Jaan leiht

Die Filmtagebücher der Mitglieder.
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Jaan
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Jaan leiht

Beitrag von Jaan » Di 16. Jul 2013, 11:06

Ich kann nicht in die Bücherei gehen, ohne mit einem Armvoll DVDs rauszukommen. Die haben nämlich -
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- sehr viele Filme da. Und wenn mir etwas mitteilenswertes einfällt zu den Filmen, schreib ich's hier rein.


ARABESKE (Stanley Donen, 1966) - Professor gerät in nahöstliche Spionageaffäre. Den Film kann man als Gegenstück zu Donens CHARADE sehen, nur mit vertauschten Geschlechterrollen: Sophia Loren als zwielichtige Dreifachagentin, Gregory Peck als unbedarfter Zivilist. Leider fehlt es an Esprit, denn weder Peck noch Loren sind Komödianten, und ein Augenzwinkern wäre dringend gefragt bei einer so, wohlwollend ausgedrückt, gewagt voltenreichen Handlung. Dass Peck in Ermangelung eigenen Charmes Cary Grants Gesichtsdisco anwirft, hilft nicht, zumal Grant selber diese in CHARADE weitgehend ungenutzt ließ. Einige gelungene Szenen sind drin - wie der Bösewicht Lorens Handlanger aufkauft, kommt trocken wie sonst nur Blake Edwards -, ein echter Maurice-Binder-Vorspann, und viele lange, schwelgerische Aufnahmen von Frau Lorens nackten oder exquisit beschuhten Füßen; aber sonst so, na ja.


ACROSS THE UNIVERSE (Julie Taymor, 2007) - Junge Leute erleben magisch-realistische Abenteuer im Amerika der Sechziger. Ein Film, der mich schrittweise verloren hat. Teenager entdecken die große Liebe: sehr gerne. Teenager entdecken die große Liebe und singen: na, warum nicht. Teenager entdecken die große Liebe und singen Cover von Beatles-Hits in den Klangfarben "Nutrasweet" bis "Tori Amos": vielen Dank und schönen Tag noch. Immerhin technisch sehr gut gemacht.
If you're in a war, instead of throwing a hand grenade at the enemy, throw one of those small pumpkins. Maybe it'll make everyone think how stupid war is, and while they are thinking, you can throw a real grenade at them.

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Beitrag von Jaan » Do 19. Sep 2013, 20:57

GANGSTER SQUAD (Ruben Fleischer, 2013) - Eine Todesschwadron-- Verzeihung; eine Westernposse räumt im L.A. der späten 40er auf. Wild zusammengewürfeltes Pastiche aus den duftesten Elementen erlesener 80s-Mainstream-Actionfilme, eine endlose Parade kantiger Kiefer, die stumpfen, aber crispen, auf Vierzehnjährige jeden Alters zugeschnittenen Dialog grob mahlen. Und nee, was sind alle niedlich! BD natürlich prompt gekauft.

GESTÄNDNISSE (Tetsuya Nakashima, 2010) - Lehrerin rächt sich an den Mördern ihrer Tochter. Frostiges Psychodrama mit schwer erträglichen Maßen an seelischer Grausamkeit. Dabei filmisch bis aufs i-Tüpfelchen perfekt, allein die vierzehnminütige Eingangsszene sollte zum Pflichtstoff an Filmhochschulen werden.

COSMOPOLIS (David Cronenberg, 2012) - Kommt ein Yuppie zum Frisör. Eine Perlenkette von brillanten Darstellern spielt Robert Pattinson an wie eine Squashwand. Klappt sehr gut, Pattinson sollte seine Karriere auf solchen Filmen aufbauen. Die Dialoge wirken erst gestelzt, entfalten aber bei zweiter Sichtung einen eigentümlichen Charme. Wen das Essayistisch-Thesenhafte stört, mag vermutlich auch sonst keinen Cronenberg oder guckt VIDEODROME und EXISTENZ nur mit Vorspulen zum Gematsche.

