I Saw The Devil

Neuigkeiten und Diskussionen zu Filmen aus den fernen Osten.
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Stefan Borsos
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Beitrag von Stefan Borsos » Mo 18. Jun 2012, 22:20

kami hat geschrieben:Und zu FRONT LINE: Ich finde den gerade visuell ausgesprochen passend und einfallsreich inszeniert, gerade die Hügelerstürmungen. Dazu die glaubhaft gezeichneten Charaktere, die das menschliche Drama fühlbar macht, was leider nicht allzuvielen Kriegsfilmen gelingt. Warum sollte man diese Glaubwürdigkeit zugunsten einer Eigenwilligkeit und Radikalität (was immer du jetzt darunter verstehst, hab ROUGH CUT nicht gesehen) riskieren und damit die Zielgruppe eventuell drastisch verkleinern?
ROUGH CUT war einfach arthousiger, man wunderte sich nicht darüber, dass der Typ vorher Assistent bei Kim Ki-duk war. THE FRONT LINE finde ich recht glatt und langweilig inszeniert. Ich rede hier aber nicht von irgendwelchen Regie-Mätzen, ich fand's einfach beliebig. Das hat ja mit Glaubwürdigkeit gar nichts zu tun. Und seinen Stil einzudampfen, um eine möglichst Zielgruppe zu erreichen und es allen recht zu machen, finde ich jetzt nicht übermäßig sympathisch.
kami hat geschrieben:BTW, zumindest die großen südkoreanischen Kriegsfilme finde ich alle sehr gelungen. Erst unlängst hat mich MY WAY wieder ziemlich geplättet, auch wenn der Krieg darin zumindest dem Zuschauer schon fast unanständig viel Spaß macht. Hat dennoch eine überzeugende Antikriegsbotschaft. Der einzig inhaltlich bedenkliche Kriegsfilm, 71 INTO THE FIRE, ist zumindest sehr mitreißend inszeniertes Heldenkino mit straffer Dramaturgie und spektakulärer Action. Und wenn man sich die unsäglichen geschichtsrevisionistischen Drecksfilme aus Japan zum Thema 2.WK im Vergleich anschaut, dann kann man den Koreanern für ihre Kriegsfilme nur gratulieren.
Naja, mein Problem ist nicht hauptsächlich ideologischer Natur, mich nervt das übermäßige Melo, die Reden und weinenden Männer. Alles ist immer so bierernst, bedeutungsvoll und daher auch unnötig aufgebläht.

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kami
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Beitrag von kami » Di 19. Jun 2012, 10:03

Stefan Borsos hat geschrieben: ROUGH CUT war einfach arthousiger, man wunderte sich nicht darüber, dass der Typ vorher Assistent bei Kim Ki-duk war. THE FRONT LINE finde ich recht glatt und langweilig inszeniert. Ich rede hier aber nicht von irgendwelchen Regie-Mätzen, ich fand's einfach beliebig. Das hat ja mit Glaubwürdigkeit gar nichts zu tun. Und seinen Stil einzudampfen, um eine möglichst Zielgruppe zu erreichen und es allen recht zu machen, finde ich jetzt nicht übermäßig sympathisch.
Wenn man's so formuliert, vielleicht nicht, wenn man aber als Regisseur glaubt, wichtige Inhalte zu transportieren, dann erscheint es nicht nur legitim, sondern notwendig, den Film so zugänglich zu machen, dass er auch die erreicht, die er erreichen soll. Arthouse-Käse, der alles und nichts bedeuten kann, gibt es ja nun wahrhaftig genug. Ich vermute mal, dass deiner Einschätzung aber auch einfach eine enttäuschte Erwartungshaltung zugrunde liegt.

Stefan Borsos
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Beitrag von Stefan Borsos » Di 19. Jun 2012, 10:36

kami hat geschrieben:Wenn man's so formuliert, vielleicht nicht, wenn man aber als Regisseur glaubt, wichtige Inhalte zu transportieren, dann erscheint es nicht nur legitim, sondern notwendig, den Film so zugänglich zu machen, dass er auch die erreicht, die er erreichen soll. Arthouse-Käse, der alles und nichts bedeuten kann, gibt es ja nun wahrhaftig genug.
Naja, auch das finde ich nicht sooo sexy. Man sollte sich und seinen Film nicht zu wichtig nehmen. Und message movies halte ich ohnehin für bäh (das alte, sicher wahre John-Ford-Zitat lass ich mal in der Mottenkiste). Im übrigen würde ich ROUGH CUT nicht als beliebiges Arthouse-Kino beschreiben. Es ist IMHO ein seltsamer wie spannender Zwitter. Als Debüt definitiv eine mehr als ordentliche calling card.
kami hat geschrieben:Ich vermute mal, dass deiner Einschätzung aber auch einfach eine enttäuschte Erwartungshaltung zugrunde liegt.
Das mag sein. Vielleicht tue ich dem Film tatsächlich Unrecht.

