Die Rumpelkammer

Die Filmtagebücher der Mitglieder.
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Frau Stockl
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Re: Die Rumpelkammer

Beitrag von Frau Stockl » Di 14. Mai 2019, 23:19

Ein Mann geht über Leichen - The Stone Killer (1973)
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A top New York detective is sent to Los Angeles where he must solve a case involving an old Sicilian Mafia family feud; with a bold nationwide counter-strike against most of the current Italian and Jewish syndicate heads using teams of Vietnam vets instead of Mafia hit men.
Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist hier eher der Ort der kurzen Träume, wird schon in der Eingangstür des Filmes der erste (jugendliche) Kriminelle schon kurz vor der Schwelle zur Volljährigkeit vom Polizisten Bronson erledigt; in Notwehr sicherlich und nicht ohne eigenes Verschulden, hat es der Cop mit der Dienstwaffe allerdings auch mehr oder minder auf dies rabiate Eingreifen seinerseits und die Ermächtigung des schnelleren Schützen und das Können der beruflichen Profession vom Fangschuss aus nächster Nähe angelegt. Bronson als Vertreter des Gesetzes, der alleine seine Wege und dies mit knappen und dafür umso markigen Worten geht. Bronson als Dirty Harry - Verschnitt, nicht dem noch von der Kritik weitgehend verschonten ersten Teil, sondern eher der Partner von Dirty Harry II - Calahan und/oder Dirty Harry III - Der Unerbittliche, wo schon die Kolportage angreift und das Reißerisch-Triviale gewinnt. “The kid was only 17.“ - “The gun made him old.“ Später wird einer der per Motorrad flüchtenden Veteranen vom Polizisten mit dem Auto quer durch einen menschenüberfüllten Flohmarkt gejagt und dann mit der Motorhaube in eine Glasscheibe katapultiert, mit dem weiterhin ungebremsten Auto hinterher; woraufhin sich beim anschließenden Blick in den Spiegel auch zum ersten mal so etwas wie das schlechte Gewissen rührt.

Lasche Waffengesetze werden seinerseits als Ursache für die ausschweifende Brutalität und die Antwort mit der Dienstwaffe angeführt; und die um sich grassierende Drogenwelle, später auch die Traumata von Kriegserfahrungen, gesellschaftliche Verunsicherung und ein ungestillter Blutdurst. Gefangene werden allerdings auf beiden Seiten nicht gemacht, und nur wenige Filmminuten und zwei ganze Jahre fiktive Zeit später schon der erste Spitzel im Beisein zweier Bewacher mit einem blutigen Bauchschuss massakriert. Regisseur Winner arbeitet dabei wieder mit einer Montage, die gerade anfänglich eher verwirrend, da wie mit der Axt geschnitten und hin und her springend und scheinbar völlig verschiedene Plotstränge erzählend wirkt; auch wird inmitten einer Verhaftung am Flughafen ausgeblendet und gleich zu Beginn einer Verfolgungsjagd (mitsamt John Ritter als Rookie Cop) durch ein Wohnviertel mit einem Umschnitt ausgebremst. Sowieso ist der Film mit seinen über 70 Locations, oft nur einmal genutzt (oder in Stuntspektakeln zerstört) all over the place. Ein aufwändiges Puzzleteil aus Eindrücken, ein Kaleidoskop aus Aktion – wie die Erstürmung des paramilitärischen Hauptquartier, die bleihaltige Überraschung in der Mafiazentrale und ein zum Auto- und Menschenfriedhof verwandeltes Parkhaus im Showdown – und Reaktion, in der Winners damaliger Stamm- und Starschauspieler (und das Polizeirevier) oftmals als einziges Bindeglied der Spirale der Gewalt und dem Orchester abgefeuerter Schüsse wirkt; als Anführer eines rein maskulinen Rudels, in dem die Handvoll Szenen mit Frauen laut Winner “all utterly useless“ und “complete piffle“ und nach Meinung von Bronson sowieso zwecklos von der Anlage her schon sind. (“Listen: there was no girl in French Connection and no girl in Dirty Harry.“)

Dabei hat der Film durch seine inszenatorische Behandlung und seine thematische Konzeption und Konzentration auf ganz verschiedene Dinge, inklusive auch mehrerlei Ansprechen der Veränderungen der Menschen durch den Vietnamkrieg und gerade dem explosiv-wilden Finale durchaus seine gewisse Wirkung, scheint bis dahin phasenweise allerdings auch öfters vor sich hin brütend und trocken und wie im Schneideraum durch das Auslassen von erklärenden oder vertiefenden Einstellungen vergallopiert.
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Re: Die Rumpelkammer

