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Die Filmtagebücher der Mitglieder.
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Beitrag von Dodger » Do 22. Nov 2012, 02:20

MISS BALA

Richtig stark, nicht zuletzt seiner in ihrer Unaufgeregtheit schon wieder aufregenden Inszenierung wegen. Kameraarbeit (lange Takes, ungewöhnliche Vor/Zurück-Schwenks und viel seitliche Bewegung), teils tolle Beleuchtung (die Szenen in Lauras Haus) und Sounddesign sowie die sehr guten Darsteller (Stephanie Sigman, aber auch viele der kleineren Parts) sind die großen Pluspunkte eines Films, in dem sich alles und jeder in Grauschattierungen darstellt, und dem eine "Dringlichkeit" innewohnt, die ich bei lateinamerikanischen Filmen, so selten sie auch auf meinem Radar auftauchen (dagegen muss ich spätestens im nächsten Jahr etwas unternehmen, wenn man praktisch nur die US-Seiten verfolgt, entgeht einem da doch so einiges), überdurchschnittlich oft empfinde. "Geheim"tipp, der einen reich beschenkt.



2 DAYS IN NEW YORK

Familientrubel, der sich extrem europäisch, nachgerade französisch anfühlt, und vor allem von Delpys neurosengeschwängerten Figuren und deren Zusammenstößen lebt. Ganz nett und mit einigen wirklich komischen Momenten gesegnet; speziell für Chris Rock, der ja nun nicht so häufig im Film zu sehen ist, hätte ich mir aber etwas forderndere Aufgaben gewünscht, der macht neunzig Minuten lang eigentlich nichts anderes, als die Augen in ungläubigem Staunen/Entsetzen aufzureißen. Beste Leistung: Emily Wagner als gestresste Galeristin mit game face.



LOLA VERSUS

Beziehungsdramödie nach Industriestandard, die vor allem deswegen nicht so richtig funktionieren will, weil Joel "Robocop" Kinnaman einem hier andauernd als ultrabegehrenswerter Erfolgstyp verkauft werden soll, dabei aber den ganzen Film über nur wie ein totaler Weirdo rüberkommt - und dass Gretas Lola nicht gerade sympathisch ist, hilft der Sache auch nur bedingt. Die ist okay, allerdings wieder nicht hundertprozentig überzeugend (ehrlicherweise kam da schon seit GREENBERG nichts rundum gelungenes mehr)... richtig cool dafür Zoe Lister Jones als scharfzüngige beste Freundin, die zeigt, dass man mit genügend Talent auch so einer an sich abgedroschenen Figur noch Glanz verleihen kann.
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Beitrag von Dodger » Di 4. Dez 2012, 18:57

Zwei Serien (Mini/Web) der letzten Wochen:


THE BEAUTY INSIDE

Wie handhabt man eine Liebe, wenn man jeden Tag seines Lebens in einem anderen Körper aufwacht, dieser Frage geht Drake Doremus in seinem Sechsteiler nach. Das ist beizeiten zum Heulen schön - vor allem die Episoden 2 und 3 sind unfassbar toll - zum Ende hin wird die Luft dann aber doch etwas dünner
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nicht nur, weil mit dem Auftauchen von Topher Grace die Verwandlungen ein Ende haben, was die viel interessantere Frage eliminiert, wie ein Zusammenleben andernfalls aussehen würde/könnte - es bleibt auch ein wenig unklar bzw. zu wenig ausbuchstabiert, warum Leah nach dem "don't contact me again"-Ende von Episode 5 eben jenen Kontakt von sich aus wieder sucht (und irgendwie auch, warum jede Person sich eben doch unterschiedlich verhält, andere Ticks in Sachen Mimik/Gestik hat usw., wenn die selbe "Seele" drinsteckt und steuert).
Absolut bezaubernd, mal wieder: Mary Elizabeth Winstead, in die man sich, mal wieder, einfach verlieben muss.

