Diskussionskultur

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Nahaufnahme
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Re: Diskussionskultur

Beitrag von Nahaufnahme » Fr 15. Okt 2021, 03:38

Wäre ja auch unvorstellbar, dass sich die Dynamik der "Weiße diskutieren über Rassismus und andere Sachen, von denen sie nicht betroffen sind oder waren (Twitter mit 13/14)" hier nicht mit den üblichen Verdächtigen wiederholen würde. Hat es Heidenreich in wenigen Minuten darauf angelegt, die Promis aus der berüchtigten WDR-Sendung zu überholen? Ich war einigermaßen erschrocken, sie klang so schlicht wie ihre alte Comedyfigur Else Stratmann.

Es fällt mir eigentlich schwer, gewisse Leute und ihre Aktionen wegen des jungen Alters nachträglich zu rechtfertigen, weil ich in dem Alter (13/14)mit bullies real und nicht bloß virtuell zu tun hatte. Ich würde im Dauerstrahl kotzen, wenn einer von denen irgendwann in eine prominente öffentliche Rolle geraten wäre. Bei Sarah-Lee bin ich aber sicher, dass die Kommentare eine Reaktion auf ihr Erleben war und das ist nun einmal ein anderes als das der Mehrheit. War es bei mir auch und ich bin damals verbal ebenfalls voll drüber gewesen, da schlägt man nach allen Seiten aus.

Ich dachte aber auch an eine Mitschülerin, wo der Vater einen afrikanischen Migrationshintergrund hatte. Mit 11 oder 12, 1975 oder 76 waren wir in einem Kiosk und die Verkäuferin sagte, sie bediene keine "N..." weil die "alle klauen". Wenn unsere Fahrräder von der Polizei auf dem Schulweg kontrolliert wurden, das ist zwei- oder dreimal passiert,. musste sie sich ausweisen, mit einem Schülerausweis, den man eigentlich nur für die öffentlichen Verkehrsmittel brauchte! Das waren die ersten Rassismuserfahrungen, die ich miterlebt habe, die letzte hatte ich vor drei Wochen. Keine Ahnung, was Mary heute macht, aber die Vorstellung, sie erwischt eine solcher TV-Sendungen mit diesen ignoranten reichen Promis, die sich für keine Sekunde in das Leben von Menschen mit einer anderen Hautfarbe hinein versetzen können, ist mir unangenehm. Ich kenne das mit den christlich-katholischen Fundamentalisten wie Elisabeth Motschmann und den Kardinälen und Priestern, die sich in den Talkprogrammen bis in die späten 90er Jahre hinein regelmäßig über Homosexuelle aufregen durften. Dass Betroffene dafür GEZ/ Haushaltsabgabe zahlen müssen (sonst gerne, ich bin überzeugter Antennen-Zuschauer), setzt den Bemerkungen noch eine zusätzliche Verletzung drauf. Bei Twitter ist das wenigstens umsonst. :roll:

Antisemitismus ist laut Umfragen inzwischen unter Jugendlichen alltäglicher verbreitet als in den 70er bis 90er Jahren. Die biodeutschen Rechtsextremen setzen bei Twitter seit Netanjahu vielfach die Israel-Flagge neben ihre Namen. Also Vorsicht, wenn sich die Ecke über linke Antisemiten beschwert, aber dabei an gewaltbereite Muslime mit einer Minderheit von schwarzkostümierten "Autonomen" auf Pro-PLO/Gaza-Demos denkt. Die sind - verkürzt - islamophob. Die linken Salon-Antisemiten sind dann eben doch nicht zahlreich genug, um ständig "aber die auch" rufen zu dürfen. Die antisemitischen Kommentare bei Welt/Bild.de geben einen Hinweis darauf, dass der zum Thema heuchelnde Axel-Springer-Verlag* das Unkraut sprießen lässt, welches sie mit ihren Anti-Ausländer/Flüchtlinge/Islam-Kommentaren und Überschriften selbst gesät haben. (*Aus dem Statut des Verlags: "Wir unterstützen das jüdische Volk und das Existenzrecht des Staates Israel."/ "Wir lehnen politischen und religiösen Extremismus und jede Art von Rassismus und sexueller Diskriminierung ab.")

Aber vielleicht denken die ÖR-Sender mal über eine regelmäßige Talkshow von und mit Moslems nach, davon gibt es in Deutschland ein paar Millionen oder? Es kann nicht so schwer sein, das mit Gästen und Inhalten zu füllen, z.B. mit jungen Leuten über Antisemitismus. Bei FREITAGNACHT JEWS gibt es vielleicht einiges abzuschauen. Ich hoffe, das funktioniert besser als bei denen ohne Migrationshintergrund, die es wie Heidenreich mit fast 80 Jahren und trotz umfangreicher Belesenheit beim Rassismus nicht geschafft haben.

