Sweetlemon

Die Filmtagebücher der Mitglieder.
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Beitrag von sweetlemon » Mi 1. Aug 2012, 21:17

Haywire (Soderbergh, 2012)
Kurz, knapp und auf die Fresse. Soderbergh dreht mal wieder eine Stilübung. Dieses Mal hat er einen Belmondo-Film gedreht, und weil Bebel nicht mehr so fit ist, gibt's als Hauptdarsteller eine Frau, die tatsächlich richtig kloppen kann. Macht Spaß. Nicht mehr, nicht weniger.

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Beitrag von sweetlemon » Mi 10. Jul 2013, 18:33

Cleanskin UK (2012), Hadi Hajaig
Routinierter Thriller mit politischem Hintergrund. Der auf dem Cover prangende Sean Bean spielt hier eher die Nebenrolle, und das in drei Modi: kloppen, Wumme im Anschlag und depri kucken. Für die Figur elementar.
Lebhafter sind hier Abhin Galeya als Terrorist Ash und Peter Polycarpou als Hassprediger. Angenehm fand ich die mätzchenlose Inszenierung, unangenehm die schematische Gewalt ("Armbrechverdrehknirsch", um's mal mit Erika Fuchs zu sagen). Die Gewalt ließ auch den Werdegang Ashs etwas leiden, denn der war eigentlich gut und mit Empathie erzählt.
Alles in allem ein Kann-Film, kein Muss.

P.S.:
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Sean Bean überlebt am Ende!

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Beitrag von sweetlemon » Do 28. Nov 2013, 21:09

A Single Man, Tom Ford 2009
Sieht schön aus, ist toll gespielt, nicht ohne Humor und lässt doch etwas kalt. Die Figur des Professors ist glaubwürdig und ohne Weinerlichkeit in Szene gesetzt. Durch die überperfekte Gestaltung wirkte die Umgebung ein ganz bisschen museal, insgesamt entsteht aber der Eindruck eines geschlossenen Werkes, in dem die Stilmittel ihre Berechtigung haben. Die Tragiknummer am Ende fand ich allerdings überflüssig. Mir hätte es gereicht, wenn
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nachdem der Professor feststellt, dass er doch mit sich im Reinen ist, die Abblende gekommen wäre. Der Herzinfarkt war irgendwie abgeschmackt.
Insgesamt sehenswert.

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Beitrag von sweetlemon » Sa 30. Nov 2013, 15:59

The Killers, Robert Siodmak, 1946
In eine schmalbrüstige Literaturvorlage mehr hinein zu interpretieren, geht häufig nach hinten los. Nicht so bei dieser Umsetzung einer Hemingway-Kurzgeschichte, die hier als Aufhänger für eine pessimistische Noir-Geschichte dient. In Rückblenden geschickt verpackt, nehmen sich die Drehbuchautoren die Freiheit, die Vorgeschichte des depressiven Opfers Ole Anderson zu erzählen. Das Ganze ist in stimmungsvolle, expressionistische Bilder umgesetzt und hervorragend gespielt, allen voran von Edmond O'Brien und Sam Levene. Die Anfänger Ava Gardner und Burt Lancaster wurden von Siodmak zu sehr guten Leistungen geführt, und die Musik von Miklos Rosza ist sehr kundig eingesetzt, besonders in der Vorbereitungsszene des Finales.
Zu Recht ein Klassiker - auf jeden Fall kucken.

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Beitrag von sweetlemon » Mi 22. Jan 2014, 23:45

Star Trek - Into Darkness, Abrams, 2013
Sieht ja geil aus, hat'n Super-Score und gute Schauspieler, denen Sätze wie "Würdest du nicht alles für deine Familie tun?" einigermaßen glaubhaft abgehen; aber das Drehbuch ist so sauschlecht, dass es sogar mir als reiner Unterhaltungskuckerin auffällt. Tagesordnungspunkt abhaken, nächster. Sehr enttäuschend.
Und diese Uniformen - sind wir jetzt bei Starship Troopers oder Raumpatrouille? Unangenehm. Davon ab ist das Produktionsdesign aber super. Konnte ich als Fluff konsumieren, war aber sonst ohne sittlichen Nährwert. Schade.

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Beitrag von sweetlemon » Sa 8. Mär 2014, 15:44

Prince of the City, Sidney Lumet, 1981
Tja, jetzt isset soweit. Jetzt steht ja wohl bald die Scheidung an. Der Grund? Dieser Film. Dieser lange, lange, laaaaaaange Film. Mit unglaublich vielen Juristen mit italienischen Namen in Anzug und Krawatte. Mit korrupten Bullen mit italienischen Namen in Lederjacken. Mit ganz viel Tonbändern und Aufnahmen des gammeligen Prä-Koch-New York. Mit tatsächlich nur drei Leichen (ein Hit, zwei Freitode).
Dieser Film hat mit Sicherheit seine guten Seiten (Darsteller, Idee, Kamera), die Story trägt aber einfach nicht über seine 160 min und wird etwa ab der Hälfte unglaublich zäh. Langweilig eben.
Was soll ich da sagen, SvenT macht glaub ich schon die Papiere fertig.