The Beauty Inside



BURNING LOVE

Parodie auf Scripted Reality-Dating Shows wie "Rock of Love" oder "The Bachelor". Wahrscheinlich das Lustigste, was ich dieses Jahr gesehen habe; nicht nur Ken Marino, der wirklich einer der besten comedic actors unserer Tage ist, sondern vor allem die sehr starke weibliche Besetzung [u.a. Kristen Bell, Malin Akerman (mit einem Bezauberungslevel nahe an dem von Winstead), Natasha Leggero, Janet Varney und Beth Russo] machen das Ganze zu einem Vergnügen. Das lebt ganz stark von kleinen Gesten, Gesichtsausdrücken, Tonfällen - ganz groß bspw. die erste Episode, in der die Kandidatinnen vorgestellt werden, und in der die entsprechenden Charaktere dahinter teilweise in Sekunden skizziert werden. Einige wenige Male ist die Show etwas zu laut, speziell in der einfach zu abgedrehten elften Episode und was Varney Figur angeht, ansonsten: Expertly crafted.

Hab ich keinen Link zu, da Yahoo, der Finanzier der Serie, einem im Internet von 2012 tatsächlich noch mit absurden Ländergrenzen kommt (schon ziemlich unglaublich), aber... lässt sich machen, wenn man seine "Herkunft" mittels technischer Hilfsmittel verschleiert.
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Beitrag von Dodger » Sa 15. Dez 2012, 20:23

YOUR SISTER'S SISTER

Dreiecks"komödie" mit Mark Duplass, Rosemarie DeWitt aus UNITED STATES OF TARA und - last, but most definitely not least - Emily Blunt. Macht vieles richtig und erfreut vor allem mit einem ganz und gar unaufgeregten Fluss, der sogar den vorhersehbaren dramatischen Höhepunkt so wenig aufdringlich wie möglich gestaltet. Dazu gibt's einige lange Takes (Favorit: das Gespräch zwischen Blunt und DeWitt im Bett), geschmackvoll ausgewählte Songs und sogar tolle Bilder (Duplass' Kurzreise zur Insel). Schön.



UNDEFEATED

Unheimlich kraftvoll, mit vielen Momenten, die einen emotional geradezu erdrücken - und die in der Form tatsächlich NUR Sport heraufbeschwören kann. Wer schon bei Filmen wie ANY GIVEN SUNDAY und dessen Kabinenpredigten das Wasser nicht halten kann, wird sich hier in ein schluchzendes Häufchen Elend verwandeln; oft sind die Kameras zudem so dicht dran, wirken die Beobachteten so natürlich, dass man (irnonischerweise) fast nicht glauben kann, dass hier nichts (im Spielfilmsinne) inszeniert ist. Werden wir Anfang nächsten Jahres vermutlich im Oscar-Rennen sehen, und selbst, wenn ich bis dahin keines der Mitbewerber ansichtig werden sollte, hätte ich kein Problem, hierfür die Daumen zu drücken. Großartig.



RISE OF THE GUARDIANS

Wow. Die Trailer fand ich ganz ansprechend, der fertige Film ist unerwarteterweise ein richtiger Hit - wo WRECK-IT RALPH unterm Strich "nur" unterhaltsam ist (das natürlich auf ganz hohem Niveau), funktioniert RISE auch noch auf anderen Ebenen: Der Film ist spannend, mystisch, traurig, komisch, mit schön gesetzten Gags, einem ungewöhnlichen Produktionsdesign, absolut famoser, die Atmosphäre des Films stark stützender Filmmusik von Alexandre Desplat und, was seine Hauptfigur angeht, sogar einer "fordernden" Geschichte versehen. Und, obwohl es mittlerweile ob des gefühlt sehr hohen Niveaus in dem Bereich eigentlich müßig scheint: Auch die Sprecher sind exzellent, allen voran Florian Fitz (Jack Frost), Tommy Morgenstern (Pitch Black) und Hannah Herzsprung (Tooth Fairy). "Grunz grunz" macht das Phrasenschwein: Ein echtes Wechselbad der Gefühle, mit einem meiner liebsten Filmmomente 2012. So lässt man sich gern überraschen - in diesem Moment, für diesen Tag macht Dreamworks die wagemutigeren Big Budget-Animationsfilme.