Beitrag von Frau Stockl » Sa 18. Mai 2019, 14:57

Brutale Schatten - The Outside Man (1972)
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After fulfilling a contract killing in Los Angeles, a French hit man becomes the target of a hit himself and tries to flee back to Paris.
Zwischen den Borsalino (und Co.) gedrehtes Thrillerdrama von Deray. Start mit Exempelbilder eines Urban Noir: Panoramaflug über Los Angeles, angefangen vom Wilshire Boulevard, den man mit heutigen Kenntnissen her nur vom Straßenschild erkennt. Zwei, drei Hochhäuser, ansonsten freie Grundstücke, flache Fläche, Raum und Platz zum Erschließen oder einfach nur zum Leben, zum Durchatmen und zum Genießen. Träumerisches Areal, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten in seiner ganzen (ehemaligen) Pracht, vom Tellerwäscher zum Millionär, oder doch die Geschichte, die vom Jäger zum Gejagten geht. Vom Trintignant, der nicht richtig laufen kann und auch gar nicht fliehen will, und vom Scheider, der nicht richtig schießen kann, aber einen Batzen Munition dabei hat und auf Kollateralschaden wie einen Berg toter Zivilisten und andere Skrupel nicht viel gibt.

Die ersten Bilder vom Neuankömmling in der Stadt und von Deray im Außeneinsatz arbeiten minimalistisch, bürokratisch, einfache, aber präzise Bewegungen, die Ankunft, die Ruhe in der Vorbereitung noch, das Entledigen der personellen Habseligkeiten und der Austausch des Tascheninhaltes gegen das anonyme Geld und die Waffe, die bis auf eine Patrone aber ebenfalls entleert wird. Das Ziel ist klar und deutlich, normalerweise braucht es nur die eine Patrone. Hier und heute ist an dem nicht. Bald braucht er die Kugeln doch, alle die er kriegen kann, angefangen bei einer Schießerei im Parkhaus als ersten Hinterhalt bis hin zu einer wahrhaft morbiden Beerdigungsfeier, bei dem Tote 'auferstehen', Leichenwagen als Fluchtautos herhalten und Särge samt Inhalt durchlöchert werden; dem sprichwörtlich letzten Gefecht. Trotz mehrerer kleiner Aktionsszenen wie final auch dem Einsatz der extra aus Paris herbeigerufenen Sturmtruppen (in Form von Umberto Orsini und Michel Constantin) ist man aber eher etwas Edles, etwas für die frankophilen Erwachsenen, welche zum Genuss längerer Einstellungen samt Bewegungen der Darsteller im Raum und nicht nur dem Einsatz von diversen Kameraperspektiven und strammen Schnitt fähig sind.

Trintignant ist als Auftragsmörder tatsächlich als Außenseiter, nicht nur hier in der örtlichen Beschreibung, wo er sich nicht auskennt, nach Sachen fragen muss oder die Autokarte als Hilfe zur Orientierung benutzt. Wo er von einem kleinen Jungen, dem elfjährigen Jackie Earle Haley in die heimische abendliche Fernsehkunst von Bonanza und Raumschiff Enterprise eingeweiht wird ( "Das zweite Triebwerk ist ausgefallen! Bremsraketen einschalten! Wir werden auf dem Mars zwischenlanden!") und ohne Rücksicht auf Verluste in die lukullische Spezialität ("Nanu, Sie essen ja fast gar nichts. Naja, so kann's auch nicht schmecken. Hier, nehmen Sie doch etwas Ketchup....So, versuchen Sie jetzt."), wonach der Bub dann links und rechts doch zwei schnelle und zwei schallernde Ohrfeigen einsteckt. Wo er auch in einer schäbigen Fremd- und nicht der wohlklingenden Muttersprache parlieren muss. Sonst der Gestalter, hier der Spielball. Sonst der Beobachter außerhalb der Menge, hier als unfreiwilliger Ehrengast im Menschenzoo Los Angeles, einer Full Frontal Peepshow und mittendrin.

Sowieso ist hier einiges am ändern, von den ersten tollen Bildern, dem edlen Hotel und der pompösen Villa in Beverly Hills mit gediegenen Wohnzimmer samt Außenpool und riesiger Gartenterrasse geht es alsbald in die normalen Behausungen und dann ganz in die Absteigen, in die Oben-Ohne-Bars und Slums; bei einem Abstecher einer Hetzjgad zu Fuß und per Auto mit auch mehreren alarmierten Polizeikräften wechselt man auf ein vollkommen ruinöses Pier, dass mal die Massen im Sommer anlockte, und nun nur noch zerfetztes und brüchiges Einzelteil im gleißenden Tageslicht ist.
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Re: Die Rumpelkammer

Beitrag von Frau Stockl » Do 23. Mai 2019, 09:05

Outlaw Force (1988)
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A Story of what happens when a bullet comes between a man and his family.
Regiedebüt von Countrybarde David Heavener, ein Schauerstück, im Gewand eines damals handelsüblichen Reißer um Recht und Gerechtigkeit und vor allem Selbstjustiz, was mit entsprechenden Mitteln propagiert und schließlich und endlich zur Zufriedenstellung der gemeinen Bedürfnisse auch ausgeübt wird. So ganz ernst und für voll nehmen kann man dabei die Antagonisten, eine Zeckenplage in Leder und Ketten leider nicht; etwas, das auch für ihren Vergelter, den Cowboy im offenen Jeanshemd und mit dem Brustpelz im Anschlag gilt. Honkytonk und Hillbilly im Fransenponcho wird gleichsam zelebriert wie anderweitig die drogenumschwängerten Primitivlinge mit Bettwanzen an Bord und einem Hauptquartier aus Matratzen und Graffiti im Dämmerlicht gezeichnet werden; beides und sowieso alles immer eine kleine Spur daneben und zu dick drüber selbst über die Klischees, was sich auch bei den Polizisten – der Eine ( Bud Spencer ) dick und stets am Fressen und der Andere ( Sylvester Stallone ) bebrillt und in der Uni geschult und am Dozieren – fortführt und fast, aber auch nur fast auch lustig, in dem Fall aber eher irgendwie depressiv und traurig ist.

