Bret Easton Ellis

Von Richard Laymon bis zu Tolstoi: Die Abteilung für Leseratten.
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diceman
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Beitrag von diceman » Mo 29. Apr 2013, 22:23

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LESS THAN ZERO sollte Konsens sein - brauche ich jetzt nix drüber schreiben, oder?
IMPERIAL BEDROOMS ist dazu das Quasi-Sequel. Wir begegnen denselben Charakteren, die aber mittlerweile in ihrer Midlife-Crisis angekommen sind. Clay ist ein semi-erfolgreicher Drehbuchschreiber und Filmproduzent, der sich in eine genre-konforme Femme Fatale verguckt, ihr zu einer Rolle in seinem neuesten Streifen verhelfen will und dabei einen Stalker auf den Plan ruft.
Bret Easton Ellis erzählt hier eine Geschichte über die dunkle Seite von Hollywood, über gescheiterte Träume, Drogen, Prostitution, und Menschen, die nur aus Langeweile miteinander ficken. Nach außen hin ein Noir-Drama, am Ende eine weitere Parabel über emotionale Kälte, sowie Anleitung, wie man das letzte Fünkchen Menschlichkeit in seiner fleischlichen Hülle erfrieren lässt. Hat seine chilling moments, verliert sich aber am Ende zunehmend in Dialogen, anstatt die Handlung mit Aktionen voranzutreiben, beschwört Vergleiche zum Erstling herauf, dem BEDROOM einfach nicht das Wasser reichen kann. Die inhaltlichen Parallelen zu LESS THAN ZERO wirken aufgesetzt, sind häufig mehr Gimmick denn tatsächliche inhaltliche Bereicherung zum Thema, stünde als stand-alone-Feature, mit einem frischen, unabhängigen Cast, deutlich besser da.
Für Easton Ellis-Fans trotzdem interessant, und kann man auch locker an zwei Abenden weglesen.

Fühle mich jetzt bereit für AMERICAN PSYCHO (yep, immer noch nicht gelesen). :?
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Dodger
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Beitrag von Dodger » Mo 29. Apr 2013, 23:41

Trust me on this one: Das Gefühl täuscht. Vielleicht erst GLAMORAMA vorschieben.
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diceman
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Beitrag von diceman » Mi 1. Mai 2013, 02:41

Dodger hat geschrieben:Trust me on this one: Das Gefühl täuscht. Vielleicht erst GLAMORAMA vorschieben.
Danke, klingt gut, und ist notiert. :)
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Julio Sacchi
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Beitrag von Julio Sacchi » Do 2. Mai 2013, 11:03

Mich traf AMERICAN PSYCHO vielleicht vor allem wie ein Vorschlaghammer, weil ich unvorbeitet war. Bis heute für mich eines der besten (und am häufigsten falsch verstandenen) Bücher überhaupt.
IMPERIAL BEDROOMS hat mir gut gefallen.

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diceman
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Beitrag von diceman » Do 2. Mai 2013, 15:53

Julio Sacchi hat geschrieben:[...] IMPERIAL BEDROOMS hat mir gut gefallen.
Klang jetzt vielleicht weiter oben etwas härter als beabsichtigt, aber gut gefallen hat's mir auf jeden Fall. Würde ich halt nur nicht auf dieselbe Stufe stellen wie LESS THAN ZERO. :) GLAMORAMA habe ich jetzt auch mal bestellt, und AMERICAN PSYCHO wird dann wohl kurz darauf folgen.
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diceman
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Beitrag von diceman » Sa 25. Mai 2013, 12:20

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Ein Sucker Punch erster Güte! :shock:
Wußte ungefähr worum es geht, auch daß das Buch lange Zeit in Deutschland auf dem Index stand, aber nichts, NICHTS konnte mich auf die seelischen Abgründe und pervesen Gewaltakte vorbereiten, die Ellis hier vom Stapel lässt. Das ist nicht nur Stoff, bei dem man schlucken muß, sondern der noch lange danach im Magen rumort, bevor man ihn verdaut hat. Dabei wiegt Ellis einen konsequent in Sicherheit, so daß Batemans Ausbrüche tatsächlich wie ein Tritt in die Nierengegend treffen; die Fame-Money-Power-Satire bleibt dabei stets präsent und auch als solche erkennbar. Ohne das methodische Aufzählen von Markennamen, was wer aus welcher Kollektion von Armani oder Laura Ashley trägt, wäre das Buch wesentlich kürzer, allerdings bekommt man gerade über solche stilistische Mittel ein perfektes Bild von der Welt geboten, in der Patrick Bateman und seine Yuppie-Freunde sich bewegen, und welche Werte gelebt werden. Ausreichend doppelter Boden für multiple Deutungsansätze bleibt dabei vorhanden.

