Sexszenen im Film

Auf der Suche nach der besten Literaturverfilmung oder dem männlichsten Schauspieler?
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Youri
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Beitrag von Youri » Sa 3. Dez 2016, 11:34

arte: Kinogeschichten: Sexgeschichten
In dieser Folge: Erst dank der wagemutigen Filme in den 50er Jahren und der sexuellen Revolution in den 70ern konnte der Film eines der letzten Gebiete erobern, das ihm noch Widerstand leistete: die menschliche Sexualität. In dieser Ausgabe spricht Frédéric Bonnaud mit Paul Verhoeven, Bernardo Bertolucci, Catherine Breillat, Bertrand Bonello, Alain Guiraudie und Bertrand Blier.

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kami
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Beitrag von kami » Mi 7. Dez 2016, 09:24

Setz das mal hier rein, da es um eine Sexszene geht:
Gibt's eigentlich Meinungen zur derzeitigen "Der letzte Tango in Paris"-Kontroverse? http://www.hollywoodreporter.com/news/a ... ent-952939
Bin da hin- und hergerissen. So wie es Bertolucci erklärt, erscheint natürlich alles in Ordnung, auf der anderen Seite weiß man auch, was für einen Druck ein Regisseur und ein Weltstar auf eine 19-jährige Schauspielerin ausüben können, insbesondere Anfang der 1970er.

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Thorsten Hanisch
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Beitrag von Thorsten Hanisch » Mi 7. Dez 2016, 09:55

Find's - wie so vieles in den letzten Jahren - aufgeblasen bis zum geht nicht mehr. Hauptsache die selbstgerechten Social-Media-Freaks haben wieder irgendwas zum Geifern.
»Wenn man der Klügste im Raum ist, ist man im falschen Raum« (K. Lauterbach)

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kami
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Beitrag von kami » Mi 7. Dez 2016, 10:20

Ja, die Selbstgerechtigkeit mancher Kritiker stört mich auch, so pauschal wie du sollte man die Kritik aber vielleicht nicht abtun. Künstler (womit ich tatsächlich nur männliche Künstler meine) bekamen bislang zu häufig einen moralischen Blankoscheck, wenn es denn ihrer Kunst diente. Damit wurde dann auch soziopathisches bis verbrecherisches Verhalten entschuldigt, von Fitzgerald über Hitchcock bis Kinski. Damit sollte Schluss gemacht werden.

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Julio Sacchi
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Beitrag von Julio Sacchi » Mi 7. Dez 2016, 11:05

Fakt ist, daß Maria Schneider jahrelang darüber Zeugnis abgelegt hat, wie sie von Brando und Bertolucci manipuliert und ausgenutzt wurde. Das war fraglos ein Mißbrauch von Macht älterer Herren auf Kosten einer jungen unerfahrenen Frau, übelste Sorte und nicht genug zu verdammen. Fakt ist aber auch, daß das die letzten 40 Jahre scheinbar keine Sau gekümmert hat. Jetzt (und ehrlich gesagt auch schon vor drei Jahren) trottelt Onkel Bernardo herbei und tut so, als würde er Beichte ablegen, prahlt aber in Wirklichkeit nur damit herum, was für ne geil harte Regie-Sau er ist. Peinlich und unangenehm.

ABER so blöd ich Thorties Kommentar finde, ich muß ihm ein wenig beipflichten. Als die Raserei losging und es überall hieß RAPE RAPE RAPE, habe ich mich an zwei Stellen geäußert. Was ich bitterlich bereue. Bitterlich.

Die eine Stelle war der Twitter-Account der offensichtlich veritablen Dumpfbacke Jessica Chastain, die verlauten ließ "An alle, die diesen Film so lieben, Ihr schaut Euch die reale Vergewaltigung eines 47jährigen an einer 19jährigen an!" Die andere Stelle war der Facebook-Account von Jovanka Vukovic, die bellte "THEY SHOULD BE IN JAIL"!

Genau wie Thorsten war mir diese Hysterie zuwider, auch, wie die jeweilige Fanbase applaudierte und den Film gleich mit als "misogyne Scheiße" wegsortierte, und Brando und sein "pedestrian acting". Ich habe mich also zu Wort gemeldet, sehr bedacht und nicht polterig. Und zwar ging es mir um Folgendes:

Maria Schneider hat nie von Vergewaltigung gesprochen. Sie hat von den schlechten Erfahrungen erzählt. Sie hat immer gesagt, die Butterszene hätte nicht im Drehbuch gestanden und Bertolucci und Brando hätten sie am Drehtag dazu überredet. Sie sagte, sie hätte eigentlich ihren Agenten anrufen müssen, war aber zu unerfahren. Sie sagte auch: "I felt humiliated although the things that Marlon did were not real." Sie benutze einmal das Wort "Rape", aber folgendermaßen: "I felt a little raped by Marlon and also by Bernardo." Damit bezieht sie sich doch ganz offensichtlich auf die Manipulation, wie man eben nach einer schlechten Erfahrung sagt "Ich fühle mich regelrecht vergewaltigt".
Hinzu kommt, daß Bertolucci ebenfalls nichts von Rape gesagt hat. Kein Wort.