Denn so richtig in Gang und Schwung wie später bei Prime Target (1991) zum Beispiel und zum Ausüben von Selbstironie kommt es hier nicht. Nachdem irgendwann die Gänseblümlein von der Wiese gerupft und auf das Grab der Frau gelegt und der Gang in die Stadt, bzw. den Abgrund aus Fast Food Buden und Pornoschuppen angetreten wird, ist die Hälfte der Laufzeit vergangen und kommt dann nicht mehr viel. Action ist rar und sicher auch den fehlenden Finanzen geschuldet; ab und an wird sich geprügelt oder doch eher die Schmetterfaust zum schnellen Knockout der schmuddeligen Gegner gezückt. Dazu ein wenig Gerenne und ein wenig Geklettere die Häuser hinauf und hinab, was nun nicht gerade für Furore und den großen Adrenalinausstoß führt.
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Re: Die Rumpelkammer

Beitrag von Frau Stockl » So 26. Mai 2019, 14:53

Deadly Reactor (1989)
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In a post-apocalypse world inhabited by the Amish, a roving gang led by the corpulent Hog is making life miserable for the peaceful townspeople. Only one lone gunfighter dares to stand in their way. He never draws first - he's the reactor!
Zweite Eigenkreation von David Heavener, welcher nach dem Regiedebüt mit Outlaw Force das Jahr zuvor hier nur unwesentlich mehr inszenatorische Ideen und auch noch nicht das Geschick mit dem Handwerk von rudimentärer Dramaturgie oder wenigstens etwas Pacing zum Antrieb des oft leeren Geschehens aufweist. Immerhin sind auch spätere Eigenarten, quasi die Markenzeichen der noch viel Un- und Frohsinn bereithaltenden Werke wie der David mit Trauma, diverse unnötige Sexszenen oder das Spiel mit Westernmotiven hier schon bereit, werden die beiden letzteren Faktoren gar zur Genüge und wie im Exzess und so als Neowestern im postapokalyptischen Milieu mit allerhand Nackibums als Blickfang ausgespielt.

Ein auf dem Papier höchst wohlschmeckend klingendes Gebräu, dass auch in realiter seine gewissen kleineren Vorzüge, seine Idiotien und Lächerlichkeiten (Sprichwort: Kirmes- und Tontaubenschießen im Showdown), aber auch seine Referenzen an die jüngere Filmgeschichte sowie den todsicheren Plot von Auge um Auge und Zahn um Zahn, nur eben keinerlei Schauwerte oder ein bisschen Feuer unter dem Hintern hat. Hier und da fallen ein paar Schüsse zur Aufheiterung, passiert ansonsten bis auf etwas Ansprache, stilecht mit dem Zigarrenstumpen im Mund und dem Patronengurt über der Brust allerdings nichts; wenn man mal vom Nacktbaden der bepelzten Bären (der eine obenrum, die andere unten) im See und dem anschließenden Schäferstündchen der beiden Freikörper am Schilfufer absieht.

Auch das Umfeld ist öde, die Lage trostlos, das Städtchen leer und jeweils immer nur die Bildmitte im Kader, des Zentrale und nie etwas links und recht oder davor und dahinter mit Leben gefüllt. Der nukleare Holocaust, der der Geschichte vorangegangen ist, hat auch sämtliche Energien, nicht nur die Elektrizität, sondern auch den Antrieb der Menschen, die Bewegungs- und Reaktionsfähigkeit der Leute, das betonte Sprechen und das sich mal wie der Normalbürger verhalten gleich mit ausgelöscht. Einzig die Prominenz im Bunde, der ehrwürdig alt gewordene Stuart Whitman verströmt in seinen wenigen Auftritten so etwas wie Schauspiel, was den anderen Chargen aber auch dank ihrer 'Dialoge' und 'Monologe' und nicht zuletzt auch der am Boden festgetackerten Kamera von Stammmitglied David Hue komplett abgeht. Produziert von AIP; was mitnichten für American ... , sondern für Action International Pictures, als Warnung also steht.
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Re: Die Rumpelkammer

Beitrag von Frau Stockl » Fr 31. Mai 2019, 09:30

Silk (1986)
silk.jpg
Silk, the toughest cop in Honolulu, busts small time smugglers only to reveal a larger syndicate smuggling Asian mobsters into the States by buying the identities of Hawaiian citizens.
Silk' kann alles, was auch die Männer können, Autos zum Explodieren bringen zum Beispiel, Verfolgungsjagden auf einem Güterzug abliefern, eine Horde Lohngeldräuber aus ihrem Versteck scheuchen und dabei noch eleganter als die Herren der Schöpfung und wie eine Backgroundtänzerin von Robert Palmer aussehen und von der Kamera tatsächlich geliebt werden. Entsprechend dessen bekommt sie auch einen eigenen Titelsong und eine Pre-title spendiert, 80er-Jahre-Rockkino quasi, wortwörtlich und im besten Sinne, auch wenn Hawaii hier nicht aussieht wie der 50. Bundesstaat der Vereinigten Staaten, sondern immer noch nach Philippinen schreit und dieses mäßige Doubeln der Location einfach zum Œuvreo von Cirio H. Santiago dazu gehört.

