Julio Sacchi - Dynamit und fromme Sprüche

Die Filmtagebücher der Mitglieder.
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Julio Sacchi
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Beitrag von Julio Sacchi » Do 7. Aug 2014, 10:34

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Völlig großartiger Italokrimi vom Peplum-Spezialisten und späteren Hausregisseur von Bud Spencer, Michele Lupo. Kirk Douglas ist top als gewiefter Meisterdieb, der den obligatorischen letzten großen Coup landen und sich dann mit Florinda Bolkan in den Ruhestand absetzen will. Den rotblonden Jungspund Giuliano Gemma holt er sich als Mann fürs Grobe. Und grob kann Gemma: Zuerst liefert er sich eine sackharte Rangelei in einem Hinterhof, dann fährt er bei einer halsbrecherischen Megaverfolgungsjagd alles zu Klump, was da ist! Das Ganze spielt zu allem Überfluß auch noch im Hamburg der 70er Jahre, was Lupo für fein beobachtetes Lokalkolorit und ein sagenhaft eingefangenes Finale am Containerhafen gerade gut genug ist. Die Szene, in der Douglas den Tresor öffnet, hat John McTiernan bestimmt auch mal gesehen. Eine Bombe von Film, in der Liebe und Vertrauen keinen Pfifferling wert sind!

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Beitrag von Julio Sacchi » Di 12. Aug 2014, 14:55

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Im Vergleich zu nachfolgenden Vertretern der Kategorien Rape and Revenge und Home Invasion noch zurückhaltender Exploiter von William Fruet, der gleich zu Beginn mit einer nicht uninteressanten Konstellation überrascht: Der Zahnarzt, der Brenda Vaccaro auf ein vermeintliches Partywochenende in ein einsames Landhaus einlädt, erweist sich als sexgeiler Schmierlappen. Seine Zudringlichkeiten sind im Grunde schon die Vorbereitung auf kommendes Unheil: Eine fiese Idiotengang, angeführt vom hengstigen Don Stroud, drangsaliert die beiden bis zum Äußersten. Da haben sie aber die Rechnung ohne Vaccaro gemacht, die der Film von Anfang an als starke, selbstbewusste Frau einführt. Ein sehr merkwürdiges, ambivalentes Ende hinterläßt einen - gewollt? - bitteren Nachgeschmack, aber einem Gorehoundpublikum will DEATH WEEKEND eh nicht zuarbeiten. Nicht uninteressant.

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Beitrag von Julio Sacchi » Mi 20. Aug 2014, 10:51

Street Knighz.jpg
Keine schlechte Idee, Jeff Speakman als eine Art Straßenritter (siehe Titel, wa) den Gebeutelten von Los Angeles zur Seite zu stellen. Leider spielt der Film das überhaupt nicht aus, sein einziger "Auftrag" ist schon der Plot des Films und dann geht auch schon das Hauen und Ballern los. Obwohl STREET KNIGHT zügig und unterhaltsam vorbeirollt, zündet er nie so richtig: Die Actionszenen sind so schnell wieder vorbei, wie sie angefangen haben, und PURPLE RAIN-Regisseur Magnoli inszeniert irgendwie immer knapp an Speakmans Kenpo-Künsten vorbei. In der unbedingt zu bevorzugenden Unrated-Fassung kommt es aber immerhin zu einigen Härten, die hauptsächlich die Niedertracht der Bösen illustrieren sollen. Ob der Abservierspruch (Shakespeare/Schwarzenegger) jetzt geil oder peinlich ist, habe ich auch nach 20 Jahren nicht final entscheiden können.

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Beitrag von Julio Sacchi » Fr 12. Sep 2014, 11:40

fire.jpg
Sträflich unterschätzter Spätwestern mit einem unglaublich guten James Stewart als (zu lange) haderndem Sheriff. FIRECREEK ist verblüffend düster und erdrückend, zeichnet ein tristes Menschenbild und lässt die passiven Bewohner des titelgebenden Kaffs kaum sympathischer erscheinen als die vergewaltigungsgeilen Rüpel, die unter Henry Fondas Führung das Dorf terrorisieren. Ich gebe es zu: Mich hat besonders mitgenommen, wie sich die Unholde über Stewarts behelfsmäßigen, von seinen Söhnen falsch beschrifteten Sheriffstern belustigen; spätestens da wollte ich sie tot sehen. Und in einem mitreißenden Showdown in der windzersausten toten Stadt, durch die sich der verletzte und getretene Jimmy Stewart in seiner gerechten Raserei schleppt, sieht man sie auch tot.