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kami
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Beitrag von kami » Di 19. Jun 2012, 11:43

Stefan Borsos hat geschrieben: Naja, auch das finde ich nicht sooo sexy. Man sollte sich und seinen Film nicht zu wichtig nehmen. Und message movies halte ich ohnehin für bäh.
Ich nicht, zumindest nicht per se. Wenn ich die Botschaft für sinnvoll halte und die Verpackung stimmt, kann ich mich gut darauf einlassen. Und bei FRONT LINE passt das sehr gut. Und wie schon erwähnt, ich sehe international immer noch einen erheblichen Mangel an wirklich funktionierenden Antikriegsfilmen, gerade in der höher budgetierten Ebene.

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Anoirja
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Beitrag von Anoirja » Mi 20. Jun 2012, 21:37

Mir hat "I Saw The Devil" sehr gut gefallen - in seiner Intensität und Kompromisslosigkeit wahrlich beeindruckend.

"The Chaser" fand ich hingegen nur lauwarm und der war auch schnell wieder aus meinem Gedächtnis verschwunden.
»There is nothing in common among women except menstruation.« - Isabelle Adjani in "Possession"

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Julio Sacchi
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Beitrag von Julio Sacchi » Mi 1. Aug 2012, 00:16

I SAW THE DEVIL gesehen.

Launiger Exploiter, ausgezeichnet gespielt und zweckdienlich inszeniert mit einigen schmucken Bildern inmitten der häßlichen HD-Ästhetik; gewinnend unverschämt in der prätentiösen Behauptung, der Film hätte irgendwas zu erzählen, was über handelsübliches Aufgeilen an Rachsucht hinausgeht. Sadistisch, brutal und frauenfeindlich bis zum Anschlag, hämmert der im Geiste strunzdoofe I SAW THE DEVIL unwiderstehlich über einen hinweg wie ein schwerer Güterzug, bei dem man nie so genau weiß, wo die Reise hingeht - und genau das macht den Reiz dieses albernen, nichtsdestoweniger überaus wirkungsvollen Reißers aus, ganz wie es sich für saftige Exploitation gehört. Mir hat's gefallen.

Am Ende kandidelt man dann aber doch noch über; SAW indeed.

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Mr. Vincent Vega
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Beitrag von Mr. Vincent Vega » Mi 1. Aug 2012, 13:17

Exploitation, die auf Kunst macht, ist schlimm. Und natürlich auch keine Exploitation mehr.
»Hey, ich kenn das, man hat nen knallvollen Terminplan und es ist 23 Uhr nachts und sonst hat niemand mehr offen und und und...« (Thorsten H.)

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Thorsten Hanisch
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Beitrag von Thorsten Hanisch » Mi 1. Aug 2012, 14:02

Und warum muss Exploitation einen auf schäbig machen?
»Wenn man der Klügste im Raum ist, ist man im falschen Raum« (K. Lauterbach)

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Julio Sacchi
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Beitrag von Julio Sacchi » Mi 1. Aug 2012, 14:04

I SAW THE DEVIL ist deswegen ja extra-schäbig. Also Ultra-Exploitation. So wie LOFT von Eckhard Schmid und so.

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Mr. Vincent Vega
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Beitrag von Mr. Vincent Vega » Mi 1. Aug 2012, 14:16

Dass sie schäbig sein müsse, ist nun ganz gewiss nicht der Rückschlüss.

Final Destination 5, der größte und im Kern einzige wirkliche Exploitationfilm der letzten Jahre, war kein bisschen schäbig. Exploitation im eigentlichen Sinne gibt es ja sowieso nicht mehr, seit der Mainstream ihre Ingredienzien absorbiert und später auch zur Popkultur erhoben hat. Die Zukunft der Exploitation liegt deshalb in seriellen und Grenzen austestenden Filmserien wie Saw und Co. - die ja, absolut bezeichnend, im alten Forum mit Fragwürdigkeitsvorwürfen der Alt-Exploitation-Garde überhäuft wurden.
»Hey, ich kenn das, man hat nen knallvollen Terminplan und es ist 23 Uhr nachts und sonst hat niemand mehr offen und und und...« (Thorsten H.)

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