Wenigstens bewegt sich der Film, wird neben ersten Stock footage von Honolulu selber als vorgeblicher Rahmen des kriminellen Treibens auch vielfach eigene Sets und Settings in das Geschehen gebracht und so schnell zwischen Tag und Nacht und hier und jetzt und dann dort und später gewechselt, auf das man nie zur Ruhe kommt und das Tempo bei all den vielen Sprüngen beinahe vorne über fällt. So ab dem zweiten Drittel der Laufzeit ist der Clou der Geschichte dann raus, per Zufall übrigens, worauf man das Talent der Autoren anerkennen muss und ihr Geschick im Initiieren einer weitverzweigten, aber dennoch fokussierten Krimiplotte mit einigen frischeren Zutaten (ein geplatzter Mordprozess, ein mysteriöses Syndikat, ein Veteranenduo auf Killing Spree, Vietnamkriegsvergangenheit usw.) gleich mit. Bei der dritten Actionszene im Verlauf, einem versuchten Attentat auf einem Maisfeld wird auch wieder eine Karosserie geschrottet und vorher stilsicher, im engen Tank Top, straffen Brustwarzen und zurückgegelten Haaren die Pumpgun gezückt; überhaupt sind auch die Bilder hier teilweise auf Wirkung bedacht und arbeitet die Kamera selbst in Bewegungen fleißig mit.

Nur leider fehlt dem Ganzen auf Dauer und auf die gesamte Spielzeit angerechnet ein wenig der Esprit, der Effet, der Wille oder doch das Können zum besonderen, ist die Inszenierung für einen Santiago zwar außerordentlich gediegen und mit allerlei interessanten Beigaben angereichert, und selbst in der Produktion überaus solide aussehend, gestaltet sich aber als Art besserer Fernsehfilm (mit einigen wenigen blutigen Spritzern) in der Dramaturgie, die eigentliche Höhepunkte vermissen und selbst das Finale auf einem Hangar nach wenigen Sekunden Kugelregen auslaufen lässt. Trotz des Kommentars in der Hauptdarstellerin in Form des "Looks like we'e got some backdoor action here. Stand by." und auch eines Posters, dass die Dame nur mit Jeans und BH bekleidet die Waffe halten lässt, fehlt auch jegliche (S)Exploitation und ist man handzahmer, als sich weithin vermuten lässt. Die später mit Monique Gabrielle in gleicher Hauptrolle nachgereichte Fortsetzung Silk 2 ist trotz Nackibums und Klopperei im halbherzig offenen Bademantel übrigens nichts.
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Re: Die Rumpelkammer

Beitrag von Frau Stockl » Mi 5. Jun 2019, 10:28

Hetzjagd in St. Lucas - Down Twisted (1987)
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When a levelheaded waitress decides to help her shady friend against her better judgment, she becomes a target of a deadly international gang of thieves who are after a priceless San Lucas' relic. A bumbling stranger helps her.

Heutzutage recht vergessen, stellt sich der Film eher als Kuriosum im Werk des hier (nach bspw. Teuflische Klasse, 1986) noch als talentiert geltenden Filmemachers Albert Pyun dar, der auch als Ideengeber, mit der ursprünglichen Inspiration von Robert Altmanns Der Tod kennt keine Wiederkehr (1973) im Hinterkopf – was Einiges erklärt – und so ursächlich verantwortlich für das Ergebnis anwesend war. Dass Pyun ein wenig anders sein Material zusammen sammelt und ein wenig anders, atypisch bis antiklimatisch vor allem auch in Hinsicht auf Dramaturgie und Spannung inszeniert, ist auch schon zu bemerken und eher etwas gewöhnungsbedürftig selbst im Nachhinein, mit späterem Wissen um den weiteren Verlauf der Karriere und auch abseits dessen etwas hinderlich. So hängt das Geschehen trotz der aufgestellten Zutaten einer verfolgenden Killertruppe, eines ominösen Schlüssels, einer paramilitärisch operierenden Bananenrepublik – die stets am Feiern ist, aber ständig kurz vorm Putsch und vor dem Kippen wirkt – sowie der Damsel in distress und den nebulösen Kompagnons recht schnell und auch bei kurzer Laufzeit von 85min doch schon auffällig, da irgendwann auch anstrengend durch.

