Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

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Julio Sacchi
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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Do 21. Feb 2019, 09:53

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Der einzige mir bekannte Bikerfilm aus Hongkong. Zumindest der erste, den ich gesehen habe.
Die Motorrad-Prolls benehmen sich allerdings genauso wie die Kollegen aus Amerika. Immer blöd am Rumknattern, die Hügel rauf und runter, die Girls ziehen sich aus und müssen fummeln (mit oder ohne Einverständnis) und unbescholtene Mitbürger werden drangsaliert, gegängelt, beschimpft, verhöhnt und vermöbelt. Irgendwann kommt natürlich der obligatorische Rechtfertigungsmonolog ("Ihr treibt uns doch dazu"), da ist der Drops aber schon längst gelutscht.
Die nervigen Knatterköppe drehen die Gewaltspirale bis zur maximalen Eskalation, Frauen werden vergewaltigt und gemeuchelt. Der Film verwandelt sich hier, nach einer okayen Stunde mit den üblichen Eckpunkten des Genres, zum veritablen Brett. Das Eigenheim wird mit Harpunen, heißem Öl und Außenbordmotor verteidigt, bitte zum Essen kommen, es gibt Bikergulasch. Der Film hatte mich total am Sack mit dieser übergrellen letzten halben Stunde. Als der Abspann noch mit einer Info-Tafel zur strafrechtlichen Relevanz von Notwehr-Exzessen verblüffte, hing mir immer noch die Kinnlade in den Kniekehlen.
Mega.

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Mo 18. Mär 2019, 10:59

dragon 2.jpg
Bekloppter geht's kaum: Der verblichene Bruce Lee (Bruce Leong) hängt im Limbo fest. Er will zurück ins Leben und nicht in die Hölle, aber da hat der König der Unterwelt was dagegen. Also mobilisiert er seine Kumpels, unter anderem Dracula, den Exorzisten, James Bond 007, den Paten, den Mann ohne Namen aus den Leone-Filmen und Emmanuelle.
Ja wirklich.
Natürlich werden all diese Figuren von Asiaten gespielt, man kann sie auch beim besten Willen nicht erkennen, das muß man schon wissen, wer da wer ist. Na gut, Dracula erkennt man an den Zähnen, aber der läuft zum Beispiel fröhlich bei Tageslicht rum. Alle wollen Bruce auf die Omme hauen, der leuchtet den Pseudopromis aber ganz schnell nach Hause. Seine Kicks und Schläge werden dabei per Untertitel als "Fists of Fury" oder "Enter the Dragon" betitelt, der finale Supermove heißt dann, autsch, "The third leg of Bruce".
Als der böse King am Ende aber auch noch einen Haufen Mumien herbeizaubert, die dann einen Mullbinden-Ringelreihen (das ist so, wie ich das schreibe) veranstalten, braucht Bruce Hilfe. Und die kommt in Gestalt von Cain (aus der Serie KUNG FU) und - festhalten - Popeye. I shit you not. Popeye. Eric Tsang, später Top-Star von Knallern wie INFERNAL AFFAIRS, langt hier in die Spinatdose und verteilt ein Watschengewitter. Der siegreiche Bruce darf dann wieder ins Leben fliegen. Tschüüüs!
Das klingt natürlich alles unwiderstehlich crazy, aber der Film selbst ist leider nur albern und fad. Die mittelprächtigen Fights finden vornehmlich im Steinbruch statt, der Rest ist lumpiges Bauerntheater in der Kneipe. Auch wenn das hier der vermutlich absurdeste Bruceploiter sein mag, ich hab da schon wesentlich unterhaltsameres gesehen.

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Sa 4. Mai 2019, 11:33

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Fraglos einer der besten amerikanischen Suchtfilme überhaupt. Unsentimental, ungeschönt, düster und ohne falsche Hoffnungen. Daß der Film, obwohl er im Drehbuch pflichtschuldig so manche Klischees abklappert, so gut funktioniert, liegt nicht zuletzt an Keatons Performance. Im Junkie-Modus absolut unerträglich und im totalen Overdrive, schält Keaton langsam den Menschen unter dem Cokehead frei und macht deutlich, daß da ein okayer Mensch unter der Droge wartet. Das ist schon großes Kino.

