einige gute Momente (besonders die Szene, in der Brynner Pat Hingle anweist, seinen Namen korrekt auszusprechen), aber auch einige doofe (Brynner zertöppert besoffen die halbe Stadt, weil seine Auserwählte nicht mit ihm durchbrennen will) und recht bald regiert leider die Langeweile. In Nebenrollen gibt es immerhin neben Hingle noch George Segal und Janice Rule von der Enterprise zu sehen.

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Julio Sacchi
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Re: Western

Beitrag von Julio Sacchi » Di 6. Apr 2021, 10:55

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DER STERN DES GESETZES (1957)
Anthony Perkins spielt einen blutjungen, mit seiner Aufgabe und den eigenen Ansprüchen komplett überforderten Sheriff, der sich vom zufällig in die Stadt einreitenden Kopfgeldjäger Henry Fonda Inspiration und Fortbildung verspricht. Absoluter Spitzenfilm. Der große Anthony Mann, den man endlich zum Regisseur-Kanon der 50er Jahre hinzufügen sollte, erzählt hier einen in atmosphärischen Schwarzweiß-Bildern herausragend fotografierten Western, der sich nie den üblichen Western-Klischees hingibt. TIN STAR erzählt von Rassismus, Gewalt und falsch verstandener Männlichkeit, ohne auch nur eine Sekunde zu predigen. Am Ende steht dementsprechend auch kein handelsüblicher Baller-Showdown, sondern die Konfrontation von blinder Gewalt und progressiver Souveränität. Darüber hinaus ist das natürlich hervorragend gespielt, insbesondere von Perkins und Fonda, bei denen auch die Chemie einfach stimmt. In Nebenrollen sind zu sehen: Neville Brand, John McIntire, der junge Lee Van Cleef und die sweete Betsy Palmer, die 23 Jahre später als Mrs. Vorhees ein wenig den Kopf verlor. Schöner Score von Elmer Bernstein.

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Julio Sacchi
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Re: Western

Beitrag von Julio Sacchi » Di 13. Apr 2021, 12:21

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DUELL IN DIABLO (1965)
Ein recht harscher Film. Die männliche Hauptfigur ist getrieben von Rache für seine von unbekannten Mördern skalpierte indianische Frau, die weibliche Hauptfigur wurde von Apachen entführt, geschändet und geschwängert und dann verstoßen - und kann weder in ihrer alten Welt, wo sie bespuckt wird, noch in der Welt der Indianer Fuß fassen.
Das sind düstere und komplexe Themen, die der Film aber letztendlich doch nur an das gegenseitige Abschlachten von Konföderierten und Indianern in einem Canyon verrät. James Garner und ein sehr cooler Sidney Poitier können dank komplett konturloser Figuren keinen Eindruck hinterlassen, das obliegt Bergman-Darstellerin Bibi Andersson in ihrer ersten Hollywood-Rolle. Die Action kommt ganz gut, aber was mir als Einziges und vermutlich für immer in Erinnerung bleiben wird, ist das Schicksal Dennis Weavers. Es ist nur ein Bild und man sieht auch nur einen zitternden Arm, aber meine Fresse, das ist hart. Da hat Ralph Nelson schon mal angekündigt, wie sein Wiegenlied vom Totschlag klingen würde.

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Julio Sacchi
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Re: Western

Beitrag von Julio Sacchi » Mi 14. Apr 2021, 08:47

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DIE FÜNF GEÄCHTETEN (1967)
Die Schießerei am OK Corral dieses Mal nicht als Finale, sondern als Einleitung. John Sturges erzählt von den historisch verbrieften Folgen des berühmten Shootouts und dem langwierigen Konflikt der Earps mit den Clantons. Bei der Geschichtstreue hat man allerdings vergessen, eine spannende Story zu erzählen, und hangelt sich episodisch an den Ereignissen entlang. Auf Heroisierung wird immerhin verzichtet. Jason Robards ist ok als Doc Holliday, aber James Garner der wohl blasseste Wyatt Earp der Filmgeschichte. Im Clanton-Clan fällt ein junger Jon Voight mehr auf als der eigentliche Antagonist Robert Ryan. Schöner Score von Jerry Goldsmith.

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Julio Sacchi
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Re: Western

Beitrag von Julio Sacchi » Do 15. Apr 2021, 09:18

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DER RICHTER VON COLORADO (1947)
Dieser auf den ersten Blick handelsübliche Romantikwestern widmet sich einem zu der Zeit im Kino nur selten verhandelten Thema: Die posttraumatischen Schäden von mental kriegsversehrten Soldaten. Oberst Glenn Ford mäht noch am letzten Tag des Bürgerkriegs den Feind mit Kanonen nieder, obwohl der doch schon die weiße Fahne gehisst hat. Ford kommt auch als Richter in Friedenszeiten nicht mehr klar, sein bester Kumpel William Holden versucht ihm irgendwie beizustehen. Leider lieben die zwei Männer auch noch dieselbe Frau.
Psychologisch interessanter, aber nicht komplett ausgereifter Film, der immerhin in einem höllischen Finale einen veritablen Höhepunkt findet. Ford spielt überzeugend gegen sein integres Image, während Holden ein bißchen blaß bleibt.