Trotz viel "Ándale" Ándale!" ist die Action bis auf eine Razzia im Hafen als knappe Einstiegsszene, eine anschließende voluminöse Autoexplosion im Parkhaus und folgend nur noch Gerenne zu Fuß durch die Menschenmassen und etwas Geschubse und Gerangel einseitig und eintönig formuliert. Merkwürdig sind wieder mal die Dialoge und Monologe, die immer etwas nichtssagend und gleichzeitig störend, da seltsam belastend und im selben Moment lässig gesprochen und auch so divergierend von den (Neben)Darstellern gespielt sind. Im Grunde den Job 'richtig' macht nur Carey Lowell, die nicht nur die Rolle souverän meistert, sondern selbst verschwitzt und verschmutzt und sich so dem Film anpassend trotzdem noch ganz schmuck aussieht und (neben einem Mini-Auftritt von Courteney Cox im Filmdebüt) dem Ganzen etwas Beachtung und Besonderheit schenkt.

Ihr Gegenüber Charles Rocket kann man vielleicht noch zur Routine zählen, wirkt Momente hinweg allerdings auch gar nicht so richtig anwesend, fast wie kränklich bzw. in einer anderen und hoffentlich auch besseren Welt; was vor allem auch für den großen Rest der anderen Akteure, zugekleistert unter viel Haarspray und in gar schrecklichen Klamotten gilt. Die Achtziger hier wieder mal als Modeirrsinn, in der zwar alles bunt und knallig, aber außer Form, nicht im richtigen Schnitt, gleichzeitig im Neon und trotzdem oft leer und banal wirkt. Visuell kann man hier sowieso nur wenig punkten, wenn man einmal von einer nächtlichen Wanderung durch ein gerade der Brandrodung anheim gefallenes Waldgebiet und etwas Blaufilter zu Beginn und dem von Pyun heißgeliebten Kamerablick in die Sonnenbrille des vis-a-vis als Spiegelung absieht. So richtig leben tut der Film auch nicht, trotz der vorhandenen Exotik (gedreht wurde in Mähchiko), in der die Sonne unablässig und unbarmherzig knallt und die Palmen ausgetrocknet und nicht am Schatten spenden sind. Der Anfang (und das Ende, die Erlösung) geht in Ordnung, ein Hinein Stolpern in die Gefahr, mit der man nicht gerechnet hat und zu der man eigentlich auch gar nicht zugehörig ist. Gesehen hat man das bei Die Zeit nach Mitternacht (1985) oder bei Kopfüber in die Nacht (1985), von deren (alb)traumhafter Verwirrung und dem Durchstreifen von Gebieten außerhalb der bisherigen Komfortzone man hier allerdings Welten entfernt ist
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Re: Die Rumpelkammer

Beitrag von Frau Stockl » So 9. Jun 2019, 14:25

Fast Gun (1988)
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CIA Colonel Harper's men are robbing military armories in order to supply South American rebels. They hide near Granite Lake, a small town policed by sheriff Jack Steiger. When colonel's men let loose on the town, Jack must stop them.
Die erste Viertelstunde als großteils technisches Manöver, werden angefangen von Fort Bennings, Missouri bis hin zu Fort Sharp in Pusemuckel eine ganze Reihe von Armeestützpunkten in nächtlicher Dunkelheit und fast ohne Gegenwehr ausgeraubt und an Waffen und Munition entleert; eine Beschaffungsmaßnahme mehrerer Dutzend maskierter Männer, die ebenso militärisch vorgehen und im Operativen trainiert und ausgiebig geschult sind. Bis zur letzten Örtlichkeit klappt auch alles wie am Schnürchen, nur dort trifft man nicht nur auf einige aktive Wachleute, sondern hat auch schon vorher selber die Schießeisen gezückt und sich im Töten bewährt. Ein kurzes Verteidigungsbemühen schließt sich an, bevor mitsamt der Beute die Flucht ergriffen und das Lager noch per Handgranaten zerstört sowie nutzlos gewordene Verletzte dezimiert werden; Cirio H. Santiago inszeniert das immerhin mit einem Aufgebot an Fahrzeugen und einem koordiniert wirkenden Team, von denen laut Credits die Meisten hinter der Kamera indonesischer Herkunft sind – darunter die halbe Sippschaft vom Regisseur und Produzenten, Vetternwirtschaft im großen Stil quasi – und die englischen Namen der Darsteller (bis auf Brenda Bakke) nicht nur ausgedacht wirken, sondern sowieso gänzlich unbekannt sind.

Wir schreiben das Jahr 1987, etwa im August, Reagan ist noch an der Macht und stabil im Sattel, sodass der Blick nach Washington zum Stand der Dinge ein "Kein Kommentar" seitens des Verteidigungsministeriums beinhalten, die Schlagzeilen der sensationsträchtigen Presse aber dennoch auf Alarm und einem befürchteten Bürgerkrieg gehalten sind. Helfen und retten kann die freie Welt da nur ein Mann des Volkes, ein richtiger Amerikaner, ein Sheriff aus der Pampa, der nicht nur im Zickzacklauf Kugeln ausweichen kann, sondern sich auch schon in der Einführung furchtlos mit einer Bande Drogendealer, einer Bazooka und einem Helikopter anlegt und allesamt mit drei Schüssen zur Strecke und das Fluggerät zum Explodieren bringt.

