Jean-Paul Belmondo

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Frau Stockl
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Re: Jean-Paul Belmondo

Beitrag von Frau Stockl » Fr 23. Feb 2024, 17:04

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Die massive Bedrohung mitten in der Gesellschaft, in der Zivilisation, in der Anonymität und aus der Isolation. Die Metropole als Feindgebiet, als Ort des Unwohlseins bis hin zur Beklemmung, jede Sekunde könnte die letzte sein, Angst herrscht über der Stadt. Laute, schrille, penetrante Klänge auf der Tonspur, dann ein Herzschlag, rhythmisch, aber zu schnell, ein grelles Klingeln, unaufhörlich trotz mitten in der Nacht. Kommunikation hier als Angstmacher, ein unbekannter Anrufer, draußen geht das Leben weiter, drinnen wird erst vor Furcht gestorben und dann in der blutigen Realität.

Terror herrscht hier von Anfang an vor, ein verzweifeltes Bitten um Ruhe, ein drängendes Flehen, dann wieder der Herzschlag, die erst dissonanten Klänge auf der Tonspur, die bald einen Rhythmus des Thrillers ergeben. Erst Kammerspiel, Kontakt nur über die Wählscheibe, Panik bis zum Ableben, ein Sturz aus dem Fenster. Ein aktuelles Thema wird hier aufgegriffen, illegale Einwanderung, Stalking, Femizide, hier mit dem Polizeifilm verbunden, mit Stunts und Aktion und Aufregung gespickt, mit wilden Schießereien vor Banken angereichert, mit krachenden Autojagden, mit allen Mitteln des modernen Kinos, mit einem gefragten Weltstar in der Hauptrolle, der noch zwischen Kunst und Körper, und Anspruch und Unterhaltung tangiert. Eine Ermittlerarbeit mit unlauteren Mitteln, eine Filmarbeit als Spektakel voll Tempo und Thrill.

Zu spät am Tatort ist man, der Erkennungsdienst vor Ort, ein Zeuge, der sich in der Tür geirrt hat, ein zurückgezogenes Opfer, ein Hochhaus mit 48 Stockwerken, der Tour Les Poissons. "Weißt du, was ich gerne machen würde?" - "Nein." - "Ich würde auch gerne herunterspringen."; für den Kommissar, Typ 'kleines Hirn und starke Muskeln' ist der Fall eher eine Ablenkung, er hat theoretisch was anderes vor, er hat ein anderes Ziel, er hat viel zu tun. Belmondo macht hier die Stunts wie üblich, er zeigt keine Scheu vor Risiken, er ist ohne Höhenangst. Die Figur ein Arbeitstier, der Sturz der Frau gerät erst spät und auch nicht vollständig in sein Bewusstsein, vorher werden größere Fische gefangen, selber mit Menschenleben gespielt, eine heftige Rauschgiftlieferung entdeckt; ein Hauptkommissar, der seine Leidenschaft für den Beruf als kleiner Junge beim Schauen von Abenteuern der G-Men entdeckt hat, und sich verhält wie Dirty Harry, der nebenher auch andere Fälle auflöst und weitere Kriminelle hinter Gittern oder doch in den Sarg gleich steckt.

Doch der Täter drängt sich ihm (wie später in Die letzte Warnung - Der Erpresser) mit seinem Bewusstsein auf, das Unheil auf der Welt aufzudecken und auszumerzen, er richtet über die Gesinnung, er fällt die Urteile, er sucht sich die Personen dafür und seine Rache aus, er wendet sich an die Presse und die Öffentlichkeit. Der Jäger wird zum Gejagten, und umgekehrt, ein Mörder zum Amokläufer. Ein Flüchten und Verfolgen über Häuserdächer, ein Entlanghangeln an Regenrinnen, der Untergrund ist uneben, nass und glitschig; die Stärken der Erzählung hier weniger im Inhalt als vielmehr in dem Gezeigten, mehrfach rutscht man ab, einmal hilft nur der Sprung durchs Dachfenster, bebildert wird das kühl und technisch, hier von Verneuil als eher kalter Film, als handwerklicher Reißer, als präziser, schwindelerregender Großstadt - Thriller, mit einer Menschenjagd zur Hälfte der Laufzeit, die an Brennpunkt Brooklyn in Sachen Ehrgeiz bis hin zum Todesmut in der Pflichterfüllung erinnert.

