Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

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Julio Sacchi
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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » So 14. Jun 2020, 17:01

hardrain.jpg

HARD RAIN
Den sehe ich immer wieder gerne. Mag den noch jemand?
Superteurer Megaflop von Kamera-As Mikael Salomon (ABYSS). Ein sehr sympathischer Christian Slater als Geldtransportfahrer, der in einer sintflutartig verregneten Katastrophennacht auf Räuber Morgan Freeman und dessen Idiotenbande knallt. Schon nach einer Viertelstunde wird mit Jet-Skis durch ein geflutetes Schulgebäude gebraust. Der Support fällt mit einem augenrollenden Randy Quaid als entnervtem Sheriff und der wunderbar patenten Minnie Driver auch überdurchschnittlich gut aus. Sehr wirksam auch die Idee, das Ganze in einem Nest in Indiana und nicht in der Großstadt spielen zu lassen. An Schauwerten wird richtig was geboten und gegen Ende auch hinsichtlich der Figurenkonstellation die Karten nochmal neu gemischt. Memorabelste Szene ist für mich seit Kinobesuch aber diejenige, in der Slater sich bei steigendem Wasserspiegel in einer Gefängniszelle eingesperrt findet.
Wirklich ne richtig fette Sause mit einem tollen Score von Christopher Young. Im Segment "big budget action" ein echter Favorit.

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » So 23. Aug 2020, 11:06

hono.jpg
DER HONORARKONSUL (1983)
Nach THE LONG GOOD FRIDAY war Regisseur John Mackenzie natürlich ein Hotshot. Den Kredit hat er sich mit dieser gnadenlos gefloppten Graham-Greene-Verfilmung aber sofort wieder verspielt. Richard Gere kommt als Arzt auf der Suche nach seinem verschwundenen Vater in ein Kaff in Argentinien und begegnet dort Michael Caine als versoffenem Honorarkonsul und der schönen Prostituierten Elpidia Carillo. Bob Hoskins gibt als Polizeichef dem Affen Zucker. Den Rest kann man sich fast denken.
Es wird immer wieder gesagt, Gere sei fehlbesetzt in dem Film, aber das finde ich eigentlich gar nicht: Gerade seine Glätte, seine Kälte, sein reserviertes, fast stoisches Schauspiel verhindern erfolgreich jeden Anflug von Sympathie für diesen emotional und moralisch eingefrorenen Doktor. Caine zieht in einer vergleichsweise kleinen Rolle mit feinen Blicken und Gesten alle Register seines Könnens. Der Film selbst hat zwar seine Momente, wirkt aber insgesamt lahm und an sich selbst desinteressiert. Die Musik ist sehr 80er und sehr schlimm. Kann man gucken, wenn man Lust auf schwüles Südamerika hat.

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Di 22. Sep 2020, 16:36

idi amin.jpg
DER SCHLÄCHTER IDI AMIN (1980)
Weder historisch akkurater Geschichtsabriß noch Biopic des irren Diktators, eher ein Worst-of der Folterverbrechen und Attentate mit halbwegs konkretem historischen Bezug. Allerdings geht der Film auch als Exploitationgranate nicht so richtig in die Vollen; es gibt zwar ein bißchen Sleaze und einiges an Kunstblut zu sehen, aber zum veritablen Bahnhofskino fehlt irgendwie noch der letzte Funken Respektlosigkeit. Insgesamt eine auf perverse Weise unterhaltsame Erinnerung an einen fast vergessenen Unmenschen und Massenmörder, der sich in Saudi-Arabien einen schönen Lebensabend gemacht hat.
Daß Hauptdarsteller Joseph Olita sich mit seiner Performance ernsthaft um einen Oscar betrogen sah, kann wohl unter "groteske Selbstüberschätzung" wegsortiert werden, er spielt Amin nuancenfrei als gewalttätiges Riesenbaby. Erstaunlich, daß er die Rolle in MISSISSIPPI MASALA nochmal spielte. Noch erstaunlicher: Er trat später als General in der Schwarzwaldklinik auf!