Leider wird unser Sheriff – und mit der Pistole schneller als die Maus von Mähchiko - von ganz oben nicht so richtig gewürdigt und leider nehmen die Feds die Ehrung in Empfang, während zwischen dessen nicht nur insgeheim die Rebellentruppen sich gegenseitig am Suchen und am Verstecken sind, sondern u.a. auch noch eine kleine Horde Rocker in das beschauliche 'Städtchen' am Lake Granite einfällt. Viel los also, langweilig wird es trotz Actionarmut im Mittelteil nicht, zumal einige der auserwählten Darsteller wie Protagonist, Freundin und Antagonist (eine Type wie Robert Patrick, der leider nicht Robert Patrick selber, aber trotzdem mit Kopf durch die Wand ist) durchaus passabel und mit etwas Leben im Leibe anwesend sind und die Geschichte samt ihrer Behandlung, ob man es glauben mag oder nicht, tatsächlich in Richtung 12 Uhr Mittags respektive One False Move geht und sich narrativ dazwischen platziert. Dass die asiatische Lokalität hier nur mühsam eine Stätte der Vereinigten Staaten von Amerika doubeln muss und niemals annähernd echt und glaubhaft aussieht: geschenkt. Die sandigen Straßen, die karge Natur und ein paar aufgehängte oder angeklebte Schilder sowie die einheimischen Bauten aus Pappmaché und Sperrholz selber (es gibt sogar eine 'Videothek'!) samt vielen einheimischen 'westlich aussehenden' und zusätzlich eingeflogenen Statisten oder vielleicht auch Touristen hat überhaupt eine gewisse seltsam verquere Wirkung, die dem ganzen Plot um Verschwörung, Landesverrat und schießwütiges Double-crossing gegenüber eher noch gewinnend als abträglich ist. Im langen Showdown, der die Gegend in ein Brandloch und die Videothek in eine Druckwelle verwandelt, werden den hochgekochten Emotionen Gebühr geschenkt, erst ein westernartiges Schießduell auf der 'Hauptstraße' von Faketown, die bald darauf wie ein Hühnchen gerupft wird und dann auch gegrillt. Gebäude explodieren per Raketenwerfer, die Ortschaft wird mit Patronenhülsen und Leichen eingedeckt, während der Helfershelfer mit der Tommy Gun vom Dillinger durch die Gegend sprintet und der Sheriff erst im verschwitzten Muscleshirt den Rambo macht und bald mit nacktem gestählten Oberkörper, weil er mit seinem Kleidungsstück vorher noch einen Feuerstunt auswedelt.
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Re: Die Rumpelkammer

Beitrag von Frau Stockl » So 16. Jun 2019, 00:55

Jungle Patrol - Jungle Assault (1989)
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When general Mitchell's daughter joins South American rebels, he asks two of his ex-soldiers, Becker and Kelly, to get her back. They soon discovers that the rebels are in league with Russians.

Aus der kleinen Reihe der Filme von Regisseur, Autor und Produzent David A. Prior, die sich indirekt, nicht konkret, sondern zeitlich und örtlich versetzt mit den Nachwirkungen des Vietnamkrieges auf den Amerikaner beschäftigen; als Unter- und Hintergrund für die andersartige Unterhaltung, in der das reale Sujet zur Fantasie für Aktion und Horror, zur Unterhaltung und Ausbeutung, zur Namsploitation gerät. Mitte bis Ende der Achtziger war die Zeit reif für derlei Geschichten und das Marketing mit Anziehungskraft statt Abschreckung und Verdruss wie noch in den Siebzigern belegt, zu dessen Output auch Prior mit den rasch aufeinanderfolgenden Kill Zone (1985), Tödliche Beute (1987), Night Wars - Tödliche Träume (1988), Operation Warzone (1988), Hell on the Battleground (1989), Born Killer (1989), Lock 'n' Load (1990) und Lost Platoon (1991) so wie hier geschehen auch in Jungle Patrol zu beiträgt. Dabei spielt man gar nicht direkt in dem Lande des Krieges und auch nicht zu der Zeit, sondern wiederholt sich in Analogien oder setzt zur Deckung des Bewusstseins einfache Metaphern ein.

Dabei sind die Protagonisten auch dadurch beeinflusst und oft geschädigt, dass das Hier und Jetzt in der Gesellschaft keine Belohnung für all die Strapazen bereithielt und man keinen anderen Weg, nur die Vergangenheit einen einholen und keine Zukunft vor sich sieht. Die tapferen Kriegshelden sind mehr oder minder Aussätzige, Ausgestoßene, werden von ihrem ehemaligen Vorgesetzten gar als "Penner" bzw. "Gammler" bezeichnet und dies nicht einmal zu Unrecht. Eine Wohnung hat man zwar, aber ein Drecksloch, dass vielleicht von leeren Bierdosen hinter dem Sofa als Sitzgelegenheit, aber von nichts Anderem und schon gar nicht Dekorativen gefüllt ist. Man hockt die Tage ab, haut sich den Kopf mit Alkohol zu und sieht die Fetzen des Lebens ebenso wie die Toten und Verletzten des Militäreinsatzes am inneren Auge vorüberziehen.