Aktuelle Lektüre: GLAMORAMA (auch von Ellis) - Dank an Dodger für die Empfehlung. Auch wenn sich bei mir gerade der Verdacht aufdrängt, daß Ellis thematisch ein One-Trick-Pony sein könnte, werde zumindest ich nicht müde, ihm zuzuhören. Überlege deswegen gerade auch, ob ich, was Ellis' Bibliographie angeht, nicht The Whole Nine Yards gehen, und ALLES mitnehmen sollte. Wie sind denn LUNAR PARK und THE RULES OF ATTRACTION? :)
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dejin
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Beitrag von dejin » Sa 25. Mai 2013, 14:41

Yeah! Glamorama is echt fett.
Für mich eins der nachhaltigsten Enden, die ich je las. Und im Gesamtverstörungssinn nochmal 2 Schritte weiter als AP.
Rules macht Spaß, is aber eher (wenn ich mich recht erinner) n flotter Snack für zwischendurch. Querverweise zu andren Büchern und Figuren sind wie im King-Universum vorhanden.
Lunar: Talking 'bout Stephen King: Ellis Verbeugung vorm (ehemaligen) Master: Erstes Drittel aus der Ich-Pespektive von dem Protagonisten Easton Ellis, 2te Hälfte ist er auch der Prota, aber Wechsel zu 3rd-person und im King-setting angesiedelt. War n Trip es zu lesen, aber is zu lang her bei mir. Auf jeden Fall interessant.
Gaaaanz wichtig (imho): Less than zero - aber hast du schon, oder? wegen Signatur?
und sein Kurzgeschichtenband: The Informers - hab ich jetzt schon mehrmals gelesen, das ist einfach...exquisit!
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Beitrag von diceman » Sa 25. Mai 2013, 15:10

Ja, LESS THAN ZERO kenne ich, das war auch meine "Einstiegsdroge" ins Ellis-Universum. Und direkt danach kam IMPERIAL BEDROOMS - da hatte ich noch das interaktive Online-Marketing in Erinnerung, was Dodger damals im schwarz-gelben Forum verlinkt hatte. Hat jedenfalls voll getriggert. Und bei GLAMORAMA bin ich jetzt nachträglich doch froh, daß ich den, entgegen Dodgers Rat, erst nach AMERICAN PSYCHO gelesen habe - bzw. gerade noch lese; einfach, weil ich so mehr von den "Cameos" habe: in einer Szene schüttelt der Protagonist Patrick Bateman die Hand und wundert sich über die seltsamen Flecken auf seinem Anzug, oder sein kurzer Dialog mit Sean Bateman. Rip (aus ZERO) habe ich, glaube ich, auch wiedererkannt. Allerdings muß Ellis hier'n bißchen aufpassen, daß das Random Celebrity-Name-Dropping - in AMERICAN PSYCHO noch ein sexy Gimmick - in GLAMORAMA nicht zur redundanten Masche gerät. Wäre aber immer noch Meckern auf hohem Niveau.

Und sollte davon irgendwas (Charaktere, Themen, Dialoge, whatever) in der ein- oder anderen Form in THE CANYONS wieder auftauchen, bin ich mir bereits sicher, einen neuen Lieblingsfilm auf dem Radar zu haben.

LUNAR PARK hört sich sehr, sehr interessant an - für Kurzgeschichten (INFORMERS) bin ich dagegen nicht so arg zu begeistern. Bin dann doch mehr der Typ, der 'ne heiße Affäre dem unverbindlichen Quickie vorzieht (eine Analogie, die ich mal bei King gelesen habe, meine ich). ;)
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Beitrag von dejin » Sa 25. Mai 2013, 15:16

Finde as name-dropping erzielt später zusammen mit dem Konfetti seine Wirkung ;)

Bei Informers lohnt sich der Quickie aber wirklich. Hängen auch zusammen die Geschichten (kinda) und die Charaktere auch ein wenig; hier gibts die Abgründe schnell und kalt serviert und das Ellis-Universum nimmt noch mehr Gestalt an.
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Dodger
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Beitrag von Dodger » Sa 25. Mai 2013, 18:30

diceman hat geschrieben:Und bei GLAMORAMA bin ich jetzt nachträglich doch froh, daß ich den, entgegen Dodgers Rat, erst nach AMERICAN PSYCHO gelesen habe - bzw. gerade noch lese; einfach, weil ich so mehr von den "Cameos" habe
Ja, da ist schon was dran, war im Rückblick nicht der ausgeklügeltste Ratschlag.
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