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Mi 30. Sep 2020, 12:01

dirty deadly.jpg
THE DIRTY DOZEN - THE DEADLY MISSION (1987)
Teil der 3 Reihe und die zweite TV-Fortsetzung des Aldrich-Klassikers. Neben "Ernie" Borgnine ist vor allem Telly Savalas noch/wieder dabei, allerdings spielt er eine andere Rolle als damals :crazy: Kojak kommt in der Rekrutierungsphase auch arschcool rüber, wirkt im Kampfgeschehen mit Helm und stramm sitzender Uniform aber gelinde gesagt etwas, nun ja, kompakt. Das neue Dutzend setzt sich aus unbekannten bis maximal gesichtsbekannten (Randal "Tex" Cobb, Timothy und James van Patten) Darstellern zusammen, allenfalls Bo Svenson könnte man hervorheben, aber der gehört ja eh zum Inventar. Svenson spielt den obligatorischen Rapist, der sogar der Verbündeten hinter feindlichen Linien an die Wäsche will. Am Ende opfert er sich aber heldenhaft, also sind Vergewaltiger ja auch irgendwie ok oder so.
Die Sause ist natürlich fernsehgemäß blutleer und unaufregend, aber ganz unterhaltsam.

DirtyDozenFatalMission.jpg
THE DIRTY DOZEN - THE FATAL MISSION (1988)
Wieder sucht sich der an der Front etwas ältlich wirkende Savalas ein dreckiges Dutzend zusammen, dieses Mal ist neben Erik Estrada, Ernie Hudson, Alex Cord und John Matuszak sogar eine Frau dabei. Die wird gegeben vom attraktiven Fernsehgesicht Heather Thomas, die sich gar nicht so schlecht ins Geschehen einfügt. "Ernie" Borgnine verbleibt im Kommandostand, das Dutzend kapert dieses Mal einen Zug mit 12 Supernazis, die das "Fourth Reich" gründen wollen. Auch hier wieder ein Fernsehfilm, wie er im Buche steht (unauffällige Bildsprache, "saubere" Gewalt und dramatische Werbebreaks), aber recht unterhaltsam und im Finale sogar recht explosiv.
Bißchen merkwürdig fand ich die Szene, in der Savalas sein dreckiges Dutzend ("They are murderers and rapists!") für das erfolgreich absolvierte Training mit einem Lastwagen voller Frauen belohnt?!
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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Mo 16. Nov 2020, 10:58

shalako.jpg
Starker Western, der nicht nur ein originelles Sujet, sondern auch eine spannende Konfliktlage seiner gut gezeichneten Figuren entwickelt. Der Film mag ideologisch unentschieden sein, treibt sein Geschehen aber mit eiserner Härte voran und bestraft vor allem die Unmoralischen. Connery und Bardot können leider nur wenig mehr ausspielen als ihre Starpower, die interessanteste Rolle geht an den großen Peter van Eyck.

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Mo 7. Dez 2020, 12:01

smilla.jpg
Die Figur der schroffen, spröden und wunderbar eigensinnigen Smilla ist ganz wunderbar, und Julia Ormond füllt sie auch ganz wunderbar aus. In den Nebenrollen wird's allerdings käsig: Gabriel Byrne, der den ganzen Film über zu frieren scheint, verwechselt geheimnisvoll mit schläfrig, Richard Harris wird mit zwei Dialogsätzen abgespeist, der wunderbare Robert Loggia ist total fehlbesetzt und von Jürgen Vogels Auftritt will ich gar nicht erst anfangen. Was als spannendes Mysterium in einem dezidiert düster-kalten Kopenhagen beginnt, wird zur überkandidelten Räuberpistole vor der eindrucksvollen und eindrucksvoll verschenkten Kulisse Grönlands. Ein merkwürdig zusammengestoppelter Film mit einem nervigen Greggson-Williams/Zimmer-Permanentmuzak und dem katastrophalsten Schnitt, der mir seit langem untergekommen ist. Dennoch nicht ohne Reiz. Manchmal.