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Do 9. Mai 2019, 10:56

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Unterm Strich ist das vielleicht nur und vor allem eine hochklassige Schnulze mit schmachtenden Weltstars und hinreißenden Aufnahmen der kalifornischen Küste. Aber was da tatsächlich verhandelt wird! Als freischaffende Künstlerin und Beatnik-Freigeist muß sich Liz Taylor der Männerwelt erwehren, die ihr nicht zu Unrecht Angst macht: Der schmierige Ex Robert Webber will sie am liebsten vergewaltigen, der freundliche Bildhauer Bronson nennt sie "Baby" und modelliert ihre Hupen und selbst der zerrissene Geistliche Richard Burton will sie letztlich vor allem besitzen. Sie hinterfragt das Hausfrauendasein, reklamiert das Recht auf ein erfülltes Leben als Frau und identifiziert die Schuldigen an ihrer Misere: Professoren, Doktoren, Anwälte... privilegierte weiße Männer. Alles, was sie sagt, ist wahr und wahrhaftig, nur droht sie an den Gesetzen dieser Welt zu verzweifeln - und an ihren Gefühlen. Die Stimme der Vernunft kommt von einem schwarzen Mann, ein empathischer, nichtsdestoweniger cooler Lebenskünstler, der sie vielleicht auch "Baby" nennt, aber nur ihr Bestes will, ohne je Besitzansprüche anzumelden.
Am Ende liegt das System Mann in Scherben, auch die betrogene Ehefrau Eve Marie Saint bekommt ihre Stimme, sie stellt kein Happy End in Aussicht, sondern begreift vielmehr, daß da mehr im Leben sein darf als die Pflicht der Ehe. Der gefallene Sünder Burton hat auch etwas übers Leben verstanden, aber ist nicht in der Lage, es umzusetzen, und geht als Verlorener in eine ungewisse Zukunft.
Ein großer Film.

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Mi 22. Mai 2019, 16:29

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Guck ich immer wieder gerne. Nein, der Film ist nicht perfekt. Nicht mal in herkömmlichem Sinne "gut". Dazu ist die Regie viel zu unentschlossen und fahrig, der Humor mitunter zu angespannt bis albern - die völlig danebengegangene Slapstick-Sequenz mit der Polizei würde ich vor jeder Sichtung gerne rausschneiden - und die Nebenfiguren viel zu freaky. Aber Dreyfuss spielt das fantastisch, die Kamera ist toll und ein Großteil der Gags einfach nur exzellent. Was ich an dem Film so gern mag, ist diese konsequente Verweigerung jeglicher Moral; er ist so frei von Vernunft und Spießigkeit, daß es eine reine Freude ist. Sein Herz schlägt für die Verlierer, aber verdammt, geht aufs Ganze, setzt alles aufs Spiel, Euer Geld, die Freundschaften, die Ehe - because you never know, And even if you know, you never know!

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Mo 8. Jul 2019, 13:17

Poster_of_the_movie_The_Graduates_of_Malibu_High.jpg

Der Film heißt eigentlich THE GRADUATES OF MALIBU HIGH und so fängt er auch an: Ein Sonnyboy auf dem Bike, mit all-american Bikini Babe auf dem Sozius, knattert mit flatternder Robe zur Zeugnisübergabe. Dazu richtig schraubige 80s-Musik und Freeze Frame beim obligatorischen Hochwerfen der eckigen Hüte.
Tatsächlich geht's aber recht unangenehm zu am College, üble Frat-Rüpel saufen sich die Hucke weg, die Girls sind hauptsächlich Grabbelmaterial. Eins von ihnen (Linnea Quigley, wer sonst) wird von einer ominösen Gang mit schwarzen Klamotten und schwarzem Van brutalst vergewaltigt, da schlägt die Stimmung endgültig um. Ihr Bruder (der andere Van Patten) rekrutiert seine Kumpels als Vigilante-Armee, was nach holprigem Start entgegen der Proteste von Vater Ernie Borgnine total aus den Fugen gerät. Ernie teilt sein Polizeibüro übrigens mit Richard Roundtree, aber das nur am Rande, der Film interessiert sich auch nicht weiter dafür.
Wie wohl sonst nur noch DEATH SENTENCE zeigt YOUNG WARRIORS Selbstjustiz als unaufhaltsame Abwärtsspirale; was mit Entfremdung vom Umfeld und sozialer Verrohung beginnt, gipfelt im Tod Unschuldiger und am Ende in einem supersaftigen Zeitlupenshowdown in der rot ausgeleuchteten Billardkneipe - da platzt der Fuß aus der Socke und das Blutpaket im Bauchbereich.
Sicher kein Meisterwerk, aber mal wieder eine kleine Bestätigung in der endlosen Mission "Graben im Morast nach dunklen Juwelen".

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Mo 5. Aug 2019, 18:51

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Mastorakis haut mal wieder die Wurst vom Teller! Eisenbirne Thompson, seines Zeichens Supersöldner und Supermacho, muß sich als schwuler Modedesigner ("You want me to pretend to be some kind of designer faggot?!") ausgeben! Warum? Weil George Kennedy es so will. In einem fiktiven Shithole Country sitzt nämlich ein alter Revoluzzer im Knast, und um in das Drecksloch reinzukommen, markiert Thompson den Fashion Guru mit sechs tödlichen Models im Schlepptau! Der Film ist nicht ganz so bekloppt, wie er sich anhört. Thompsons Zynismus wird immer wieder in Frage gestellt, umgekehrt wäscht er aber auch der schönen Rebellenanführerin den Kopp, wenn er ihren Idealismus als Illusion entkleidet (danach entkleidet er natürlich auch sie, Bluse aufreißen und Shorts mit dem Messer aufschlitzen, die 80er). Für schauspielerische Highlights sorgt Ollie Reed mit roter Birne (Thompson im Interview: "I've never seen him sober"). Im Finale knallt auch die Äktschn ganz gut, schönste Szene ist aber ne ganz andere: Reed wird misstrauisch, weil der angebliche Fashion Dude nie an seinen eigenen Models rumgräbt, das ist doch verdächtig! Thompson macht Reed klar, daß seine Interessen woanders liegen, und das macht er herrlich beherzt!