Mitten ins Getümmel, rein ins urbane Gewusel geht es da, mittig eine doppelte Beschattung direkt in der Rush Hour, eine Observierung wird abgebrochen, sich auf die private Obsession statt der beruflichen (und gefährlicheren) konzentriert ("Ich hoffe nur, du weißt was du tust." - "Halt die Schnauze!"), das politische und gesellschaftliche Klima ist gegen ihn gestellt, und hat auch nicht ganz unrecht, die Situation ist hochexplosiv, auch ohne die Handgranate, die später in die Menge geworfen wird, um den (sexuellen) Schmutz zu beseitigen und die Moral wieder herzustellen.
~ Hoffnung ist die kleine Schwester der Verzweiflung.

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Sylvio Constabel
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Re: Jean-Paul Belmondo

Beitrag von Sylvio Constabel » So 25. Feb 2024, 09:06

In der Tat ein geiler Film.
Bei Sylvio mag ich, er guckt halt auch viel mit dem Herzen. Jimfried Nullinie

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Frau Stockl
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Re: Jean-Paul Belmondo

Beitrag von Frau Stockl » So 25. Feb 2024, 20:30

Ja.
Besser als der mit Hitler seiner Schwester und dem Bären.
:mrgreen:
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Sylvio Constabel
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Re: Jean-Paul Belmondo

Beitrag von Sylvio Constabel » So 25. Feb 2024, 20:44

Wer ist hier Hisa jetzt? Hitler oder eine Schwester?
Bei Sylvio mag ich, er guckt halt auch viel mit dem Herzen. Jimfried Nullinie

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Frau Stockl
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Re: Jean-Paul Belmondo

Beitrag von Frau Stockl » Mo 25. Mär 2024, 22:08

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Über der Front des Ersten Weltkriegs, im Morgengrauen, der Sonne entgegen, der Himmel noch friedlich, eine gefühlte Freiheit, eine trügerische Ruhe und Sicherheit, für wenige Sekunden nur, bis der erste Feind mit ins Bilde und es zum Schusswechsel in den Wolken kommt. Luftkämpfe hoch oben über dem Boden, unten die Grabenkämpfe, die Anfeuerungsrufe der Soldaten, die Schlacht als Sport und Abenteuer mit folgenschwerem Ausgang, mit Verletzungen, mit Verlusten und dem Tod. Kommentiert wird der Krieg hier, teilweise gefeiert, mit Tricks und Finten manövriert, der Gegner hinters Licht geführt.

Buchstäblich die Hosen lässt man hier herunter, es gibt trotteligen Gefreiten Hitler, es wird mit der Rauchmaschine hantiert und dem Fangnetz, die großen Stunts aufgefahren, die Explosionen, die laute Komik, der verbale Witz. Manchmal Sandkastenspiele im wahrsten Sinne des Wortes, das Geschehen bunt und knallig, ein Vorspiel und ein Nachspiel, zwanzig Jahre werden übersprungen, ein Mann ohne Sorgen, ein Filou, ein großes Kind “mit dicken Negerlippen“. Belmondo wieder in einer Paraderolle, auch als Grobian, gegenüber einer Frau auch vor allem, es wird auch Politik gespielt, “der braune Meister“ angesprochen, merkwürdige Dinge aufgegriffen, Zwischentöne analysiert. Kalauer gibt es zahlreich, grobes Auftreten, Geschmackssache, Draufgängertum, keine Frauenförderung. “Mehr oder minder geistreiches Zeug“ im Inhalt, viel Dekoration in der Ausführung, ein Periodenstück, eine Olympiade mit vielen verschiedenen Zutaten, vorne die Unterhaltung, hinten die Hakenkreuze.

Bald wird sich mit den Schergen der Gestapo geprügelt, eine Buchhandlung nach allen Regeln der Kunst demoliert, Stürze durch Glas und Mobiliar, ein närrisches Treiben, Schabernack im Nazireich, ein geschichtliches Zwiegespräch, mit Widerhaken, mit Widersprüchen, mit Ärgernissen, hin- und hergerissen. Belmondo dabei als Symbol der Männlichkeit, Kriegsheld, Profisportler, mit stolz geschwellter Brust, mit Schlag bei den Frauen, mit Kumpanei bei den Männern. Frivol ist das Ganze, sexuell offensiv, Liebe und Krieg, Humor trotz oder wegen der Diktatur, dem Diktator und seinen „Arschlöchern“, den Mitarbeitern in den langen schwarzen Ledermänteln. Sport und Propaganda, Kunst und Kultur, Gleichschritt Marsch gibt's auch, die Einspeisung von realen historischen Bildern, die Nachahmung dessen, mal schwarzweiß, mal Sepia und Patina, dann wieder Farben, “albern wie vor 20 Jahren“, ein bisschen Kritik und “ein bisschen vergessen“.