Der Empörungszug hat sich total verselbständigt und ist vom Gleis gerauscht. Für obige Abhandlung wurde ich bei Twitter als "Rape Apologist" bezeichnet ("remember this guy's picture, ladies") und bei Facebook als "insensitive jerk". Fast keiner ging tatsächlich auf meine Punkte ein, bei denen ich mich ja auf die Aussagen des "Opfers" berief. Nur mal so als Beispiel: Ein Typ, besonders selbstgerecht, entgegnete mir auf den Einwurf, Maria Schneider hätte ja selbst nie sowas gesagt, sie sei "in denial" (!) und auf die Tatsache, daß sie mehrfach betonte, es sei "not real" gewesen, meinte er, daß Vergewaltigungsopfer die Tat ja häufig als irreal empfinden würden. Da platzt einem doch der Kopf?!

Insofern hat Thorsten schon Recht, hier wird rausgehört, was man unbedingt hören will, und dann gnadenlos über alle anderen drübergebügelt. Ich hatte danach die Schnauze gestrichen voll vom Social-Network-Shizzle und fühl mich immer noch mies.

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kami
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Beitrag von kami » Mi 7. Dez 2016, 11:31

Ich kann dich sehr gut verstehen, geht es mir doch häufig ähnlich, wenn ich auf linken Seiten diskutiere und mich nicht bedingungslos der Parteilinie anschließe. Wenn politische Korrektheit (oder das, was dafür gehalten wird) unhinterfragt zum Fetischobjekt wird, ist es mit der Diskussion meist schnell vorbei. Und natürlich war ich auch schon bigot, ableist, transphobic piece of shit, racist, sexist, you name it. Das passiert halt, wenn man nicht mit den Wölfen heulen will. Dennoch halte ich eine Auseinandersetzung mit derlei Vorfällen wichtig.

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Thorsten Hanisch
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Beitrag von Thorsten Hanisch » Mi 7. Dez 2016, 11:36

@Julio:

LOL.

Ich hatte gerade nen weiteren blöden Kommentar getippt und dann nach Abschicken deinen Beitrag gesehen, in dem unterm Strich das Gleiche steht. Arbeit also umsonst. :)

Um nichts anderes geht's mir (und ging's mir je bei Themen dieser Art).
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Julio Sacchi
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Beitrag von Julio Sacchi » Mi 7. Dez 2016, 11:41

Natürlich ist eine Auseinandersetzung wichtig. Aber hier findet ja praktisch keine statt. Es gibt ne Headline, die finden die Leute geil, und wenn man sagt "Moment ganz so war das nicht", passt das halt nicht ins Konzept. Dabei ging es in meinen Anmerkungen ja überhaupt nicht um meine Meinung oder eine irgendwie geartete Einstellung zu welchen Dingen auch immer, sondern nur darum, was die Beteiligten (!) tatsächlich gesagt haben.

Ich finde das Verhalten der alten Männer Schneider gegenüber abscheulich - und wie gesagt, das hat Jahrzehnte keinen interessiert - aber daß man in Last Tango eine reale Vergewaltigung zu sehen bekommt, ist schlicht nur eine Behauptung - und zwar eine Behauptung, die nur diejenigen aufstellen, die nicht dabei waren.

Das ist sie, unsere postfaktische Gesellschaft in Reinkultur. Nachrichten werden nur noch emotional wahrgenommen, als Headlines, als Tweets, das reicht schon - ein paar bekloppte Worte von Jessica Chastain und schon isses ne Tatsache, über die man sich 1-2 Tage lang empört. Kein Wunder, daß die Dumpfen gewinnen.

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kami
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Beitrag von kami » Mi 7. Dez 2016, 11:49

Julio Sacchi hat geschrieben:Kein Wunder, daß die Dumpfen gewinnen.
Da hast du leider völlig recht. Das postfaktische Zeitalter wird meist von Linken mit Blick auf die Rechten festgestellt, dass sehr viele Linke ebenso in einer Blase, in der Tatsachen bestenfalls zweitrangig und Parolen alles sind, leben, wird gerne ignoriert.

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Julio Sacchi
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Beitrag von Julio Sacchi » Mi 7. Dez 2016, 11:56

Ist leider wahr, ist mir aber bei dieser Geschichte erstmal so richtig aufgegangen.

Bleibe trotzdem Linker :P

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