WIN WIN (Tom McCarthy, 2011) - Seniorenanwalt beutet Demenzkranken und dessen Enkel aus. Ein echter "Kid kommt im Sport groß raus trotz widriger Umstände"-Film, erzählt aus der Sicht der Umstände, und der Sport ist Ringen. Paul Giamatti, der schon in COSMOPOLIS Erstaunliches geleistet hat, könnte der aktuell beste amerikanische Schauspieler sein; den indiefilm-typischen exhumierten Altdarsteller macht diesmal Burt Young. 1A Weihnachtgeschenk für Eltern, ein Familienfilm im besten Sinne.
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Re: Jaan leiht

Beitrag von Jaan » So 25. Nov 2018, 02:07

Es geht heiter weiter mit der Stadtbücherei Karlsruhe.

THE COUNSELOR (Extended Cut) (Ridley Scott, 2013) - Ein Anwalt legt sich versehentlich wegen eines Verlobungsrings mit einem Drogenkartell an. Also wenn man die zwei Stunden vertane Zeit abzieht, in denen fies gekleidete, unsympathische Haifischfressen in noch viel fieseren Neureichen-Dekos ihren Schwuchtelkram aufdröseln, bleiben:
  • ein sehr knackig gefilmter Raubüberfall
  • famose Kleinauftritte von Rosie Perez und John Leguizamo
  • Brad Pitts vielleicht feinster Abgang
und das ist doch mehr, als die meisten Filme zu bieten haben.
Nur wenn man sich anschließend den *anderen* Film mit Perez und Bardem gönnt, sieht THE COUNSELOR furchtbar saft- und kraftlos aus.
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Re: Jaan leiht

Beitrag von Jaan » Di 27. Nov 2018, 21:07

EX MACHINA (Alex Garland, 2014) - Zwei Jungs spielen mit Puppen, bis die Puppen mit ihnen spielen. Unwahrscheinlich stylish, als Sci-Fi-Kammerspiel famos und originell, nur das Horror-Finale wirkt vergleichsweise altbacken.

WHIPLASH (Damien Chazelle, 2015) - Ein Mann und ein Kind treiben dominant-devote Spiele unter Zuhilfenahme eines Schlagzeugs. Spannend, dass sich der Schüler hier einmal nicht als verfolgte Unschuld, sondern als ebenso zerfressener Egomane wie sein Lehrer entpuppt. Was auch dem Showdown eine ambivalente Note verleiht: freut sich Simmons über Tellers zur Blüte gebrachtes Talent, oder über seine frisch erlernte Rücksichtslosigkeit?

LEVIATHAN (Andrey Zvyagintsev, 2014) - Ein Bürgermeister baut eine Kirche. Die Guten bleiben chancenlos auf der Verliererstraße, bis sie ruiniert sind, das hat man in solcher Konsequenz selten genug. Von Synchrontrinken ist dringend abzuraten.
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Re: Jaan leiht

Beitrag von Jaan » Di 4. Dez 2018, 14:58

SHADOW DANCER (James Marsh, 2012) - Eine IRA-Informantin reitet sich in die Scheiße. Spannender, schnörkelloser Agentenfilm, visuell erlesen - sofern man sich nicht an der graustichigen Farbpalette stört -, nur die Musik ist lahmestmögliche Fernsehthriller-Konfektionsware. Diverse Hollywood-Briten und -Iren glänzen abseits ihrer üblichen Typecasting-Schubladen, allen voran die umwerfende Andrea “MANDY” Riseborough, und Clive Owen gibt seine gern gesehene Paraderolle als abgerissener Außenseiter.
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Re: Jaan leiht

Beitrag von Jaan » Mo 10. Dez 2018, 22:26

NO TURNING BACK (Steven Knight, 2014) - Ein Polier verpasst ein Fußballspiel. Gäbe, von den endlosen verhuschten Verkehrsaufnahmen und dem iPhone-Werbung-mäßigen Soundtrackgedudel befreit, ein erstklassiges Hörspiel ab. Immerhin tritt Tom Hardy, hier als mühsam beherrschter Vernunftmensch, einmal mehr aus dem Schatten von Logan Marshall-Green heraus, und das mitansehen zu dürfen war es doch wert.
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Re: Jaan leiht