Musikalisch ist das eher beschwingt, wird auch später von der Freiheit geträumt, die Natur und die Landschaft gefeiert, Neuschwanstein umflogen, einmal quer (von Berlin aus) durch ein grünes Bayern, speziell Berchtesgaden und Umgebung als optisches Paradies auf Erden gepflügt. Das Geschehen und damit das Drehbuch oft nur eine große, nicht großartige Ausrede, man bedient alle Richtungen und sich seiner Mittel, der Subplot mit dem Waisenkind als Geisel der Gesellschaft, Bebel als Ersatzvater, berühren soll das, es ist so plump gedreht wie geschrieben, es ist nicht ohne Interessen, es nicht gänzlich ohne Witz (die Bärenszene), es ist mal wie eine Modernisierung von Die große Sause a.k.a. Drei Bruchpiloten in Paris, mal wie eine Vorwegnahme des Deutschsprachigen Parts von Indiana Jones und der letzte Kreuzzug, fast wie als direkte Inspiration (die halsbrecherische Verfolgungsjagd gegen die Motorradfahrer am Grenzposten), mal wie ein grotesk gescheitertes Experiment, mal wie eine Art Top Secret!, auch in der Präsentation und Ausführung der Pointen. Das scheut den Aufwand und die Ausgaben und die Respektlosigkeit nicht, das platziert sich von vornherein als Kassenschlager, das wurde vor allem im Heimatland (Platz 2 der Jahresbestenliste, vor bspw. Louis und seine verrückten Politessen oder La Boum 2 - Die Fete geht weiter) bekrittelt und kritisiert, wo man den anspruchsvollen, bei den Kritikern erfolgreichen Ein Zimmer in der Stadt, eine musikalische Tragikomödie vom Thron fegte, ein Unding quasi, in Deutschland selber war man übrigens auch vor dem de Funès und der Marceau, Platz 15.
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Re: Jean-Paul Belmondo

Beitrag von Frau Stockl » Fr 29. Mär 2024, 01:16

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Abermalige, genauer gesagt nach Der Windhund (und vor Der Profi) zweite Zusammenarbeit zwischen Belmondo und Laurent, erneut auch unter Gaumont Distribution, und der Überwachung von Rene Chateau, diesmal nicht als Actionthriller, sondern als Komödie, als leichte Unterhaltung, als Lachnummer, als Matinee, zur Erheiterung, zur Publikumserweiterung. Das erinnert eingangs ein wenig an Der Unverbesserliche, ein notorischer Krimineller, kein richtiger Böser, sondern bloß ein Dieb, ein 'harmloser' Einbrecher; welcher auch mal ein Auge oder zwei auf die schlafende, leicht bekleidete Schönheit im Schlafzimmer wirft, aber keine Gemeinheiten im Sinn hat, sondern rein seinem Geldverdienst frönt. Ein Gentleman der alten Schule, könnte man sagen, ein bisschen wie 'Die Katze', nur nicht in Nizza; bewaffnet mit seinem Charme, ein delikater Frauenheld, ein Connaisseur.

Ein Freigänger, ein Treuhänder, ein Handwerker mit goldenem Boden; der Held eines Kalauerfilmes, dessen Handlung nicht bloß gezeigt, sondern durch einen Erzähler auch kommentiert noch wird, eine doppelte Verneinung quasi, denn soviel zu beschreiben gibt es nicht. Eine Reihe von Verkleidungen und dies in Anekdoten, eine Parade von Sketchen, mal albern, mal frivol, eine Abfolge von Szenen, dazu ein Hörspiel, Momente der Verwirrung, viel Dialog zwischen Mann und Frau, viel Süßholzraspeln, mal auf Hoher See, dann wieder auf festen Boden.