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Beitrag von sweetlemon » Mo 19. Sep 2016, 11:36

Gentlemen prefer Blondes, Hawks, 1953
Wie schön, Netflix bietet jetzt auch die Gelegenheit, (einige wenige) Filmklassiker in HD und O-Ton nachzuholen, ohne dass ich meinen Arsch in die zentrale Filmbibliothek schwingen muss. Nach einem langen Arbeits- und Migränetag fiel die Wahl auf Marilyn Monroe und Jane Russell. Ein Film, der seine spärliche Handlung dazu nutzt, seine Hauptdarstellerinnnen in fast jeder Einstelllung in u-n-g-l-a-u-b-l-i-c-h geile Garderoben zu stecken, den Sehnerv mit FARBE und das Hirn mit dürftig bekleideten Sex-Botschaften zu überfluten. Muskelprotze in fleischfarbenen Badehöschen tanzen um Jane Russell! Marilyn hopst auf dem Bett! Bondage-Kronleuchter in der "Diamonds"-Nummer! Und zum Schluss werden die Mädels noch nicht mal zurechtgestutzt, sondern kriegen einfach das, was sie sich vorgestellt haben, und dass auch noch, ohne Jungfern zu sein.
Klitzekleines Minus: Leider hat es die Restauration zu gut gemeint und alles Korn entfernt. Sieht manchmal ein bisschen aus wie von Pixar. Ansonsten, Daumen rauf!

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Beitrag von sweetlemon » Di 22. Mai 2018, 00:16

Mr Turner, Mike Leigh, 2014
Boah. BOAH. Was für ein unglaublich großartiger Film. Die Bilder! Die Ausstattung! Die Schauspieler! Das Drehbuch! Diese 150 Minuten sind ein Lebenszeitgewinn.

Das letzte Lebensdrittel von JMW Turner wird in malerischen Tableaus beschrieben. Nach dem Tod seines Vaters wird der ohnehin ungesellige und zu Depressionen neigende Maler immer schrulliger und unpopulärer, trotzdem lässt er nicht von seinem radikaler werdenden Stil ab. Sein Leben ist von den Schwierigkeiten geprägt, mit Leuten Beziehungen zu pflegen, und so stößt er einige ihm nahe Menschen scheinbar grundlos von sich, anderen wiederum schenkt er uneingeschränkt und ehrlich große Zuneigung. Ganz klar ist aber, dass ihn eigentlich nur das Zeichnen und Malen interessiert, besonders die Darstellung des Lichts.

Klingt nach einem weiteren Biopic eines monomanen Künstlers, der Film ist aber das Porträt einer obstinaten Persönlichkeit, und gleichzeitig das Porträt einer Epoche. Es gelingt Leigh mit Leichtigkeit, die Themen dieser Zeit einzufangen und mit der Entwicklung seiner Hauptfigur zu verbinden. Die Industrialisierung, die Stellung des Künstlers in der Gesellschaft, die wachsende Mittelschicht, der Fortschritt der Fotografie, die Stellung der Frau werden alle en passant in die Handlung eingebunden. Das ganze lecker ins Bild gesetzt und authentisch ausgestattet, ohne auch nur einen Funken Musealität. Vorbild für die Kamera war natürlich Turner selbst, aber auch C. D. Friedrich stand Pate. Die Figuren sahen durchweg aus, als wären sie den Bildern von Spitzweg oder Waldmüller entstiegen.

So muss ein Künstlerporträt sein: kein langweiliges Abfilmen von Lebensstationen in kunsthandwerklichen Retro-Kulissen, sondern die Betrachtung der Einzelperson in der Gesellschaft, die sie hervorbringt und in der sie lebt.
11/10 Farbklecksen

P.S.: Hab ich schon erwähnt, wie großartig die Schauspieler(innen) sind? Is' ja auch überflüssig, sind ja Briten.
P.P.S.: Achso, der Soundtrack ist natürlich auch vom Feinsten. Glaubt aber ja nicht, ihr kriegt was Schnuckliges à la Beethoven oder Mendelssohn ...

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Re: Sweetlemon

Beitrag von sweetlemon » Mo 3. Dez 2018, 12:49

Frantz, François Ozon 2016

Traumwandlerische Entwicklungsgeschichte einer jungen Frau Anfang des 20. Jhdts. Anna, die bei den Eltern ihres gefallenen Verlobten Frantz in der deutschen Provinz lebt, bekommt Besuch von Adrien, einem Ex-Soldaten, der Frantz aus seiner Zeit in Frankreich kannte. Zwischen Anna und Adrien entwickelt sich eine Art Dreieecksbeziehung, bei der Frantz immer unausgesprochen dabei ist. Adrien lügt über die Natur seiner Beziehung zu Frantz, und Anna wächst an der Aufgabe, diese Lüge aufzudecken, wobei sie selbst zur Lügnerin wird, aber auch zu einer erwachsenen und selbständigen Frau.

Der Film sieht so schön aus wie seine schnuckeligen Hauptdarsteller Paula Beer und Pierre Niney. Der Wechsel von Sepia-Weiß zur Farbe ist zwar nicht so nötig, aber auf jeden Fall motiviert und für die Erzählung sinnvoll. Auch funktioniert er auf einigen Ebenen: als Melodrama, als die erwähnte Entwicklungsgeschichte, als Kommentar zur deutsch-französischen Beziehung, als Antikriegsfilm, als Moralstudie, Geistergeschichte und nicht zuletzt als Kostümfilm.

Was es einem vielleicht etwas schwermachen könnte, diesen Film zu mögen, ist dieses artifizielle Etwas, was aber typisch für Ozon ist; und das Fehlen gewisser gesellschaftlicher Bezüge, wobei ich meine, dass der Focus einfach voll auf Anna, Adrien (und Frantz) gerichtet ist.
9/10 Steckrüben

P.S.: Habe ich schon erwähnt, dass Pierre Niney eine ganz entzückende Nase hat?

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