Beitrag von Jaan » Do 13. Dez 2018, 14:45

THE VVITCH (Robert Eggers, 2015) - Ein puritanisches Mädchen emanzipiert sich in ländlicher Idylle. Der Film versteht es, gleichzeitig stimmig zu unterhalten und dem Zuschauer etliche Anspielungen unterzujubeln (habe nur die aus den Kinder- und Hausmärchen erkannt, von Hexenfolklore und -prozessen hab ich keine Ahnung). Wie bei John Ford sind oft die oberen zwei Drittel einer Einstellung der Natur vorbehalten - bei Ford sind's Wolkenpanoramen, bei Eggers der finstere Wald, der verirrte Kinder zu zermalmen und verschlingen droht. Ein Meisterwerk, von Eggers und Taylor-Joy hat man noch einiges zu erwarten; von Black Phillip nicht, der gilt als unprofessionell.
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Re: Jaan leiht

Beitrag von Jaan » Mi 9. Jan 2019, 00:35

A MOST VIOLENT YEAR (Jesus Christ Chandor, 2014) - Eine Raubserie droht einen Ölhändler zu ruinieren. Hier fehlt so ziemlich alles, was man von einem Thriller im New York der frühen 80er erwarten würde, also Mafia, Morde, Disco, Yayo. Allerdings ist das bürgerkriegsähnliche Gewaltniveau der Ära stets als Hintergrundrauschen zu vernehmen und lässt den Helden Abel, der gerne trickst, aber niemals schummelt, und der partout nicht in die Wupper springen will, auch wenn alle anderen schon drin sind, umso gerechter erscheinen. Optisch ist der Film eine Pracht - Karrierehighlight für den späteren SOLO-Verhunzer Bradford Young - und die Chandor-typischen Schludereien beschränken sich nach der Lachparade ALL IS LOST auf federleichte Aktenkartons und blechdosendünne Öltankwände.

WARCRAFT (David Bowie Jr., 2016) - Wüstenflüchtlinge strömen in Mittelgebirgslandschaften. Die Computer-Orks spielen alle solide und ergreifend, bei den Menschen reicht das Spektrum von Overacting (Fimmel) über punktgenau (Foster) bis hin zu Garnichtacting (Patton). Ansonsten nicht sehenswert, außer man hat Bock auf eine zweistündige Cutscene ohne Spiel, aber mit "Fortsetzung folgt"-Ende.
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Re: Jaan leiht

Beitrag von Jaan » Do 10. Jan 2019, 15:46

WO DIE WILDEN MENSCHEN JAGEN (Taika Waititi, 2016) - Ein delinquentes Kind erlebt Abenteuer mit seinem brüsken Pflegevater. Lose Aneinanderreihung von pikareskem Nonsens, nur zusammengehalten durch den markanten Soundtrack und den Charme der beiden Hauptdarsteller, der erfreulicherweise überreichlich vorhanden ist. Seit Richard Lesters Beatles-Filmen hat man nicht mehr so viel schiere, wild zusammengewürfelte Goldigkeit auf der Leinwand gesehen. Auch die Naturaufnahmen wissen zu bezaubern, wobei man sich besser nicht allzuviele Gedanken darüber macht, wie viele Quadratmeter neuseeländischen Buschlands den Dreharbeiten zum Opfer fallen mussten.
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Re: Jaan leiht

Beitrag von Jaan » Do 17. Jan 2019, 15:17

THE FLORIDA PROJECT (Sean Baker, 2017) - Kinderbande terrorisiert Billigmotel. Für Kinderhasser ein Horrorfilm sondersgleichen (mit Happy End), für alle anderen eine etwas unausgegorene, aber farbenfrohe Unterschichts-Milieustudie (mit schlimmem Ende). In einer sensationellen Debütrolle empfiehlt sich Bria Vinaite als neue Franka Potente, oder sogar als neue Kristen Stewart, wenn ihr Agent die Karten richtig spielt. Willem Dafoe wie gewohnt in Hochform.
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