Gedreht ist das um seinen Star herum, einer albernen Gemengelage, ein Gaunerstück, in edleren Umgebungen, ein Kreuzfahrtschiff, ein Gutshaus, Reitgestüt, mal eine Szenerie in Monaco, dann in Venedig. Kleinere Paarszenen werden geboten, dann Massentänze, die Welt hier in Popanz und im Kostüm, eine andauernde Charade, viel in Luxus und in Nichtigkeit flaniert. Gut aussehen tut das Werk dabei schon, wenn man auf Barock und Plüsch und Plunder steht, das liegt meist an der Dekoration, sowie den weiblichen Mitspielern mit tiefem Dekolleté, der Humor selber ist eher von der traurigen Gestalt, viel Klamauk, einige Grobheiten, eine Gestaltung mit dem Holzhammer; auch das erinnert an Der Unverbesserliche, als Zeitzeugnis von Popularität nicht uninteressant, als Komödie mehr ein Jammer.

Ein Schauspiel wird hier geboten, eine Aufführung mit Auffälligkeit, Anfälligkeit und Aufforderung, mit dem Drang zum Amüsement, mit einer Vielzahl bekannter Gesichter. Die Erzählung als Alibi, mit einer längeren Vorgeschichte, eine halbe Stunde bis zum eigentlichen Clou, vorher viel narrativer Unsinn, dann ein plötzlicher Todesfall, folgend etwas mehr Gehalt und Dichte. Das ist wie Urlaub, wie Fernreisen und Freizeit, das ist das Leben, das Motto hier “Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.“, man folgt dem Hochstapler auf seinem Abenteuer, dem Schwindler, dem Puppenspieler. Zwischendurch gibt es einen zweiten Toten, dann einen Stunt mit dem Motorboot, eine krachende Actionszene. Belmondo spielt die Rolle so herunter, als Verkäufer, reine Routine, Laurent ist gleichsam unterfordert, er ist angeregter und angestrebter im Spannungskino, nicht so für den reinen Geldbeutel tätig, nicht so im Nebenher.

Irgendwann kommt die Polizei ins Spiel, ein Hoteldetektiv, ein Scharfschütze und mysteriöse Anrufer, mehrere gleich, mal männlichen und mal weiblichen Geschlechts, eine Schnitzeljagd mit wenigen, sich wiederholenden Hinweisen gleich. Für fast alle eine Auszeit demnach, eine Venedig-Reise mit touristischen Attraktionen und entsprechenden Gespür, die Räumlichkeiten oftmals riesig in der Ausdehnung, die Haltung Laissez-faire, geführt von einer Plaudertasche, der nichts ernst nimmt und analog dazu auch nichts ernst genommen wird. Agentenpoker der weniger einfallsreichen Art, aber immerhin trubelig, keine Ruhe wird gegönnt, selbst der selige Schlaf nach einer durchwachten Nacht gestört. “Das ist ein Irrenhaus, Chef!“, sagt einer der Spitzel zu seinem Vorgesetzten, da wird schon wieder geschossen, da sind die Hosen vollends heruntergelassen, es wird sein Heil in der Flucht versucht. Eskapismus pur, Eskalation leider nicht, wird (abgesehen von einem Autocrash durch eine Scheune an der Landesgrenzen, und eine Rauferei in einer Brotfabrik) keine Aktion-Schmonzette daraus, nichts vollends über den Haufen geworfen und keine wirkliche Zerstörung oder eine andere Möglichkeit(en) probiert.
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Re: Jean-Paul Belmondo

Beitrag von Frau Stockl » Sa 30. Mär 2024, 00:55

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Erst das Geräusch, dann die dazugehörigen Bilder, ein Spiel mit Erfahrung und Erwartung, mit der Kraft der Gedanken, der Gefühle und der Vorstellungen, verschiedene Eindrücke und verschiedene Erlebnisse, zuweilen nicht zusammen passend, sondern widerstrebend, konkurrierend. Fortschritt und Tradition, Abenteuer und Wagnis, die Sehnsucht nach Wagnis mit entsprechender Belohnung auch, ein Ergebnis für die Mühen. Belmondo, Ventura, Blier von französischer Seite aus, dazu Fröbe international, ein großangelegtes Projekt, eine Romanadaption, ein Transfer und eine Transaktion. Städte und Wüste, Einzelgänger und gesellschaftliche Massen, kein Widerspruch in sich hier, ein geschäftiges Leben und Treiben, ein Treffen der Giganten, ein Schinden von Eindrücken, Transporte durch die Sahara.

