Die Rumpelkammer

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Frau Stockl
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Re: Die Rumpelkammer

Beitrag von Frau Stockl » So 22. Mai 2022, 20:01

Helden USA 2. Teil - Not Another Mistake (1989)
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Straker (Richard Norton) a Vietnam vet with a chip on his shoulder since his wife and daughter were killed in a home invasion. He is then recruited to go BACK to Vietnam to rescue some POW/MIA's, including one Commander, Harrison. Figuring he has nothing to lose, he accepts the mission.
"Ihr Amerikaner seid verrückt. Ihr versteht es immer wieder, hier ein paar aufs Dach zu kriegen."
Auf Missing in Action lautet die derzeitige Aktenlage, das Schicksal selber ist unklar, der Verbleib nicht sicher und selbst der Todesfall ungeklärt. Der Behördenschimmel wiehert und verwaltet, die Politik drängt, die Militärs wollen klare Antworten und machen entsprechend klare Ansagen, losgeschickt auf Kundschaft wird ihr bester Mann, der Ersatz für Stallone und Norris quasi, die nächste Reihe dahinter, ein Videotheken-Zugpferd. Richard Norton führt die Besetzung hier an, Norton war damals selber in Fängen, im philippinischen Dunstkreis um Cirio H. Santiago und Anthony Maharaj (und den weiteren Namen hinter dem Geschehen wie Kameramann Johnny Araojo oder Editor Gervacio 'Bass' Santos) nämlich. Kennt man deren Arbeiten und deren Werke, weiß man auch dieses hier zu schätzen und als würdig zu nehmen und zu empfinden, ein flotter Start, die Toten zuerst, die Erklärung später. Plus eine kompatible Prämisse, zu der wenig Hirn, aber viel Muskeln und viel Tempo und gerne auch Kondition über die gesamte Laufzeit gehört. Die Exotik hat man vor Ort, also kann man gleich den Vietnamkriegs-Reißer produzieren und für den Weltmarkt liefern, statt wie später versucht amerikanisches Umfeld zu doubeln und im urbanen Actionmilieu zu probieren und dort zu überheben. Der Held sieht ganz gut aus und ist darstellerisch präsent und schlagkräftig, zudem hat man im Deutschen auch noch Don Johnson zusätzlich vor den Augen, wird Norton hier doch von Reent Reins eingesprochen und tut tatsächlich auch die übrige Synchronisation für damalige Verhältnisse taugen; zumindest bis die 'Eingeborenen' auftauchen und stimmlich verändert radebrechen.

Aufgrund der momentanen politischen Lage kann ich Ihnen nur dringend empfehlen, sich defensiv zu verhalten.
Ein bisschen Anklage gegen den Staat, der seine Kämpfer als Pfand im Feindesland gelassen hat, und bisschen eigenes Wunden lecken später ist man schon ausgenüchtert und bereit für die eigentliche Mission; welche allerdings anders als erwartet erstmal nicht in den Dschungel führt, sondern die Fleischbeschau nach Bangkok, wo man einen Barprügelplot anreißt und sich folgend noch eine Aufholjagd durch die nächtliche Stadt liefert. Beides nicht weiter von Belang, aber mit einem formidablen Autostunt und einer Nackedeieinlage als Krönung für die Müh' gesegnet, noch ein bisschen Gaudi vor dem Ernstfall, die Pflicht vor der Kür. Alsbald geht es dann in die Weiten von 'Vietnam', für die einen das erste Mal und Neuland, für den Anderen die Rückkehr in das Trauma, und gleichzeitig das einzige Szenario, zu dem er heute noch fähig ist. Ein grün blasses Dickicht, fahle Natur, die Bepflanzung trist. Es kommt zu guten und zu vielen bösen Überraschungen, das Drehbuch türmt eine Landung am falschen Ort auf, ein zerstörter Nachschub, eine Falle beim Transport, viele Hinterhalte und stets Feindkontakt aus dem Gebüsch, die Regie schießt das alles wie gewohnt aus der Hüfte, das Dauerfeuer ist recht trocken, dazu aufgesetzte Dramatik um gefallene Soldaten, die dem Zuschauer selber kaum ein Begriff sind und die mit dem Allerweltsgesicht. Dabei ist der Film auch mit seinem Hang zum Abenteuergenre inklusive dem Durchwandern eines de facto unentdeckten Gebietes (mitsamt Skeletten im Sumpf, Bambusfallen etc. und im Schlamm steckengebliebenen Bussen) gleichzeitig angenehm unvorhersehbar (die Szenen mit dem eher fürstlich eingerichteten nächtlichen Dorf, indem ein Schlachtmahl und ein Fuhrwerk organisiert wird; oder zuvor der vermeintliche 'Gnadenschuss' für einen verletzten Kameraden) und hilflos mäandernd, Gelegenheiten zum Besserem oder einer einheitlich fokussierten Stimmung werden entweder ignoriert oder kaum genutzt, es gibt auch ständig Änderung der Verhaltensweisen, Dialoge teilweise wenig nachvollziehbar, in der vorliegend vorhandenen Fassung ist auch das Visuelle, gerade das vom nächtlichen Herumschleiche im Gestrüpp, mehr erahnend als klar deutlich und lassen Raum zum Kommentieren und zum Interpretieren über.

"Ihr ruiniert meinen Bus! Ihr verdammten Gelbärsche!"
Immerhin wird diese Muschebubu-Beleuchtung durch das Strahlen des Mündungsfeuers erleuchtet, durch Signalmunition oder auch mal Explosionen, ist der Feind doch stetig da und überall und nirgends. Zudem kommt das gesamte ärmliche Umfeld dem Rahmen des auch 15 Jahre 'danach' anhaltenden Kriegsgräuels näher – der sichtlich abgemagerte und auch sichtlich verängstigte Hund, der von einem P.O.W. vom Restetrog vertrieben wird, weil dieser selber ans Essen heranwill; die Leprakranken; eine depressive Grundstimmung –, und das damalige Pinoy Action Kino sorgt gerade beim langen und spektakulären Ausbruch aus dem Lager inklusive dessen vollständiger Zerstörung für einige nassforsche Stunts (auch die einer Verbrennung) und insgesamt großflächige Kamikazebilder.
~ Hoffnung ist die kleine Schwester der Verzweiflung.

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