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Mi 7. Aug 2019, 20:57

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Schuhverkäufer und Profikiller Lance Henriksen (unglaublich gut) irrt sich in der Haustür und ruft Familienvater Jan-Michael Vincent auf den Plan. Gelegenheit für William Lustig, überdrehte Action und Mordszenen mit dem für ihn typischen authentischem Flair zu paaren und Charaktergesichter wie Rossi, Napier und Torn zu galligen Auftritten zu verführen. Top! Die finale Konfrontation mit dem schier unzerstörbaren Henriksen haut die Wurst vom Teller.

prison.jpg
WiP-Sause, die gefühlt ca 10 Jahre zu spät kommt, dafür aber noch einmal ein Best (oder Worst) of des Genres abfeiert. Alles drin, alles dran, verzweifelte Girls, Sado-Guards, fiese Lesben und dicke Hupen unter der Dusche. Der Oberarsch darf dann auch schön seinem Pimmel bye-bye sagen. Verliert im letzten Drittel etwas Druck, unterhält aber bestens. Wenn man sowas mag. Sowas mag man natürlich nicht!

zero.jpg
Die titelgebenden Zero Boys erweisen sich tatsächlich ziemlich schnell als unerträgliche Nulpentruppe, die immer einen auf dicke Hose macht, aber weder im Bett noch im Krieg irgendwas auf der Pfanne hat. Diese Luschen geraten nun in ein frühes Torture-Porn-Szenario, verbringen aber viel zu viel Zeit damit, sich vor und mit ihren Ladies wie Rotz am Ärmel zu benehmen. Ein ziemlicher Stinker.

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » Sa 10. Aug 2019, 14:17

full moon in blue.jpg

Fühlt sich an wie ein Theaterstück, das zunehmend in den Boulevard wegkippt: Überspannte Klischeefiguren und gestresster Overdrive geben sich die Bühnenklinke in die Hand. Trotzdem, Hackman macht das souverän wie immer und hält den Quatsch irgendwie halbwegs zusammen. Außerdem verweigert sich der Film jeglichen Anflugs von Glitz und Glamour - Leute ohne Geld in einem Kaff ohne Charme.


last hard men.jpg

Blutrünstiger Brutalo-Western, in dem die sturen Testosteron-Galgenvögel Coburn und Heston eher die letzten der tumben Männer spielen. Leider ist dies einer jener zwiespältigen Filme, die ihre zweifelhafte Spannung aus der Frage beziehen, wann und von wem die hübsche Hauptdarstellerin denn nun vergewaltigt wird. Als es dann passiert, weidet McLaglen sich auch ordentlich an der Grausamkeit und reduziert Barbara Hershey endgültig zum Mittel zum Zweck - nicht nur für Obergauner Coburn.


mighty quinn.jpg

Sonniger Karibik-Krimi, dem Washingtons 1000-Watt-Charisma über so manche Drehbuchschwäche hinweghilft. Schenkels etwas kuriose Regie und ein zunehmend holpriges Timing sabotieren das Unterfangen jedoch nach der Hälfte des Films. Was bleibt, sind zwei sehr unterschiedliche und im schönsten Sinne effektive Einsätze des titelgebenden Gassenhauers "Mighty Quinn".

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Re: Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Beitrag von Julio Sacchi » So 29. Sep 2019, 16:44

eye.jpg
Donald Sutherland: Ein eiskalter deutscher Spion im Großbritannien des zweiten Weltkriegs; mit seiner häufig zum Einsatz gebrachten Mordwaffe, einem tödlichen Stilett, hat er sich den Spitznamen "Die Nadel" verdient.
Kate Nelligan: Die emotional und sexuell frustrierte Ehefrau eines seit dem selbstverschuldeten Autounfall gelähmten Ex-Soldaten (Christopher Cazenove), die mit ihm ein tristes Dasein auf einem abgelegenen schottischen Eiland führt.
Das Schicksal bringt diese Menschen im Sturm zusammen und eröffnet die Möglichkeit einer Insel, allerdings unter den dunklen Vorzeichen eines Spionagethrillers.
Damals zumindest im angloamerikanischen Raum einigermaßen erfolgreiche Ken-Follett-Adaption, die Regisseur Richard Marquand als Realisator von RETURN OF THE JEDI empfahl. Der Film ist Charakterstudie und kalte Krimikost zugleich; mit ausreichend Zeit spitzt er die Konflikte zu und entlädt sich in einem dramatischen Finale. Der Film hatte mich durchgängig am Kragen - ein funkelndes Kleinod der frühen 80er.

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