Für mich ist ein Lkw genau wie der andere.“, heißt es hier, Salü und Adieu, gegensätzliche Positionen und Meinungen, Ansichten, die nicht bei allen gut ankommen, aber auch nicht für so genau genommen werden; hier draußen in der freien Wirtschaft, in der Wüste, der Natur. Viel wird geredet, viel gesagt auch, nebenbei und nebenher, Sätze mit Erinnerungen und Nachhaken, manchmal sogar einer gewissen und gewünschten Diskrepanz, bis zum kriminellen Nachhall. “Ich habe noch nie was vergessen in meinem Leben.“, es wird sich durchgesetzt und durchgeschlagen, durchgerüttelt von der Existenz. Die Kamera mal passiv als Beobachter, mal aktiv im Geschehen, mal Objekt und mal Subjekt, ein Einfangen vieler Wichtigkeit und Widrigkeiten, dennoch eine leichtfüßige Inszenierung. Abgegrast und abgetastet wird die Szenerie und der Gegenüber, das Miteinander auf der Arbeit, der Kollege, die Konkurrenz, der Gegenüber.

Die Hoffnung der Firma und der Stolz von uns allen.“, ein gemeinsamer Strang, an dem das Drehteam zieht und sich bemüht, Verneuil als Sprachrohr und Wegweiser, mit viel Unterstützung und mehr Beistand als Erfüllungsgehilfen. Jugend und Alter werden hier auch in Augenschein genommen, Herkunft , Adressaten und Empfänger, es gibt Regeln und es gibt Ausnahmen davon, je nachdem, welche Situation gezeichnet wird und welche Position man einnimmt. Versteckte Gefahren und Drohungen scheinen von Anfang an mitzuspielen, trotz einer aufgesetzten Kameraderie, und vieler Gemeinsamkeit. Die erste Aufmerksamkeit bekommt dabei keiner der oben Genannten, sondern ein Neuankömmling, Belmondo ist hier eher das Sprachrohr, der Mitteilsame, der Filou, die Freiheiten werden sich trotzdem genommen, die Manieren eher grob, der Machismo und der Machtkampf untereinander ausgetobt, viel Staub geschluckt. Eine andere Welt, zu einer eigenen Zeit, die Methoden werden schmutziger, später ein Kampf um Leben und Tod.

Der Film ist beizeiten aggressiv, auf mehrerlei Art, es wird sich der Weg gebahnt, es wird geflucht und gesoffen, es wird geprügelt und anderen Frauen nachgespannt. 'Dicke Luft' herrscht hier schnell, die Sonne knallt zusätzlich, die Luftfeuchtigkeit noch, es gibt eine Verfolgungsjagd, es gilt ein Spezialauftrag. Reichtum und Glück wird gesucht, 100.000 Dollar in der Sonne, der Teufel ist hinter einem her, und der Teufel fährt vorneweg. Die Geschichte dabei mit Überraschungen und Überwältigenden, viel Staub wird aufgewirbelt, manchmal auch die Ladungen verloren, die Kurven kurz und ohne Rücksicht auf Gegenverkehr, ob Mensch oder ob Tier genommen, es wird hier und dies zuweilen auch übertrieben auf Krawall gegangen.

Als Film auch ein Epos, ein Drama, ein Thriller, ein Western (“Sag mal, willst du noch lange Cowboy spielen, ja?" - “Du spielst seit zwei Tagen Sheriff.“), ein Gaunerstück, eine Geschichte voller Verlorener, eine Geschichte in der Fremde, die man sich zu eigen gemacht hat gegenüber den „Eingeborenen“, zuweilen führt man sich auf wie Invasoren. Der Film hat zuweilen auch eine merkwürdige Art, die Dinge zu betrachten, er hat einen obskuren Humor, als Aktionsbündnis ein Schwergewicht, mit zunehmend imposanten Bildern und einer eindrucksvollen 'Kulisse', im Text gerne mit Redebedürfnis, manchmal unwichtig und unpassend, dann wieder mit zum Vorschein kommenden Interessen, mit politischen Themen und ähnlichen Begleiterscheinungen, mit Erläuterungen und Ideen; mit Minimalismus, Existentialismus und etwas Kolonialismus; “Geschichten, die mit Geld zu tun haben, sind immer einfach.

Erinnern tut das etwas an Lohn der Angst (was die lokale zeitgenössische Kritik eher bemängelt hat), die visuelle Wahrnehmung, die Stuntarbeit, das Männerbündnis in all seiner Pracht und Brüchigkeit, das karge Dasein, das Spiel mit der Ungewissheit, das Hocken im Führerhaus, die stete Bewegung, das Fahren am Rande der Erschöpfung, am Rande des Abgrunds, die Unwirtlichkeit der Umgebung, das Beeindruckende der Natur.
~ Hoffnung ist die kleine Schwester der Verzweiflung.

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