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Di 8. Dez 2020, 13:02

bat.jpg
Einer dieser mittelbudgetierten Flops aus den ausgehenden Achtzigern, die ich sehr mag, wie etwa auch BLUE HEAT oder DIGGSTOWN oder TRUE BELIEVER usw. Peter Markle, allenfalls bekannt für YOUNGBLOOD, erzählt diese Vietnamschnurre vom hinter feindlichen Linien abgestürzten Schreibtisch-Colonel als bildstarkes Actiondrama. Dabei unterschlägt der Film, daß die Rettung des echten Iceal Hambleton satte elf Tage dauert und die Leben von einem Dutzend Soldaten und fünf Luftfahrzeugen forderte. In BAT-21 ist der Spuk nach drei Tagen vorbei und es gibt jede Menge Pyrotechnik. Das ist spannend, gut gespielt von Hackman, Glover und Jerry "Snowman" und exzellent orchestriert von Christopher Young; vor allem aber liegt der Schwerpunkt auf der wachsenden Einsicht der Hauptfigur, daß Krieg dreckig und brutal ist, wenn man in ihm steckt und ihn nicht nur aus der Ferne dirigiert. Tolle Kamera von David Cronenbergs früherem Stamm-DP Mark Irwin.

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Mo 14. Dez 2020, 14:52

slaughter.jpg

IN COLD BLOOD
:roll:
Hatte ich als "recht gut" in Erinnerung. Der ist aber in Wirklichkeit total bescheuert! Glenn spielt den irgendwie besten Mann vom FBI (das wird nicht weiter untermauert, nur von irgendwem gesagt). In Wirklichkeit kriegt er aber bei seinen Ermittlungen nicht das Geringste auf die Kette, das macht alles sein offenbar komplett gestörter Sohn! Der 10jährige, unfassbar nervige Steppke (unfassbar schlecht gespielt von Glickenhaus' Sohn Jesse, man beachte die Gesichtsdisco beim Latschen durch die Höhle des Killers) malträtiert seinen Dad mit immer neuen Ermittlungstheorien und neumodischen Computertricks. Glenn nimmt den Kleinen sogar mit zum Tatort, wo das Blut noch von der Wand suppt! Daß der Racker komplett geistesgestört ist, beweist schon die sprottenhässliche Klamotte aus dem 90er-Kleiderschrank des Grauens. Auf der Jagd nach einem ausgesucht grausamen und ausgesucht bescheuerten Serienkiller ist Junior dem alten Herren denn auch ständig zwei Schritte voraus. In Nebenrollen spielt Darlanne Fluegel die wohl nachsichtigste Mami der Welt ("Ok, you can go with your father"... zum TATORT!), Kevin Sorbo trägt ne Brille und Aaron Eckhart hat den Finger am Abzug.
Dank Glickenhaus hat dieser Unsinn immerhin ästhetisch gesehen ein gewisses Flair, mehr Gutes kann ich aber wirklich nicht dazu berichten. Lustig: In der Originalfassung belagert das FBI einen strammen Nazi in Uniform, in allen anderen Versionen ist es einfach nur some dude!

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Mo 28. Dez 2020, 13:01

johnny.jpg

FEUERWOLKE (1975)
Ausgesprochen fieser Revenge Exploiter, dessen Anklage gegen Rassismus und den Indianerhaß der Rednecks sich aber tatsächlich leidenschaftlich und authentisch anfühlt. Der Kessel wird schön langsam zum Kochen gebracht, bis es Tote gibt und Marlon Brandos Oscar-Abholerin Sacheen Littlefeather aufs Übelste geschändet wird. Besonders interessant an dieser überraschend gut gespielten Racheplotte: Johnny Firecloud, benannt nach der an seiner Geburt in der Wüste detonierten Atombombe, geht zwar auf erwartbaren und blutigen Rachefeldzug - aber das ganz große Finish wird ausgesetzt. Der Sieg ist gleichermaßen Kapitulation, nie wird sich etwas ändern, das Leben ist unmöglich. Der Film ist eine dieser dunklen Perlen im Morast des Schund.

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Di 29. Dez 2020, 13:46

house.jpg
A HOUSE IN THE HILLS (1993)
Mit der Schauspielerei läuft es nicht und das Kellnern nervt, also nimmt Helen Slater einen Job als Housesitterin an. Da rückt ihr aber bald der entflohene Sträfling Michael Madsen auf die Pelle. In einem extremen Fall von Stockholm-Syndrom landet sie mit dem Rüpel in der Kiste. Jeffrey Tambor eiert als gestörter Nachbar vorbei. Am Ende weiß keiner mehr, wer wer ist, außer Madsen, der ist ein Rosenkavalier.
Helen Slater ist toll in einer sehr ungewohnten "sexy" Rolle, aber Madsen konzentriert sich wieder mal aufs elende Posen. Die Musik nervt. Ken Wiederhorns Regie hat nichts zu sagen. Ein schrecklicher Film.

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