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Beitrag von Julio Sacchi » Di 23. Sep 2014, 10:50

THE ESCAPEES 2.JPG
Les Paumees Du Petit Matin / Les Echappées
Der Film gilt gemeinhin als radikal untypisch in Jean Rollins Werk, aber wenn man mal genauer hinschaut, begründet sich diese These nur in der Abwesenheit jeglichen übernatürlichen Budenzaubers. Zwei junge Frauen auf der Flucht durch eine nicht näher benannte Landschaft, die direkt einem sehr dunklen Märchen entsprungen sein könnte - Naturalismus ist bei Jean Rollin ein weites Feld - und am Ende kommt Brigitte Lahaie, das ist doch alles sehr vertraut. Man merkt LES PAUMEES DU PETIT MATIN aber schon an, daß er aus zwei grundverschiedenen Vorlagen heraus entstand: Rollin bekam von seinen Produzenten einen professionellen, aber völlig unpassenden Drehbuchautor vorgesetzt, der ihn von seinen Vampirpfaden wegführen sollte und laut Rollin nur "Klischees und melodramatische Platitüden" hervorbrachte. Der Film selbst nun ist unentschieden, hat aber durchaus magische Momente und lebt auch von seinen zwei Hauptdarstellerinnen, deren Performance angemessen zwischen naiv und sexy schwankt. Ein bißchen gelangweilt hat man sich am Ende aber doch, irgendwie hatte Rollin nicht nur in der berückend schönen Schlußszene die Nebelwerfer an.

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Beitrag von Julio Sacchi » Di 14. Okt 2014, 14:22

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Die nukleare Katastrophe steht bevor, rein mit den Auserwählten in den futuristischen Endzeitbunker! CHOSEN SURVIVORS brummt schon in den ersten Minuten so psychotronisch daher, daß der Korken aus der Flasche platzt. Neblige SloMos, schicksalhaftes Elektrogewummer und abartig geile 70er-Sets machen's einem eng in der Hose! Die zusammengerüpelte Gang hat mit Jackie Cooper, Alex Cord, Richard Jaeckel, Bradford Dillman, Pedro Armendáriz Jr. und Diana Muldaur auch ein paar bekannte Gesichter zu bieten. Als wäre der Psychoterror der Isolation nicht genug, erweist sich das Schutzgemäuer auch noch als gefährlich undicht: Vampirfledermäuse aus der Höhle nebenan machen sich im Bunker breit und beißen die Gebeutelten zu Mus! Die Lampen sind aber eh schon aus in manchen Rüben, so kommt es zu einer kreuzüblen Vergewaltigungsszene, bei der das Opfer schließlich einlenkt. Pfuibah! Der Film ist danach irgendwie eklig, macht aber mit einer echt spannenden Kletterpartie im dunklen Tunnel so einiges wieder wett. Nicht zuletzt dank eines weiteren frühzeitlichen Synthie-Scores von Fred Karlin (Westworld) durchaus ein Schmiergenuß, hurra!

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Beitrag von Julio Sacchi » Mo 24. Nov 2014, 11:11

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Legendärer Trasher von und mit dem einstigen Schlagerstar und späteren Hirni Christian Anders, der sich bei genauerer Betrachtung eher als "meh" denn als Festival der Liebe erweist. Der Zug fährt nämlich schon nach irgendwo, da Anders selbst veritabler Kampfsportler (mit schwarzem Gürtel) und Leiter einer Karateschule war - und sich somit hier tatsächlich selbst spielt. Sangeskollegin Dunja Raiter ist als dunkle Versuchung auch ganz hot, die Kampfszenen sind okay und die Inszenierung eckt nicht böse an. Zum Lachen ist hauptsächlich die Nachsynchronisation, wenn etwa Manfred "Tom Berenger" Seipold dem schluffig-lieben Anders sein markiges Organ leiht und dann plötzlich "Wie kann man denn so gemein sein" brammen muß! Wer allerdings ein Meisterwerk des psychotronischen Schmierfilms erwartet, wird enttäuscht; allein der kleinwüchsige Deep Roy ("Du Gnom!"), der später in Tim Burtons Schokoladenfabrik sämtliche Bedienstete spielte, sorgt für leichtes Unbehagen, wenn er sich mit ein paar dankbaren Huren vergnügt.