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Sylvio Constabel
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Re: Diskussionskultur

Beitrag von Sylvio Constabel » Fr 15. Okt 2021, 07:09

@Schnabel
Heute Morgen packte ich dazu Päckchen aus. THE MANGLER war dabei. :thumbup:
Bei Sylvio mag ich, er guckt halt auch viel mit dem Herzen. Jimfried Nullinie

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Re: Diskussionskultur

Beitrag von Thorsten Hanisch » Fr 15. Okt 2021, 11:26

War ja klar, dass auf Nahaufnahmes wunderbaren Beitrag mal wieder nur Unsinn kommt. *seufz*

Jedenfalls danke für deinen Text - wirklich sehr, sehr schön und natürlich absolut unterschreibenswert!
»Wenn man der Klügste im Raum ist, ist man im falschen Raum« (K. Lauterbach)

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Re: Diskussionskultur

Beitrag von Bewitched240 » Fr 15. Okt 2021, 11:39

Thorsten Hanisch hat geschrieben:
Fr 15. Okt 2021, 11:26
War ja klar, dass auf Nahaufnahmes wunderbaren Beitrag mal wieder nur Unsinn kommt. *seufz*

Jedenfalls danke für deinen Text - wirklich sehr, sehr schön und natürlich absolut unterschreibenswert!
Selbst hier im Forum verwertest Du Gedanken anderer ohne selbst was zu erarbeiten. Sad but true. :(
[+] Spoiler
:mrgreen:

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Re: Diskussionskultur

Beitrag von Thorsten Hanisch » Fr 15. Okt 2021, 12:59

Warum soll ich zwanghaft was draufsetzen, wenn jemand ein Thema schöner auf den Punkt gebracht hat, als ich es je könnte?

Ich hab keinerlei Probleme mit Demut, damit die Kompetenz (oder sogar Überlegenheit) anderer anzuerkennen.

Stünde Dir auch ganz gut, eigentlich sogar noch besser, zu Gesicht! :P

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Re: Diskussionskultur

Beitrag von Bewitched240 » Fr 15. Okt 2021, 13:50

Respekt ja, Demut nein. :wave:

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Doctor Schnabel
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Re: Diskussionskultur

Beitrag von Doctor Schnabel » Fr 15. Okt 2021, 14:21

Sylvio Constabel hat geschrieben:
Fr 15. Okt 2021, 07:09
@Schnabel
Heute Morgen packte ich dazu Päckchen aus. THE MANGLER war dabei. :thumbup:
Ging ja fix :shock: :wave:

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Re: Diskussionskultur

Beitrag von Nahaufnahme » Fr 15. Okt 2021, 15:14

Thorsten Hanisch hat geschrieben:
Fr 15. Okt 2021, 12:59
Ich hab keinerlei Probleme mit Demut, damit die Kompetenz (oder sogar Überlegenheit) anderer anzuerkennen.

Stünde Dir auch ganz gut, eigentlich sogar noch besser, zu Gesicht! :P
Bewitched240 hat geschrieben:
Fr 15. Okt 2021, 13:50
Respekt ja, Demut nein. :wave:
Hilfe, jetzt muss ich Bewitched240 tatsächlich zustimmen. (Der letzte Satz vernichtet sich in 24 Stunden von selbst.) :?

Ich bin eher für das Team Respekt unter uns, Thorsten, Demut ist zu religiös besetzt und in seiner Eigenschaft eigentlich nur im zwischenmenschlichen Bereich funktionierend, wo man an Taten und nicht an Worten den Charakter einschätzen kann. Ich glaube, das vermittelt sich bei virtuellen Selbstdarstellungen nur in geringer Dosis. Da bin ich ohne Realitäts-Check höchst kritisch und auf keinen Fall kompetenter. Trotzdem: der Gedanke kam an und hat mein Herz im kalten Berlin gewärmt, alter Schmeichler! :oops: ;)

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Re: Diskussionskultur

Beitrag von Bewitched240 » Fr 15. Okt 2021, 15:24

:mrgreen: :wave: ;)

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Re: Diskussionskultur

Beitrag von Thorsten Hanisch » Fr 15. Okt 2021, 15:58

Okay, okay, ich geb's ja zu, ich hab durchaus einen gewissen Hang zum Pathos. :D
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