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Re: Western

Beitrag von Sylvio Constabel » Do 15. Apr 2021, 09:20

Unwort des Jahres 1931: Romantikwestern.
Bei Sylvio mag ich, er guckt halt auch viel mit dem Herzen. Jimfried Nullinie

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Re: Western

Beitrag von Julio Sacchi » Mo 19. Apr 2021, 11:53

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DER MANN AUS DEM WESTEN (1958)
Der Mann aus dem Westen war mal ein krasser Gangbanger. Das ist vorbei. Heute will er eine Schule aufbauen, ein gutes und gerechtes Leben führen und in die Zukunft schauen. Aber ein haarsträubender Zufall - ausgerechnet der Zug, der ihn diesem Ziel näher bringen soll, wird überfallen - treibt ihn unwillentlich zurück in die Hände seiner alten Bande von Outlaws.

Unglaublich, was der gottgleiche Anthony Mann hier 1958 für ein Brett abgeliefert hat! Gary Cooper spielt einen Mann aus dem Gestern, der sich vor dem Dampf einer einfahrenden Lokomotive noch erschrickt wie vor einem wilden Tier. Der Zug, der ihn endgültig ins Morgen fahren soll, dampft nach dem Überfall ohne ihn weiter, und ab da wird der zunächst noch fröhlich-trubelige Wilde Westen zum Vorhof der Hölle. Die Landschaften sind menschenleer, geisterhaft, statisch, geradezu tot; das Kaff, in dem am Ende der große Banküberfall steigen soll, sieht aus wie ein Skelett in der Steppe. Alles wirkt vergessen, abgehängt, aufgegeben; Cooper muß handeln, bevor die Langoliers diese Vergangenheit auffressen. Doch bei keinem der unfreiwillig beteiligten Unschuldigen gelingt es ihm zu verhindern, daß ihnen Gewalt angetan wird. Und die psychische und physische Gewalt ist hart in diesem Film, ob sexuell oder mit dem Schießeisen oder im Faustkampf; die Schlägerei zwischen Cooper und Jack Lord ist so zäh und ungeschönt brutal wie selten ein Fight in einem Western; hier hat John Carpenter für THEY LIVE sicher sehr genau hingeschaut. Als Cooper selbst zur Waffe greift, ist das kein heldenhafter Befreiungsschlag; der getroffene Bandit stolpert, vor Schmerz jaulend wie ein abgestochenes Schwein, durch die Geisterstadt und verreckt schließlich elendig im Staub. Es ist eine Hölle ohne Wiederkehr. "Du lebst in einer Welt, die es nicht mehr gibt", sagt Cooper im Showdown zum halbverrückten Gangleader Lee J. Cobb.

Vielleicht einer der besten Western, die ich je gesehen habe, karg und unnachgiebig, frei von Hoffnung und richtig gemein. Nur an Lee J. Cobb als Vaterfigur für den 11 Jahre älteren Gary Cooper musste ich mich ein bißchen gewöhnen.

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Julio Sacchi
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Re: Western

Beitrag von Julio Sacchi » Di 20. Apr 2021, 11:43

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COWBOY (1958)
Hotelconcierge Jack Lemmon möchte unbedingt Cowboy sein und überredet den knorrigen Viehtreiber Glenn Ford dazu, ihn mit auf den Trek zu nehmen. Was sich anlässt wie eine frühe Version der CITY SLICKERS (Ford ballert im Hotel mit dem Trommelrevolver die Kakerlaken ins Jenseits), entpuppt sich als Macho-Trip, der sich nicht zwischen Kritik am unmenschlichen Western-Lifestyle und Bewunderung für deren vermeintlicher Männlichkeit entscheiden kann. Am Ende ist Lemmon noch unsympathischer als sein Vorbild und der Film findet das auch noch lustig.
Für Tierfreunde gibt's ruppig zugerittene Pferde, lebendig begrabene Hühner, auf kleinstem Raum eingepferchte Rindviecher und zu allem Überfluß auch noch einen Stierkampf zu sehen. In Nebenrollen sorgen Brian Donlevy und Richard Jaeckel für leichtes Interesse.

Für Synchronfans: Lemmon wird leider noch nicht von Georg Thomalla, aber immerhin von Harald Juhnke gesprochen, und Glenn Ford hat die Stimme von Wolfgang Kieling!

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Re: Western

Beitrag von Sylvio Constabel » Di 20. Apr 2021, 11:48

Bei Dir rollen doch bestimmt schon Tumbleweeds durch die Bude. Im Dutzend.
Bei Sylvio mag ich, er guckt halt auch viel mit dem Herzen. Jimfried Nullinie

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Re: Western

Beitrag von Julio Sacchi » Di 20. Apr 2021, 11:56

Stimmt :D Hab gerade ne extreme Western-Phase :thumbup:

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