Wer sich auch nur ansatzweise für diese Art von Film erwärmen kann: Bitte unbedingt anschauen.
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Beitrag von Dodger » Mo 24. Dez 2012, 02:05

BEING FLYNN

Halbwegs ansehnliches Drama mit einem guten Paul Dano und einem, hm, beschäftigten Robert De Niro. Nicht uninteressant, weil dessen Charakter, anders als, sagen wir, Connerys William Forrester nicht einfach nur
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ein kauziger Typ mit verbesserungsfähigen sozialen Fähigkeiten, aber dem Herzen am rechten Fleck, sondern tatsächlich ein den Bezug zur Realität lange hinter sich gelassenes Arschloch
ist. Der Film hat seine Momente - etwa, wenn sich De Niro auf der Suche nach Obdach im eisigen Großstadtwinter auf einem Luftschacht zur Nachtruhe bettet oder der junge Nick mit (zu jedem Vor/Zurück-Kameraschwenk) wechselnden Lebensgefährten der Mutter Baseball spielt - findet aber nie wirklich zu einem einheitlichen Ton, da zwischendurch immer wieder (unnötigerweise) "Auflockerung" geboten werden soll, u.a. durch Danos dauernörgelnden WG-Genossen. In kleineren Rollen gibt's Julianne Moore und Olivia Thirlby, trotzdem: Prädikat unbefriedigend.



BACHELORETTE

Nichts halbes und definitiv nichts ganzes. Das bewährte PARTY DOWN-Duett Scott/Caplan stemmt sich neunzig Minuten lang vergeblich (und in Sachen Lizzy auch zu laut) gegen Komödienmittelmaß, während eine krass fehlbesetzte Kirsten Dunst alle Mühe hat, ihren (ab Mitte des Films) parallel laufenden Handlungsstrang zusammenzuhalten. Die BRIDESMAIDS-Vergleiche waren bei der Story zu erwarten, ob der Film es wirklich darauf angelegt hatte, sei mal dahingestellt... so oder so, es fehlt an allem, auch an in speziell diesem Genre nicht ganz unwichtigen knalligen Nebenrollen.

Die Autorin Leslye Headland war zuvor übrigens Autorin für TERRIERS, what do you know...
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Beitrag von Dodger » Do 31. Jan 2013, 23:11

THE DARK KNIGHT RETURNS PART 1 & 2

Über eine Live Action-Version von Millers Klassiker wird seit Jahren immer mal wieder gesprochen, jetzt hatten DC und Warner Animation wohl den Kanal voll und haben einfach ein mittig geteiltes Animations-Epos draus gemacht. Und das erfreut mit äußerst liebevoller Umsetzung, die sich vor allem in Part 1 streckenweise 1:1 an der Vorlage bewegt. Dabei treffen Regisseur Jay Oliva und Drehbuchautor Bob Goodman den finsteren Ton von Millers Welt punktgenau, der Film ist definitiv nichts für jüngere Zuschauer. Und die wuchtige Action transportiert das no nonsense-Gefühl direkt in den Sehnerv, wobei die beiden Kämpfe gegen den Mutant Leader (vor allem der zweite) sowie das spektakuläre Finale gegen Superman - so müsste das mal jemand im Realfilm hinkriegen! - besonders hervorzuheben sind (das Sounddesign fällt ebenfalls hervorragend aus). Dazu gehen auch die satirischen Elemente der Story weitestgehend ins Ziel, wenn in Part 2 auch einige Szenen flach auf's Gesicht fallen.