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Beitrag von Julio Sacchi » Mi 17. Jun 2015, 12:59

tanya.jpg
Tanya (D. D. Winters, bevor sie von Prince entdeckt und zu Vanity wurde) ist Model. Gleich zu Beginn des Films betritt sie für ein Shooting einen zugenebelten Bus, in dem falsche Eingeborene hocken. Ihre Welt dreht sich jedoch um ihre Beziehung zum surrealistischen Maler Lobo, der sie offenkundig, so deutet es ein ruppiger Flashback an, in jeder Form mißbraucht. Tanya betritt einen Flur voller Kerzen (oder auch nicht?) und träumt sich auf eine einsame Insel, wo sie mit einer zunächst zärtlicheren Version von Lobo haust. Dort begegnet sie einer Art Affenmenschen (im Rick-Baker-Kostüm), den sie 'Blue' tauft und dem sie ihre Freundschaft förmlich aufdrängt. Das paßt Lobo nicht, der seine Besitzansprüche auf Tanya anmeldet und 'Blue' zu fangen und töten versucht. Während 'Blue' zunehmend menschliche Züge entwickelt, wird Lobo zum Tier. Er vergewaltigt Tanya vor 'Blues' Augen, um ihm klar zu machen, wem sie gehört. 'Blue' überwältigt Lobo und befreit Tanya - aber nur, um sie selbst zu vergewaltigen.
Ein bizarrer, gleichsam trauriger wie seltsam schöner Film von Alfred Sole, der Jahre zuvor mit ALICE, SWEET ALICE sein Gespür für das Irreale unter Beweis stellte. Natürlich liegt es nahe, TANYA'S ISLAND als totalen Trash abzutun, in dem "Zotti das Urviech" der ständig nackten Vanity hinterher steigt. Aber TANYA'S ISLAND ist der Versuch einer feministischen Allegorie (Fabel?), in der das Tier im Mann an der sexuell selbstbewussten Frau verzweifelt und sie besitzen, bestrafen, quälen will. Erst als Tanya sich dieser tristen Tatsache bewusst wird, kann sie sich - möglicherweise, so kann jedenfalls die Schlußszene verstanden werden - aus ihrer Unfreiheit, aus der Opferrolle befreien. TANYA'S ISLAND ist sicherlich kein "guter" Film, aber ein sehr interessanter, der mit den Mitteln des Exploitationkinos größere Inhalte verhandelt.

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Beitrag von Julio Sacchi » Do 9. Jul 2015, 18:08

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Der Gurkenlaster ist mal wieder vorbeigekommen und Wings Hauser saß am Steuer. Wings (auch Regie) spielt einen runtergekommenen Alki, der in Mexiko nichts mehr auf die Reihe kriegt. Die süße Linda Blair ist seine Ex-Frau, die sich in Los Angeles als Nachtclubsängerin verdingt. Ihr gemeinsamer Sohn ist ein schwuler Hustler und verpasst eines Nachts den letzten Bus am Hollywood Boulevard. Klar: Der wird natürlich von einer Bande Skinheads vermöbelt und vergewaltigt! Die Skins meinen es übrigens ernst, die rapen auch sonst wahllos, machen nachts den Boulevard unsicher und hängen in einer ranzigen Bude mit gigantischem Hakenkreuz auf dem Kellerboden ab. Wings meint es auch ernst, der mischt schon im Vorspann Hitler-Bilder aus der Public-Domain-Kiste unter die megabilligen Credits! Worum gehts wirklich? Schwer zu sagen. Familiendrama, Säuferstudie, Revengeknaller; nichts so richtig, aber Zeit für minutenlangen Sex zwischen Hauser und Blairs Körperdouble muß sein. Schließlich fliegt die Wurst vom Teller: Wings schreitet entschlossen mit Baseballschläger in der Hand zu einem dubiosen Hero-Rocksong den Hollywood Boulevard hinab, und immer mehr schließen sich ihm an, immer mehr Leute Seite an Seite mit Wings, YEAH LET'S KICK SOME ASS, man fragt sich: Wann fangen die endlich an zu tanzen? Dann gibts rund ums Hakenkreuz auf Maul, der Böse entkommt, "It's never over".
Wie so manche von Wings Hausers Regiearbeiten cheap und merkwürdig, mit Alptraumszenen (Wings kriegt die Hupen einer Mexikanerin ins Gesicht gedrückt, muß aber kotzen) und völlig ohne Gleichgewicht. Aber what a damn fine actor.

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Beitrag von Julio Sacchi » Mi 7. Okt 2015, 10:46

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Alain Delon engelt sich eiskalt durch ein herrliches Panoptikum italienischer Genregesichter. Nicht unbedingt das Brutalfestival, das die nach wie vor wirksame bundesweite Beschlagnahme vorgegaukelt, aber schon ein eisenharter Italo-Krimi, der sich und seinen Figuren kaum Emotionen zugesteht. Delon, der ab Beginn seines Rachefeldzugs kaum noch Dialoge hat, bringt mächtig Star-Appeal in sein rücksichtsloses Vorgehen. Waghalsige Autostunts und knallrot explodierende Blutpakete sprechen eine eigene Sprache. Eine Sprache, die der Polizieschi-Connaisseur am Besten versteht.

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