Eine Abgestumpftheit und ein Brüten im Elend und im Nichts, welches nicht nur die Figuren in den Filmen auszeichnet, sondern maßgeblich auch für die Betrachtungsweise der Filme selber, die Inszenierung von Prior, mangels Budget und auch mangels Talents entscheidend ist. Denn der Aufbau des Plots gelingt durch kleinere Einleitungen und tatsächlicher Vorstellungen der Personen noch ganz gut, verliert sich im Feindesland selber allerdings wie im Dickicht. Gedreht in Corona, Riverside County, im Staate Kalifornien und dort hauptsächlich im Wäldchen an der Ecke, was hier allerdings wie gelblich krankes Nebelfeld mit karger Natur und viel ausgetrockneten Holz und eher zum Gruseln aussieht. Die Tierwelt wie Vögel etc. ist nicht vorhanden oder nur auf der Tonspur existierend; ansonsten knackt das tote Gebüsch nur, dass es eine Freude ist. Schlimmer noch erwischt es nur das Lager der Terroristen, dass aus Wellblechschuppen, Ölfässern und hingeworfenen Autoreifen wie nach der Apokalypse ausschauend sich in das gequälte Auge des Betrachters frisst.

Erhellt und farblich aufgefrischt wird das giftige Bild nur durch einige knallrote Blutspritzer, die den Einschusslöchern, also den Schießereien, meist ein ziemliches Kirmesschießen übrigens als Gusto zugeordnet sind. Keiner bewegt sich abseits des Marschierens durch das bleiche Gelände und der Flugstunde per Handgranate und Druckwelle wirklich, wird nicht der Angriff, aber auch nicht die Deckung, sondern sein Glück meist im Stand, in der Nähe der einfallslosen Kamera halt gesucht und sich im brutalen Gemetzel erpicht.
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Re: Die Rumpelkammer

Beitrag von Frau Stockl » Sa 22. Jun 2019, 01:10

Jungle Force - Eye of the Eagle (1987)
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"The Lost Command," a bunch of notorious renegades, terrorize South Vietnam, forcing Sgt. Zack Skinner, HQ's best man to hunt down the Command to stop its killing spree.

Zwei Feuerstunts schon in den ersten zehn Minuten, dazu ein scheinbarer Rückzug im tiefsten Dschungel, der in letzter Sekunde durch das Eingreifen einer Elitetruppe mit Schießkünsten wie aus der Wildwestshow noch umgewandelt wird in einen Gewinn. Und ein ausführlicher Überfall auf das Hauptquartier der Kompanie C und dessen Checkpoint samt anliegenden heimischen Stadt, von der außer brennenden und zerrissenen Bauten unter all dem Flakbeschuss und der abgezündeten Raketenwerfer nichts mehr überbleibt, und nur noch die gefallenen Soldaten und Zivilisten zu zählen sind.

Cirio H. Santiago eröffnet sein Battlefield Vietnam wie gewohnt schnell und ohne Vorwarnung, "Tempo! Tempo!" an allen Fronten, der erste Tote in der Geschichte um Geschäftemacherei, Privatfehden und Soziopathentum in Uniform ist auch schon die erste Einstellung, wird auch danach erstmal das Gefecht in Augenschein genommen und die Personen durch die Benutzung der Waffen vorgestellt. Dabei ist die Besetzung hier konkreter und bekannter als sowohl in den beiden Nachfolgern als auch sonst üblich bei den Heulern über den 'Vietnamkrieg' und der Santiagoischen Bearbeitung der Geschehnisse aus der Sicht des B-Picture Filmemachers mit viel Detonation, Destruktion und Schusswechsel in der philippinischen Wälderpampa ist. Robert Patrick natürlich, Cec Verrell, aber auch Rey Malonzo, der als einheimischer Filmheld anwesend und dem Pinoy Action Kino eng verbunden ist, dazu eine ganze Riege der Stammbesetzung vom Regisseur, quasi die Hausmannschaft, ein eingespieltes Team, die Hart wie Stahl und Angetreten zum Verrecken sind.

Für westliche Augen mag das Ganze vielleicht schäbig aussehen, für damaliges philippinisches Kino aber sind die großen Freundschaftswochen ausgebrochen, ist das ordentlich Spektakel und Grandezza, mit viel Technik, auch bei Verfolgungsjagden durch unwegsames Gelände und fleißig Beschuss auch aus der Luft per Hubschrauber, darunter die Bombardierung eines Dorfes und ähnlicher Aufwand mit Explosion en masse und diese leinwandfüllend und den Horizont erhellend sind. Eine gewisse 'preiswerte' Natur des Filmes liegt an den Darstellern, oftmals Chargen gerade in den Nebenrollen, der Nutzung zerfressener Flora und Fauna und auch einigen inszenatorischen Unzulänglichkeiten, wie die Aufbietung einiger Ureinwohner im Lendenschurz und das Spielen am Zeitraffer, welches Szenen teilweise wie bei den Keystone Cops noch aussehen lässt. Ansonsten ist immer was los, gibt's hier mit der groben Kelle, selbst in einer Rückblende einer blutigen Geiselnahme in einem Schwarzmarkt-Warenhaus das Schießeisen gezückt; wird sich auch abseits des permanenten Munitionsverbrauchs entweder angeschnauzt, in Bars geprügelt oder sonst wie gegenseitig an die Gurgel gegangen, auf das es eine Freude ist.
"Ich will dir mal was sagen, Johnny. In diesem verdammten Krieg wird nur übertrieben."
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Re: Die Rumpelkammer