Peter Weller als Batman ist okay, Michael Emersons Joker und vor allem Gordon sind allerdings... gewöhnungsbedürftig (das ganze Joker-Segment leidet darunter, dass die Sprechleistung irgendwie "neben der Figur" zu stehen scheint). Robin und auch Supes wiederum exzellent.

Trotz kleiner Makel: Schönes Gesamtpaket, Empfehlung.
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Beitrag von Dodger » So 17. Feb 2013, 23:46

THE SESSIONS

Sehenswerte Dramödie, die zum großen Teil von den zu Recht besungenen, extrem relaxten Performances ALLER Beteiligten lebt (Hunt mochte ich nie besonders, aber einen Auftritt wie diesen muss man erstmal so ableisten; Hawkes ist toll, auch Moon Bloodgood), die dann im Gegenzug dem Zuschauer die nötige "Sicherheit" vermitteln, sich zu keiner Sekunde unkomfortabel zu fühlen. Blickt man von den Leuten vor der Kamera rüber zu denen dahinter, liegt aber doch so einiges im Argen: Die Erzählstruktur instrumentalisiert die Figur Macys (der immer traurig guckt, hier aber ganz besonders so wirkt, als sei er sich seiner Rolle als Lückenbüsser voll bewusst) und seinen Hauptaufenthaltsort viel zu häufig für kleine "Momente der Erleichterung", so scheint es, nimmt dadurch immer wieder eine gewisse Spannung aus den Momenten zwischen Hawkes und Hunt, stört die fast beiläufige, dennoch behutsam aufgebaute Atmosphäre ihrer Szenen. Darüber hinaus schiebt sich in gefühlt wirklich jedem von Emotion geprägten Augenblick die Filmmusik ins Bild - mittlerweile für mich wirklich die #1-Krankheit vor allem im US-Kino - was dem Film in der Häufig- und Aufdringlichkeit dann doch eher schadet.

Also: Gelungener Film mit bemerkenswerten Darstellerleistungen, aber nicht die Verkörperung alles Schönen und Guten.
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Beitrag von Dodger » Mi 20. Mär 2013, 22:41

SEEKING A FRIEND FOR THE END OF THE WORLD

Gefälliger Mix aus manchmal etwas zu dick gepinseltem Humor und leicht verdaulichem Drama. Carell ist mir bekanntlich immer willkommen, und Knightley schlägt sich gut, szenenweise sogar großartig. Und das Drehbuch hat durchaus interessante Ansätze, im (kurzzeitigen) Beleuchten der Auswirkungen einer globalen Todesbotschaft auf die sozialen Strukturen
[+] Spoiler
das bleibt insgesamt nur "schmückendes Beiwerk", auch, da sich die Handlung relativ schnell in eine nahezu menschenleere "Zwischenwelt" bewegt und ganz auf die beiden Hauptdarsteller konzentriert, aber erwähnenswert ist es doch.
Schöner kleiner Film, für einen Romantiker wie mich sowieso.



THE PERKS OF BEING A WALLFLOWER

Wirklich sehr gelungen, sowohl drehbuch- als auch darstellerseitig (und das, obwohl ich von Emma Watson nicht ganz so verzaubert bin wie der Rest der Welt). Gute Songs, wie so häufig unter den Indies etwas zu zahlreich vertreten; ganz besonders toll fand ich die Beleuchtung in vielen der bei Nacht spielenden Innenaufnahmen. In den letzten zehn Minuten
[+] Spoiler
macht der Film aber imho eine allzu heftige Kehrtwende hin zum Dramatischen, um das richtig funktionieren zu lassen, hätte man Charlies innere Kämpfe vorher mehr herausarbeiten müssen, so stößt einen der plötzliche Umschwung doch ein wenig vor den Kopf... und, naja, ein paar Nebenfiguren hätten vielleicht auch etwas weniger schablonenhaft geraten können (die jocks, der sich am Ende eben doch als Lügenbaron entpuppende "Freund" von Sam etc.).
Also leichte Abzüge in der B-Note, die den Sprung auf's Treppchen aber nicht verhindern können.
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