Beitrag von Frau Stockl » Fr 28. Jun 2019, 01:06

Platoon ohne Rückkehr - The Expendables (1988)
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Captain Rosello, assigned a squad of misfit soldiers, trains them into a fighting powerhouse "The Expendables." Breaking every rule, they must risk their lives crossing into Cambodia to save the American hostages.
"Meine Aufgabe ist es, den Krieg zu gewinnen, Schlitzaugen zu erschießen, und keine amerikanischen Brüder."
Der im Original The Expendables betitelte hat keinerlei bekannte Namen, dafür hohe Schadensmeldungen nicht nur bei den Statisten, werden schon in der Einstiegsszene ein Dörflein voller Vietcong samt deren Munitionslager ausgenommen und per Schießeisen, Handgranaten und Sprengstoff in die ewigen Jagdgründe geschickt. Allerdings muss nicht nur der Feind im Hochland dran glauben, sondern mangels tatsächlichen Plan bei der Erstürmung auch ein Großteil der beorderten Einheit selber, sodass außer dem Anführer (in der deutschen Fassung vertreten durch Don Johnson, also stimmlich jetzt) nicht mehr viel überbleibt und bereits das nächste Kanonenfutter am Startpunkt steht.

Ein Lotterhaufen aus besseren Kriminellen, ein ungewaschener, unflätiger, anfangs auch unfähiger Trupp aus Drückebergern, Maulhelden, Muttersöhnchen und anderen Spießgesellen, denen die Charlies schon mit Mörser- und Flakbeschuss auf die Pelle rücken können und an die Nieren gehen. Krieg ist hier gleichzeitig Abenteuer und auch schmutziges Geschäft, Haudraufstück und Todesahnung und Todesverachtung, wo nur zuweilen das Leben eines Einzelnen etwas und oftmals auch nur das eigene Überleben zählt. Explosionen, die den Hintergrund der unwirtlichen Szenerie zerreißen und das billige Verhau der Kulisse gleich mit, und das vielfältige Donnern der Patronen werden von Regisseur Cirio H. Santiago als Dauerbeschallung und so schnell Abstumpfen der Mannen darin eingesetzt, ein Tag wie jeder andere, wo auch keine Zeitangaben gemacht werden und die nächste Lokalisierung Ho-Chi-Minh-Stadt ganz weit weg im Irgendwo und hier nur das Nirgendwo und Nirgends ist.

Episodisch schreitet die Handlung voran, der Krieg als ein Abarbeiten von Momenten, die Sprengung einer Brücke, eine gefährliche Nachtwache, das Ausschalten einer Radarstation vom Boden aus, da Luftwaffenbeschuss in dem Fall nicht möglich ist; Santiago, der mit diesen Kriegsabenteuern sein filmisches El Dorado gefunden hat und zuweilen darin tatsächlich aufdreht und brilliert, setzt auch hier auf viel Abwechslung und hat ausnahmsweise auch tatsächlich ein funktionierendes, mit mehrerlei Charakteren und auch personell entwickelten Spannungen und entsprechend gereizten Dialogen ausgestattetes Skript mit einigen Ideen wie einen beantwortenden Überfall auf Lazarett und Badehaus (inklusive ausgiebiger Nackedeiszenen unter der Dusche) seitens der Vietnamesen vor sich. Zwischendurch geht's mal in den Puff, um dort Dampf abzulassen oder auch nicht ("Du bezahlen fürs Nichtstun?...Du guter Joe...Du, Joe? Du sag mein Boss, wir gut, hart, und lange ficken. Super Fick, okay?") und sich noch eine Barschlägerei mit dem eigenen Mann zu liefern, bevor es nach Kambodscha in einer alten Dschungelfestung in den vollen Showdown geht. Das spät analysierte Drama um "Alle Heldentaten, die wir gesehen haben, haben eines gemeinsam: Den Tod. Doch Tote haben noch nie Siege errungen." geht natürlich daneben und ist herzlich lol, es ist schon nicht glaubhaft, dass sich der Regisseur dafür interessiert und der Zuschauer auch überhaupt nicht; aber wenigstens ist das Gezeigte hier kein Persilkrieg, sondern wird sich tatsächlich schmuddelig schon in das Gefecht begeben und mit der Nase voran in den Schlamm gerobbt und das Dickicht durchpflügt.
~ Hoffnung ist die kleine Schwester der Verzweiflung.

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